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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Jackentasche und ließ sie in meine Hand fallen. »Die wollen Ihren Freund Marsallus aus dem Verkehr ziehen.«
    »Wer?«
    Er setzte sein Glas an. Seine Augen waren rot gerändert, und das unrasierte Gesicht glänzte vor Schweiß.
    »Was war das Schlimmste, was Sie drüben in Vietnam erlebt haben, Dave?« fragte er.
    »Das ist doch Schnee von gestern.«
    »Haben Sie jemals Ihre eigenen Leute zurückgelassen, sie verkauft, bei den Friedensverhandlungen ihre Namen von der Vermißtenliste getilgt, ihre Familien angelogen?«
    »Hören Sie auf, sich darüber den Kopf zu zermartern. Gehen Sie damit an die Öffentlichkeit.«
    »Es ist allgemein bekannt, Herrgott noch mal! Niemand schert sich drum.«
    »Warum wollen diese Kerle Sonny umbringen?«
    »Weil er wie ein einköpfiges Erschießungskommando ist. Sobald er sie vors Visier kriegt, lösen sie sich in roten Dunst auf.«
    »Eine anständige Frau sorgt sich um Sie, Moleen. Es gibt Schlimmeres auf der Welt«, sagte ich.
    »Welche Frau?«
    »Bis demnächst, Partner. Und halten Sie sich den Rücken frei.« Ich wandte mich zum Gehen.
    »Sie sind doch immer so ein Klugscheißer, Dave. Wie finden Sie denn das? Ruthie Jean hat ihre Tante Bertie zu einer Klage gegen die Plantage angestiftet. Sie haben sich einen mickrigen kleinen Anwalt von der Bürgerrechtsunion besorgt, der uns vor Gericht jahrelang hinhalten kann.«
    »Hört sich ganz gewitzt an.«
    »Na schön, wenn Sie das meinen. Ich kenne ein paar Herren, die Ihnen vermutlich nicht beipflichten. Sobald Marsallus abserviert ist, lernen Sie womöglich ein paar von ihnen kennen.«
    »Hab ich bereits. Allzusehr beeindruckt haben sie mich aber nicht«, sagte ich, stand auf und prallte mit dem Mißgebildeten zusammen. Der hölzerne Schuhputzkasten fiel ihm aus der Hand, und sämtliche Bürsten, die Dosen mit Creme und Lederseife und die Flaschen voller Flüssigpolitur kullerten scheppernd und klirrend über den Boden. Gehetzt starrte er mich mit seinen starren, rotgeäderten Augen an. Er sabberte vor sich hin und stöhnte tief und kehlig auf, als er versuchte, eine zerbrochene Flasche mit Flüssigpolitur aufzuheben, deren Inhalt sich in einer schwarzen Pfütze über die Dielen ergoß. Aber sein Oberkörper war zu schwer, die Arme zu kurz und ungelenk, und hilflos stierte er auf die tropfende Farbe an seinen Fingern, als die Flasche weiter weg rollte und lauter schwarze Schnörkel auf dem Boden hinterließ.
    Ich kniete mich hin und fing an, die Sachen wieder in dem Kasten zu verstauen.
    »Tut mir leid, Parther. Wir gehn runter zum Laden und ersetzen alles, was ich kaputtgemacht hab. Das wird schon wieder«, sagte ich.
    Sein Gesicht war völlig ausdruckslos, die Zunge lag schwer wie nasser Biskuit auf den Zähnen. Er versuchte Worte zu bilden, aber es klang lediglich, als ob jemand einen Brocken Schleim herauswürgen wollte.
    Ich sah, wie Moleen mich angrinste.
    »Mitgefühl mit der anderen Rasse kann eine ziemlich schmierige Angelegenheit sein, stimmt’s, mein Lieber?« sagte er.
    Ich hätte ihn am liebsten vom Hocker gefegt.
    Bootsie war aufgebracht, fassungslos, wollte sich überhaupt nicht mehr beruhigen. Sie hatte weiße Flecken auf den Wangen, wie geschmolzenes Eis. Ich konnte es ihr nicht verübeln.
    »Dave, sie ist grade mal dreizehn. Sie hätte jemanden umbringen können«, sagte sie.
    »Hat sie aber nicht. Sie hat ja nicht mal durchgeladen«, sagte ich.
    »Ein schwacher Trost, meiner Meinung nach.«
    »Ich schließ sämtliche Waffen weg«, sagte ich.
    Es war Freitag nacht um elf, und wir saßen in der Küche. Ich hatte die Strahler in dem Mimosenbaum im Garten eingeschaltet. Alafair war in ihrem Zimmer und hatte die Tür geschlossen.
    Ich versuchte es andersherum.
    »Ich weiß, daß es meine Schuld ist. Ich hab die Beretta nicht sicher vor ihr verstaut«, sagte ich. »Aber mal angenommen, der Typ hätte tatsächlich versucht einzudringen?«
    Sie ging zum Spülbecken und wusch eine Tasse mit heißem Wasser aus. Ihre Hände wirkten blutrot. Steif und bretthart zeichnete sich ihr Rücken unter dem Kleid ab.
    »Soll ich eine Alarmanlage einbauen lassen?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Ich ruf morgen jemanden an«, sagte ich und ging in den Garten, wo ich eine ganze Weile teilnahmslos am Picknicktisch saß, ins Gras starrte und den sich hin- und herwiegenden Schatten des Mimosenbaums betrachtete. Die Nacht war nicht dazu angetan, sich abzukapseln und seinen Gedanken nachzuhängen, aber ich wußte nicht, wohin ich mich sonst damit

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