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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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hätte wenden sollen.
    Am nächsten Morgen fuhr ich mit Alafair zum Bahnhof in New Iberia, wo wir am Frachtgutschalter einen neuen Außenbordmotor abholen wollten.
    »Du hättest lieber die Finger von der Waffe lassen sollen, Alf«, sagte ich.
    »Ich hatte doch schon den Notruf angerufen. Was hätt ich denn sonst machen sollen? Abwarten, bis er die Tür eingetreten hat?« Sie schaute starr geradeaus, aber ihre Augen zuckten.
    »Ich habe keine Fußspuren gefunden.«
    »Ist mir egal. Ich hab ihn gesehen. Er war draußen unter den Bäumen, Tripod hat Angst gekriegt und ist an der Kette auf und ab gerannt.«
    »Aber es war nicht der Mann, der dich aus dem Wassergraben gezogen hat?«
    »Er war dünner. Einmal ist ein Auto vorbeigefahren, und da hat seine Haut ganz weiß gewirkt.«
    »Hatte er rote Haare?«
    »Weiß ich nicht. Es war bloß ein kurzer Moment.«
    »Vielleicht wird’s höchste Zeit, daß wir lernen, wie man mit einer Waffe umgeht«, sagte ich.
    »Wieso seid ihr alle so sauer auf mich? Das ist einfach nicht fair, Dave.«
    »Ich bin nicht sauer auf dich, kleiner Kerl ... Entschuldigung ... Bootsie auch nicht. Wir sind bloß ...«
    »Doch, ist sie. Lüg mich nicht an. Das macht alles bloß noch schlimmer.«
    »Das ist ziemlich hart, Alf.«
    »Wieso laßt ihr mich dann überhaupt allein? Was soll ich denn machen, wenn üble Gestalten ums Haus schleichen?« Ihre Stimme wurde drängender, schnappte dann jählings über, und sie fing an zu weinen.
    Wir waren an der East Main Street, unmittelbar vor den Shadows. Ich hielt im Schatten der alten Eichen an, unmittelbar hinter einem Reisebus voller älterer Touristen. Das Tuckern des Dieselmotors hallte auf dem Beton wider.
    »Ich hab’s verpatzt. Kommt nicht wieder vor«, sagte ich.
    Aber sie weinte weiter, hatte beide Hände vors Gesicht geschlagen.
    »Schau, vielleicht hab ich gar keine Lust mehr auf den Polizeidienst. Ich hab es satt, ständig für andere Leute den Sandsack zu spielen. Außerdem hab ich es satt, daß meine Familie alles abkriegt.«
    Sie nahm die Hände vom Gesicht und schaute eine ganze Weile aus dem Seitenfenster. Sie schniefte nach wie vor und strich sich ab und zu mit dem Handrücken über die Augen. Dann richtete sie sich wieder auf und schaute mit großen trockenen Augen nach vorn, so als sei sie aus nächster Nähe angeblitzt worden.
    »Das stimmt nicht«, sagte sie.
    »Was stimmt nicht?«
    »Du wirst immer Polizist sein, Dave. Immer und ewig.«
    Ihre Stimme klang älter, viel älter, ganz anders als sonst, abgeklärt, so als wisse sie genau, was von den Versprechen Erwachsener zu halten war.
    Am Sonntag morgen war die Sache immer noch nicht beigelegt. Ich wachte früh auf und klopfte an Alafairs Tür.
    »Ja?«
    »Ich bin’s, Dave. Bist du zu sprechen?«
    »Moment.« Ich hörte sie mit bloßen Füßen über den Boden tapsen. »Okay.«
    Die Regale waren voller Stofftiere, die Wände mit allerlei Katzenpostern beklebt. Alafair hatte sich ein Kissen hinter den Kopf geschoben und die Knie angezogen, so daß die Bettdecke wie ein Zelt aufragte. Die Vorhänge bauschten sich im Wind, und das Fliegengitterfenster war offen.
    Ich setzte mich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch, an dem sie ihre Hausaufgaben machte.
    »Ich hab mich gestern aus einem ganz andern Grund aufgeregt. Aber das ist schwer zu erklären«, sagte ich. »Wenn hier jemand einen Fehler gemacht hat, dann bist nicht du das gewesen, sondern ich.«
    »Das hast du schon mal gesagt.«
    »Hör zu. Wenn du einen anderen Menschen tötest, dann hängt dir das ein Leben lang nach, so notwendig es dir zu dem Zeitpunkt auch vorgekommen sein mag. Ich möchte unter keinen Umständen, daß dir so was passiert. Ich träume immer noch vom Krieg und manchmal auch von den Menschen, mit denen ich mich als Polizist auseinandersetzen mußte. Ihre Gesichter vergehen nicht, selbst wenn sie längst tot und begraben sind.«
    Sie zwinkerte einmal und wich dann meinem Blick aus.
    Ich sah, wie sich das Laken am Fußende des Bettes bewegte und dann aufwölbte. Normalerweise hätte es mich amüsiert, aber heute nicht.
    »Schaffen wir den kleinen Kerl lieber raus, damit wir uns ungestört unterhalten können«, sagte ich und zog Tripod unter der Zudecke hervor. Er hing wie ein Sack in meiner Hand und ruderte hilflos mit den Pfoten, als ich ihn zum Fenster trug.
    »Er läuft bloß wieder runter zum Bootsanleger«, sagte sie, so als suche sie nach einer Ausflucht vor diesem Gespräch.
    »Batist kommt damit schon

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