Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
in die Kehle stieg.
»Sie müssen bei jemandem mächtig in die Scheiße gelangt haben. Sind Sie von Ihrer eignen Dienststelle abserviert worden?«
»Was wollen Sie von mir, Pogue?«
»Ich glaube, Sie sind kein übler Kerl. Wir brauchen Einheimische, damit die Sache läuft. Wenn Sie Purcel beteiligen wollen, geht das von uns aus in Ordnung.«
»Damit was läuft? Wer ist ›wir‹?«
»Der ganze beschissene Planet. Halten Sie sich an das, was angesagt ist, Mann.«
»Ich weiß nicht, was angesagt ist.«
Er lachte keuchend auf, so als wären lauter kleine Löcher in seiner Lunge.
»Sie sind vielleicht eine Arschgeige, aber Sie gefallen mir«, sagte er. »Ich hab denen gesagt, daß sie Sie dazunehmen sollen. Mir isses lieber, wenn Sie die Sache für uns klären, als eure hochherrschaftliche Schwuchtel, dieser – wie heißt er doch gleich, Bertrand?«
»Moleen?«
»Die Einheimischen müssen vor einem katzbuckeln. Jemals ein Dorf mit Feuerzeugbenzin und ’nem guten Zippo in Brand gesteckt? An dem Gestank nach gebratenen Enten muß irgendwas dran sein, was die richtig zur Räson bringt.«
Der Hörer lag warm und feucht an meinem Ohr. Jemand knallte die Fliegengittertür hinter mir zu, als ob ein Gewehr losgegangen wäre.
»Sie waren einer der Schützen«, sagte ich.
»Bei dem Marsallus-Job? Er hat ein paar gute Männer aus dem Verkehr gezogen. Er hat’s rausgefordert.«
»Sie haben es vermurkst.«
Ich hörte, wie er das Telefon in die andere Hand nahm, heiß und trocken in die Muschel atmete.
»Vermurkst, hä?«
»Die FBIler haben keine Leiche gefunden. Ich glaube, daß Sonny wiederkommt und auf Ihr Grab pißt«, sagte ich.
»Jetzt hör mal zu ...« Er verhaspelte sich, als ob ihm ein Nagel in den Hals geraten wäre, und setzte von neuem an. »Wir ham auf die Beine gezielt. Ich hab die Knochen wegknicken sehn. Der Sack is drunten im Schlick, genau da, wo er hingehört.«
»Er taucht wieder auf, wenn Sie nicht damit rechnen. Ihren Freund Jack hat’s erwischt, bevor er wußte, wie ihm geschah. Denken Sie drüber nach«, sagte ich und legte den Hörer auf.
Ich hoffte, daß ihm hinterher tausend Rasiermesser in den Eingeweiden wühlten.
22
Am Dienstag mittag griff ein Stadtpolizist Ruthie Jean vor einem Restaurant an der Main Street auf und brachte sie ins städtische Gefängnis, wo sie wegen Hausfriedensbruchs und Erregung öffentlichen Ärgernisses eingesperrt wurde. Damit alle Schaulustigen wußten, auf wessen Seite er stand, legte er ihr sogar Handschellen an, packte sie grob am Arm, bevor er sie hinten in den Streifenwagen schob, ihr den Gehstock auf den Schoß warf und die Tür zuschlug. Ich hörte die Geschichte von einer Handvoll Leute, die sie mir alle mit einer gewissen Bestürzung erzählten, aber ich vermutete, daß sie sich insgeheim freuten, wie das bei Menschen in einer Kleinstadt so üblich ist, wenn die Sünden anderer offenkundig werden und man sich nicht mehr mitschuldig fühlen muß, weil man sie verschwiegen hat.
Zunächst dachten die Leute, sie wäre schlicht und einfach betrunken, dann sahen sie den fiebrigen Glanz in ihren Augen, so als stiere sie noch immer in die Flamme, die an die Crackpfeife gehalten wurde. Eine ältere Frau, die am Spanish Lake wohnte, erkannte sie und versuchte ihr gut zuzureden, beruhigte sie, tätschelte ihr die Schulter und wollte sie von Julia Bertrand wegziehen, die soeben ihren roten Porsche am Straßenrand vor den Shadows geparkt hatte und frohgemut, gegen alle Fährnisse der Welt gefestigt, mit forschem Schritt auf das Restaurant zuging, daß ihr langer Reitrock um die Beine schlackerte.
»Ach, ist schon gut«, sagte Julia zu der anderen Frau, einer Weißen. »Ruthie Jean regt sich wegen einer Mietrechtsfrage auf der Plantage auf, die Moleen regeln mußte. Kümmer dich jetzt um deine eigenen Angelegenheiten, Ruthie Jean, und belästige nicht die Leute. Soll ich jemanden anrufen, der dich heimfährt?«
»Sie ham mich von der Plantage vertrieben, Julia. Wenn man einen Ballon losläßt, fliegt er hin, wo er will.«
»Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich nicht mit Vornamen anreden würdest.«
»Vor Ihren Gedanken können Sie sich nicht verstecken. Nicht, wenn er Sie im Dunkeln anfaßt, unter der Decke, mit geschlossenen Augen, und Sie wissen, wo er seine Hand gehabt hat, wissen, daß er an mich denkt und dasser’s deswegen bei Ihnen mit geschlossenen Augen macht, dasser sich beeilt, damit er nicht dran denken muß, mit wem er’s macht. Und
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