Im Dunkeln der Tod
Projekt auf Gotland hatte?«
»Das glaube ich nicht.«
Karin wandte sich an Fogestam.
»Sind alle Angestellten vernommen worden?«
»Die Vernehmungen laufen noch.«
»Ich hätte gerne eine Liste der Angestellten.«
»Sicher, die kann ich besorgen, aber es gibt keine Anzeichen für einen Insidereinbruch. Dieser Diebstahl ist von Außenstehenden begangen worden.«
»Die sich hier im Haus sehr gut auskannten«, wandte Karin ein.
»Ja, aber ein Grundriss des Hauses ist nun wirklich nicht schwer aufzutreiben.«
»Was wird übrigens in der aktuellen Ausstellung gezeigt?«
»Schwedische Kunst zwischen 1870 und 1930. Dann haben wir ja die eigenen Bilder aus der Sammlung des Prinzen, manche davon haben ihre festen Plätze. Sie werden nie umgehängt. Viele Werke sind übrigens viel wertvoller als Dardels Gemälde, wir haben hier Werke von Liljefors und Munch, die beide von viel größerem Wert sind als der ›Sterbende Dandy‹. Warum also haben die Diebe sich mit diesem einen Bild zufriedengegeben? Das ist rätselhaft.«
Auf dem Weg zu dem Salon, aus dem das Bild verschwunden war, erzählte Per-Erik Sommer von Valdemarsudde, da Karin zum ersten Mal hier war.
»Der Prinz war ein Freigeist und unterstützte die zeitgenössischen schwedischen Künstler«, konnte er berichten. »Sein Haus war 1905 fertig und wurde ein Ort für freie Weltanschauungen, hier draußen blühte das gesellschaftliche Leben. Er war mit vielen Künstlern seiner Zeit befreundet. Und er war ja selbst ein großer Landschaftsmaler. Der Prinz hat sein ganzes Leben lang Kunst gesammelt. In seiner Sammlung finden wir über zweitausend Werke«, fuhr Sommer enthusiastisch fort, er schien total vergessen zu haben, warum Karin gekommen war.
»Haben Sie hier noch andere Bilder von Dardel?«
»Wir haben für die Ausstellung drei weitere Werke geliehen. Außerdem hat Dardel eine Bleistiftzeichnung von Prinz Eugen angefertigt, die zu seiner Sammlung gehört. Nichts davon ist gestohlen worden.«
Sie betraten den hellen, schönen Salon, und intensiver Blumenduft schlug ihnen entgegen. Der Raum war im schwedischen Stil der Jahrhundertwende eingerichtet, und alle Räume waren mit Blumen geschmückt, wie es der Wunsch des Prinzen gewesen war. Es gab purpurrote Amaryllis, blau schimmernde Hyazinthen und jede Menge Tulpen in allen Farben.
Karin hatte gehört, dass der Prinz nie geheiratet und auch keine Kinder gehabt hatte. Sie hätte gern gewusst, ob er homosexuell gewesen war, wagte aber nicht zu fragen.
Das dominierende Zimmer war das Wohngemach des Prinzen. Durch die hohen Terrassentüren strömte Licht auf die gelben Seidentapeten. Als Erstes fiel das riesige Gemälde »Der Wassermann« von Ernst Josephsson ins Auge, auf dem der Wassermann am reißenden Fluss auf einem Felsen sitzt und Geige spielt. Dort blieb Per-Erik Sommer stehen.
»Dieses Bild ist, wie Sie sehen, in die Wand eingelassen und kann nicht umgehängt werden. Es war das Lieblingsbild des Prinzen.«
Der nackte junge Mann im Bildmittelpunkt war schön und empfindsam, und im Bild gab es Tragik und Zärtlichkeit zugleich. Die Anordnung war genau durchdacht, die vergoldete Geige des Wassermannes fand ihr Echo in den gelben Seidentapeten des Salons.
Das Parkett knarrte, als sie durch die Säle gingen: das Blumenzimmer mit dem wunderbaren Blick auf die Stadt und der seewärtigen Einfahrt nach Stockholm, die dunkelgrüne Bibliothek mit ihren Regalen voller kunstgeschichtlicher Literatur und dem protzigen offenen Kamin.
Zum Schluss zeigte der Museumsleiter ihnen das Speisezimmer, wo der »Sterbende Dandy« gehangen hatte. Der Raum war noch immer abgesperrt, sie konnten also nur durch die Türöffnung hineinblicken. Das Speisezimmer war mit grünen Wänden, einem beeindruckenden Kristallleuchter und zierlichen Rokokomöbeln ausgestattet, die den Geist des 18. Jahrhunderts ausstrahlten. Die Längswand wirkte auffällig leer. Der Rahmen war zur technischen Untersuchung entfernt worden.
»Da hat es also gehangen«, seufzte Per-Erik Sommer.
»Ist das Bild nicht sehr groß?«, fragte Karin.
»Es ist fast zwei Meter breit und anderthalb Meter hoch.«
»Er muss also auf etwas geklettert sein, um es aus dem Rahmen schneiden zu können?«
»Sicher. Im Zimmer lag eine ganz leichte Aluminiumleiter. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, sie wieder mitzunehmen.«
»Und die Skulptur – wo stand die?«
»Mitten vor dem Rahmen, auf dem kleinen Tisch.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Sie ist
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