Im Dunkeln der Tod
Anita Thorén am Arm und stieß sie fast nach draußen.
»Wir müssen später weiterreden. Das Haus muss für eine technische Untersuchung abgesperrt werden. Bis dahin darf niemand auch nur einen Fuß hineinsetzen.«
»Was? Wie ist das gemeint?«
»Moment.«
Knutas rief Staatsanwalt Smittenberg an und bat um eine Durchsuchungsgenehmigung, dann beauftragte er Karin, für Sperren und Hundestreifen zu sorgen.
»Worum geht es denn eigentlich?«
Anita Thorén schaute ihn ängstlich an, als er seine Gespräche beendet hatte.
»Das Datum, zu dem das Haus vermietet war, fällt zusammen mit dem des Mordes am Kunsthändler Egon Wallin. Der Diebstahl des ›Sterbenden Dandy‹ kann mit dem Mord zu tun haben. Und ich halte es für möglich, dass auch der damalige Mieter dieses Hauses in die Sache verwickelt ist.«
ES ENTGING DEN MEDIEN fast einen ganzen Tag, dass die Polizei Muramaris absperrte und Rolf de Marés Haus durchsuchte. Am Dienstagnachmittag entdeckte ein Spaziergänger die blauweißen Plastikbänder, die um das Haus herum angebracht waren, und schon ging es mit den Gerüchten los. Die Polizei weigerte sich, die Absperrung zu kommentieren, und verwies auf die laufenden Ermittlungen.
Johan hätte vor Frust darüber platzen mögen. Er und Pia saßen in der Redaktion, nachdem sie bei Muramaris, so gut es ging, gefilmt hatten. Sie hatten in den Wald vordringen müssen, um Bilder zu machen, die die Gegend einigermaßen zeigten. Die Polizei hatte die Zufahrtsstraße abgesperrt.
Wie üblich hatte Max Grenfors angerufen und einen Beitrag verlangt, der die Nachrichten eröffnen konnte.
Johan hatte weder Anita Thorén noch irgendeine andere Person erreichen können, die etwas wusste. Er raufte sich die Haare und starrte vor sich hin, während Pia ihre Aufnahmen redigierte.
»Ich hab doch verdammt noch mal keinen Text«, sagte Johan. »Ich kann nur erzählen, dass wir nichts zu erzählen haben. Die Polizei sagt kein Wort, und Nachbarn gibt es nicht. Was zum Teufel sollen wir machen?«
Pia hörte auf, auf der Tastatur herumzuklimpern, und riss ihren Blick von den über den Bildschirm fegenden Aufnahmen des Waldes mit dem stattlichen Gebäude im Hintergrund los. Sie griff nach ihrer Tabakdose und schob sich einen Priem unter die Oberlippe.
»Wer zum Henker könnte etwas wissen … aber warte einen Moment, im Sommer gibt’s da doch ein Restaurant. Ich kenne eine Frau, die da im Sommer oft jobbt – es ist zwar nur eine vage Möglichkeit, aber ich kann sie ja mal anrufen.«
Zehn Minuten darauf waren sie abermals auf dem Weg nach Muramaris, um neue Aufnahmen zu machen – Johan sollte vor Ort, mit dem Haus im Hintergrund, über die neuesten Entwicklungen berichten, auch wenn das Haus aufgrund der Absperrungen nur zu ahnen war. Im Fernsehen würde es trotzdem viel wirkungsvoller sein. Pia Liljas Bekannte war nun wiederum mit Anita Thoréns Sohn befreundet und entpuppte sich als überraschend gut informiert. Sie wusste von der Absperrung und erzählte von Nils Dardels Verbindungen nach Muramaris, wo er vermutlich das gestohlene Gemälde geschaffen hatte. Die Bekannte hatte außerdem gehört, dass die Polizei vermutete, der Täter habe in der Zeit vor dem Mord an Egon Wallin Rolf de Marés Haus gemietet.
DIE FERNSEHREPORTAGE ließ ihn so heftig zusammenzucken, dass ihm fast der Kaffee aus der Tasse geschwappt wäre. Es kam natürlich nicht überraschend. Früher oder später musste der Zusammenhang ans Licht kommen, damit hatte er gerechnet. Aber doch nicht so rasch! Er betrachtete den Reporter, der dort vor Muramaris stand, und erkannte ihn von früheren Berichten her wieder. Er ärgerte sich darüber, wie der Kerl redete, so selbstsicher, obwohl er nicht die geringste Ahnung vom eigentlichen Zusammenhang hatte.
Nicht genug damit, dass er die Polizei am Hals hatte, er würde sich jetzt auch noch wegen der Presse Sorgen machen müssen. Etwas am Aussehen des Reporters ging ihm auf die Nerven. Für wen hielt der sich eigentlich, zum Teufel? Jetzt wurde auch sein Name eingeblendet – sicher, Johan Berg hieß er.
An diesem Abend saß er nicht allein vor dem Fernseher, und er musste sich alle Mühe geben, um seine Erregung zu verbergen. Musste gute Miene zu allem machen. Das war fast das Anstrengendste an seinem ganzen Projekt. Sich nichts anmerken zu lassen, so zu tun, als sei alles beim Alten. Am liebsten hätte er dem Rest der Welt lauthals verkündet, was er getan hatte und warum. Diese beiden Sekunden hatten sich
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