Im Dunkeln der Tod
dagegen. Knutas staunte darüber, dass sich über dieser Beförderung solche Fronten gebildet hatten. Dagegen waren vor allem die älteren Kollegen, während die jüngeren Mitarbeiter und die Kolleginnen zumeist begeistert reagierten.
Eine Person, die ihn wirklich überraschte, war Thomas Wittberg. Er und Karin waren bei der Arbeit immer sehr gute Freunde gewesen, aber Thomas gehörte zu denen, die auf Karins Beförderung am negativsten reagierten. Die Stimmung zwischen den beiden war seither eisig. Karin zeigte nicht offen, dass ihr das zu schaffen machte, aber Knutas wusste doch, dass sie verletzt war.
Verrückt, was mit Menschen passierte, wenn sich die Bedingungen änderten und etwas geschah, womit sie nicht gerechnet hatten. Dann gerieten Beziehungen ins Wanken, und es zeigte sich plötzlich deutlich, wer die echten Freunde waren.
Er musterte die Trauergemeinde. Viele der Anwesenden schienen der Familie nahezustehen. Sie begrüßten Monika Wallin herzlich, die noch immer im Laubengang vor der Kirche stand, zusammen mit ihrem hochgewachsenen Sohn, der angespannt und verbissen wirkte und sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen schien.
Manche der Anwesenden waren Knutas unbekannt. Einige Männer von vielleicht sechzig kamen zusammen, er hielt sie für Geschäftspartner aus der Kunstbranche. Er fragte sich, ob auch Egon Wallins angehender Sozius aus Stockholm, Hugo Malmberg, auftauchen würde. Zu seinem Ärger musste Knutas sich eingestehen, dass er ihn nicht erkennen würde. Was für ein Patzer. Er hatte ein zehn Jahre altes Foto von ihm gesehen, aber das war schon eine Weile her. Natürlich hätte er seine Erinnerung auffrischen müssen, ehe er zur Beerdigung ging. Wie hatte er so nachlässig sein können?
Die Männer in der Gruppe steckten die Köpfe zusammen und redeten leise miteinander. Als ob die Umstehenden nichts hören sollten. Konnte es einer von ihnen sein?
Er wurde aus diesen Gedanken gerissen, als Mattis Kalvalis eintraf. Er war in der Menge nicht zu übersehen. Er trug einen langen, rosa und schwarz karierten Tweedmantel und einen knallgelben Schal. Seine Haare waren zur Feier des Tages rot und standen nach allen Seiten ab. Sein Gesicht war kreideweiß, und er hatte sich die Augen mit schwarzem Kajalstift ummalt.
Aber er war Egon Wallin zu Ehren den ganzen Weg aus Litauen gekommen. So lange hatten die beiden einander doch gar nicht gekannt. Vielleicht war ihre Beziehung herzlicher gewesen, als es den Anschein gehabt hatte. Sofort war Knutas’ Verdacht geweckt, er konnte sich nicht von dem Gefühl befreien, dass die beiden doch etwas miteinander gehabt hatten.
Mattis Kalvalis kam auf ihn zu, um ihn zu begrüßen.
»Sind Sie nur zur Beerdigung hergekommen?«, wagte Knutas in seinem holprigen Englisch zu fragen.
Er ahnte ein schwaches Zucken der Augenbraue.
»Ich bin eigentlich unterwegs nach Stockholm, aber heute wollte ich gern dabei sein. Egon Wallin hat viel für mich bedeutet. Wir hatten nicht so lange zusammengearbeitet, aber in der kurzen Zeit hat er sehr viel erreicht. Außerdem war er ein guter Freund. Ich habe ihn wirklich sehr geschätzt.«
Mattis Kalvalis schien das ehrlich zu meinen. Der Künstler bat um Entschuldigung und ging weiter zur Witwe. Knutas war bisher noch nicht aufgefallen, wie dürr er war. Seine Schultern hingen herab, und der Mantel sah an dem mageren Leib riesig aus. Knutas fragte sich, ob Kalvalis vielleicht Drogen nahm. Er bewegte sich ruckhaft und redete oft unzusammenhängend. Das hörte sogar Knutas mit seinem schlechten Englisch.
Der Dom war fast voll besetzt. Es war eine ergreifende Trauerfeier.
Die einzige Störung kam ausgerechnet von Egon Wallins Sohn – er stolperte, als er an den Sarg treten wollte, fast wäre er in einen riesigen, mit weißen Lilien gefüllten Marmorkrug geplumpst. Er ließ die Rose, die er in der Hand gehalten hatte, fallen, und der Stiel brach ab. Knutas litt mit ihm, als der Sohn mit gequälter Miene etwas Unhörbares murmelte und die geschundene Rose auf den schwarz glänzenden Sargdeckel legte.
DIE POLIZEI WAR in den Ermittlungen stecken geblieben. Die Ermittlungen hatten so viele Details, Indizien und Spuren, die in verschiedene Richtungen führten und die einfach nicht zusammenzubringen waren. Knutas war im Grunde nicht einmal sicher, ob wirklich ein Zusammenhang zwischen dem Mord und dem Diebstahl auf Valdemarsudde bestand. Vielleicht war die Skulptur dort nur aufgestellt worden, um die Polizei in die Irre zu
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