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Im Dutzend vielfältiger

Im Dutzend vielfältiger

Titel: Im Dutzend vielfältiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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ging ein Stück den Bürgersteig entlang, in Richtung Wald. Pfeifend. Gut gelaunt. Der Schnee, gefallen vor wenigen Tagen, drängte sich an Hauswände und Bordsteine. Getränkt von Abgasen, garniert mit Hundekot und Splittsteinchen trug er ein hartes Schicksal, bis die Sonne ihn davon befreite.
    Ich ignorierte den Dreck. Meine gute Laune wollte ich mir nicht davon verderben lassen, allerdings beschloss ich, mir nun doch keinen Hund anzuschaffen.
    Die Skelette der kahlen Bäume ragten in den blauen Himmel und schienen die Sonne anzubeten. Ich entdeckte eine Amsel, die ihren Schnabel an einem Ast rieb, und übersah die Überreste der vorvorvorvornächtlichen Silvesterfeier. Handelte es sich dabei nur um feuchte Pappe einer Rakete oder das halb verdaute Bier eines Betrunkenen, in das ich soeben hineingetreten war? Ich räusperte mich, schluckte das aufsteigende Frühstück hinunter, streifte meinen Stiefel am einzigen weißen Fleck, den ich im Schnee fand, ab und eilte weiter. Jetzt pfiff ich jedoch nicht mehr. Ich wählte den Weg links in den Wald, Richtung Teich. Auf dem Weg sprang ich nach links, dann nach rechts und wieder nach links, wich Glatteisschollen und undefinierbarem Matsch aus. Tapfer und unermüdlich setzte ich meinen Weg fort. Die Sonne lachte mich an. Später wurde mir klar, dass sie mich auslachte. Tiefer im Wald war der Schnee noch jungfräulich weiß. Seufzend und vorsichtig trat ich darauf, Kindheitserinnerungen wurden wach. Mit einem lauten Aufschrei stürzte ich zu Boden und rutschte den Berg hinunter. Eine Eisfläche hatte sich mit weichen Schneeflocken getarnt, um mich zu Fall zu bringen. So eine Gemeinheit! Ein Baum zeigte sich gnädig und stoppte meine Rutschpartie. Ich schlug mir meine Stirn an. Blut lief mir über das Gesicht. Ich atmete den Schmerz weg und spuckte aus. Doch der seltsame Geschmack auf meiner Zunge verschwand nicht. Es schmeckte nach ... weil es stank nach ... Ein Hund hatte sein frisches Geschäft an dem Baum hinterlassen, und ich war mit der Hand hineingetappt. Hätte ich doch nur meine Handschuhe angezogen. Angeekelt strich ich meine Hand im gefrorenen Nass ab, zerkratzte mir dabei die Handfläche an kleinen Eissplittern, die wie Stecknadeln garstig aufgerichtet standen. Die Natur hegte viele Überraschungen und schien eindeutig gegen mich zu sein. Ich rappelte mich wieder auf. Blut tropfte von meiner Stirn und sickerte in den Schnee. Rot wie Blut, weiß wie Schnee, schwarz wie Ebenholz, dachte ich. Passt. Ich hieß nur nicht Schneewittchen, und die sieben Zwerge traf ich sicherlich auch nicht.
    Vorsichtig schlidderte ich den Berg hinauf, hangelte mich von einem Baum zum nächsten, um nicht erneut auf dem Glatteis in ein weiteres stinkiges Abenteuer zu rutschen. Kaum hatte ich es geschafft, raste, mit lautem Gekreische, ein Schlitten auf mich zu. Nicht sieben aber immerhin zwei Zwerge undefinierbaren Geschlechts machten kreischend Jagd auf mich. Ich musste ausweichen. Doch wohin? Nach rechts? Nach links? In beiden Fällen würde mich das Eis zu Fall bringen. Blieb ich stehen, dürfte der Schlitten das schaffen, was dem Baum nicht gelungen war.
    Elegant bewegte ich mich wie Tarzan, sprang hoch und hielt mich an einem herunterhängenden Ast fest. Mit allen mir zur Verfügung stehenden Kräften – und das waren deutlich weniger als ich erhofft hatte –, zog ich mich nach oben. Geschafft, das wäre doch gelacht! Der Schlitten sauste unter mir weg, ich winkte den Zwergen nach. Schön, so eine lachende Kinderschar. Ich lächelte noch, als es krachte und der Ast abbrach. Mit wenig angenehmen Geräuschen landete ich auf dem glatten Boden. Es brach noch etwas. Leider war es weder Eis und noch ein Ast. Diesmal war es mein rechter Arm. Der Schrei, der sich aus meinem Hals befreien wollte, blieb darin stecken, als ich den Hund sah, der auf mich zurannte. Zähnefletschend. Ich atmete auf. Er stürzte sich nicht auf mich, skalpierte mich nicht und riss mir auch nicht den linken Arm ab. Er schnupperte an mir. Und hob dann sein Bein. Wärme breitete sich über meine Hose aus. Endlich kam der Besitzer des dahergelaufenen Köters. Er half mir nicht. Er blickte mich abschätzend an, pfiff seinen Hund zu sich und verschwand.
    Ich stank. Nach Kot, Urin, Blut. Mein Körper schmerzte, wie sehnte ich mich nach Nackenschmerzen. Meine Stirn – blutverkrustet. Mein gebrochener Arm – ein Fremdkörper.
    Neue Eindrücke für ein neues Buch. Sparzieren gehen, an der frischen Luft. Das hat was.
    Ich

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