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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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dummen Scherze, Commissario«, donnerte der alte Herr. Auf seiner Stirn war eine dicke Ader hervorgetreten, und sein ausgeprägter Kehlkopf hüpfte unter der faltigen Haut des dürren Halses.
    »Dottore, Sie haben uns aber lange nicht besucht«, rief Marietta dazwischen. Deeskalation zählte zu ihren Spezialitäten. »Sie kommen im richtigen Moment, wir brauchen dringend Unterstützung.«
    »Wo ist mein Hund?« Er schwenkte eine gelbe Plastikrolle mit der aufgespulten Hundeleine in der Hand.
    »Beim Psychiater, Galvano. Krisenintervention und Traumatherapie.« Laurenti verharrte bewegungslos auf seinem Stuhl, unter dem der betagte schwarze Vierbeiner lag.
    »Hüte dich, mich auf den Arm zu nehmen, du falscher Freund.«
    Die beiden jüngeren Beamten aus Pinas Team kannten Galvano nur von seiner Fama als unbeherrschten Grantler, den man vor Ewigkeiten sogar mit Hausverbot belegen musste, als er trotz seiner Pensionierung weiter zur Arbeit gekommen war und jeden Nachfolger erfolgreich aus den gekachelten Verließen der Gerichtsmedizin hinausgeekelt hatte. Ein Italoamerikaner, der als junger Soldat Ende des Zweiten Weltkriegs in der Stadt geblieben war, zum Chefpathologen avancierte und angeblich ein Ass in seinem Job gewesen sein soll. Einer, der selbst den Staatspräsidenten und den Papst geduzt hätte, wäre er ihnen begegnet.
    Galvano zeterte. »Zuerst siehst du tatenlos zu, wie mich eine junge Gans beleidigt. Statt einzuschreiten, hast du dich feige aus dem Staub gemacht und meinen Hund entführt. Du bist ein Kameradenschwein, Laurenti. Alle sollen das wissen.«
    »Lieber Dottore, manchmal sind Sie wirklich hartherzig.« Marietta war aufgestanden und hakte sich bei ihm unter. »Ihr süßer schwarzer Hund hatte Durst und der Commissario Mitleid. Sie haben einfach vergessen, ihm zu trinken zu geben. Dabei sollte ein Mediziner doch wissen, dass vor allem ältere Herrschaften darauf achten müssen, genug Flüssigkeit zu sich nehmen. Mindestens zwei Liter am Tag, Dottore. Aber jetzt nehmen Sie das liebe Tier einfach wieder mit. Wir können uns nicht den ganzen Tag darum kümmern.«
    Marietta hatte das Vieh nie gemocht. Sie spulte entschieden die Leine ab, deren Griff Galvano fest umklammert hielt, und ging zu Laurentis Stuhl. Drei Meter spannte die dünne Schnur nun. Resolut zerrte sie den Köter am Halsband hervor und gab ihm einen etwas zu deftigen Klaps. Dann schob sie die beiden betagten Greise zur Tür hinaus.
    »So mütterlich, Marietta?«, sagte Laurenti, als seine Assistentin wieder Platz genommen hatte.
    »Ihr Männer seid Kinder«, hauchte sie. »Man weiß immer sofort, was ihr wollt.«
    »Am Nachmittag befrage ich die Zwillinge«, nahm Laurenti den Faden wieder auf. »Ich habe mich telefonisch angemeldet. Und auch mit Donna Rita werde ich reden.«
    »Denken Sie bitte daran, dass wir die Fingerabdrücke brauchen«, sagte Pina.
    Als die anderen das Büro verlassen hatten, betrachtete Marietta die Kataloge des Reisebüros. »Planst du etwa den Urlaub, Proteo?«, fragte sie. »Wohin geht’s denn?«
    »Dubai«, sagte Laurenti einsilbig. Der Katalog, auf dessen Titelseite die Fotografie des Hotels in der Form eines Segels prangte, lag zuoberst. »Dort kann man günstig Gold kaufen, wer weiß, welch böse Überraschungen die Krise noch bringt.«
    Kaum hatte sich hinter Marietta die Tür geschlossen, klingelte sein Mobiltelefon. Als er die Nummer des Anrufers erkannte, nahm er sofort ab.
    »Du hast dich heute früh nicht von mir verabschiedet. Einfach abgehauen bist du. Schade.«
    »Du hast so selig geschlafen, Živa. Und dieser Spechtenhauser stellt mich vor große Rätsel.«
    »Deswegen rufe ich auch an. Aber bitte keine Namen am Telefon. Wir werden die Firma unter die Lupe nehmen, nach der du dich erkundigt hast. Mit Finanzbeamten und einem Rollkomando, wir machen Inventur. Es gibt diplomatischen Druck aus Rom, den der Minister an mich weitergibt. Der Mann war offensichtlich wichtig genug. Bist du dir eigentlich sicher, dass nicht auch andere in der Sache ermitteln?«
     
    »Was war das gestern bloß für ein Tag.« Xenia Ylenia Zannier strich mit beiden Händen durch ihr kurzes blondes Haar und schüttelte dann den Kopf. Sie trug helle Jeans und eine weite weiße Leinenbluse. Ihre Dienstwaffe im Gürtelholster darunter konnten nur geschulte Blicke erkennen. »Und heute früh dann noch die Fragen der Kollegen von der Guardia Costiera und der Polizia Marittima. Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass es in

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