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Im Fadenkreuz der Angst

Im Fadenkreuz der Angst

Titel: Im Fadenkreuz der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gerne an mich wenden. Das wissen Sie, oder?«
    »Ja.« Ich nicke. »Ja. Danke.« Mit gesenktem Kopf und schlurfenden Schritten verdrücke ich mich aus dem Klassenzimmer.
    Eddy erwartet mich vor dem nächsten Klassenraum, lässig an die Schränke auf der anderen Seite des Flurs gelehnt. Er legt zwei Finger an die Augen und zeigt auf mich.
    »Was?« Ich recke mein Kinn und gehe Richtung Bibliothek. Aber nicht allzu eilig, ich will nicht, dass er denkt, ich habe Angst. Trotzdem gehe ich so schnell, dass er rennen müsste, wenn er mich einholen wollte. Das wird er nicht tun, oder? Es sind doch zu viele Lehrer hier, oder?
    Ich möchte mich umgucken, ob Eddy mich verfolgt, tue es aber nicht. Wer cool bleibt, dem passiert nichts.
    Ich richte meine Augen stur geradeaus, bis ich bei der Bibliothek bin. Ich suche mir einen Arbeitsplatz an der Wand, in der Nähe der Buchausleihe, und mache mich an die Hausaufgaben.
    Eddy beobachtet mich durch die Glastür. Er grinst. »Ich krieg dich!«, formt sein Mund auf der anderen Seite des Glases.
    Ich lache und hauche ihm einen Kuss hin. Das kommt richtig gut.
    Ich kann kaum erwarten, sein Gesicht zu sehen, wenn Dad mich abholt. Der väterliche Abholdienst ist das einzig Gute an meinem Hausarrest.
     
    Mittwoch und Donnerstag hält sich Eddy von mir fern. Aber jeden Morgen, wenn Dad mich absetzt, und jeden Nachmittag, wenn er mich abholt, steht Eddys BMW vor der Schule. Dad merkt nichts. Er ist mit Schweigen beschäftigt.
    Freitag früh klemmt in der Tür meines Schulschranks ein Umschlag mit einem Zettel drin. Ein Computerausdruck.
    GLAUBST DU, DADDY KANN DIR DEN ARSCH RETTEN? WIR WISSEN, WO DU WOHNST.

16
    Das ganze Wochenende muss ich zu Hause verbringen. Dad sagt, ich darf keinen Besuch bekommen, womit er Andy und Marty meint, die offenbar eine Ausgeburt der Hölle sind. Will sagen: »Diese beiden waren von Anfang an kein guter Umgang für dich.« Echt, das ist schlimmer als Knast. Sogar Mörder dürfen Besuch bekommen. Wenigstens kann ich sie anrufen. Ich erzähle ihnen von Eddys Drohbrief.
    »Der will dir bloß Angst machen«, sagt Andy. »Nie im Leben kommt der zu euch nach Hause.«
    Trotzdem ziehe ich im Wohnzimmer die Vorhängezu, als es dunkel wird. Eddy könnte mich vom Golfplatz aus beobachten.
    Montag. Zurück in die Hölle auf dem Hügel. Inzwischen weiß ich, dass alles gut ist, solange ich unter Leuten bin. In der Mittagspause gehe ich zu meinem Platz in der Cafeteria. Ich habe beschlossen, Eddys Schnitzarbeit SABIRI ÄZZT zu bearbeiten.
    Mitchell hat sich mit seinem Buch ans äußerste Ende des Tisches verzogen. »Ich bleibe hier«, sagt er. »Aber ich will nicht, dass jemand denkt, wir würden uns unterhalten.«
    »Dann solltest du aufhören, beim Lesen die Lippen zu bewegen.«
    Mitchell guckt verstört und legt beide Hände vor den Mund.
    Ich mache mich an die Arbeit. Erst türme ich meine Bücher so auf, dass niemand sieht, was ich tue, vor allem Mr Carson nicht, der Aufsicht hat. Dann hole ich Dads Meißel aus meinem Rucksack. Ich verbinde die beiden Enden vom S zu einer Acht.
    Mitchell schielt rüber. »Was machst du da?«
    »Was denkst du wohl?«
    Ihm bricht der Schweiß aus. »Hör auf. Das gibt Stress.«
    »Wieso?«
    »Zerstörung von Schuleigentum.«
    »Also echt. Das ist doch schon kaputt.« Aus dem I mache ich ein T.
    Mitchell zwinkert so heftig, dass man schwören könnte, er hat sich mit Crack vollgedröhnt. »Im Ernst, Sammy. Ich will keinen Stress.«
    »Keine Angst. Du machst doch nur Hausaufgaben.«
    »Ja, aber ich weiß, was du tust. Das ist Beihilfe.«
    Ich verdrehe die Augen. »Mitchell. Echt. Setz dich woanders hin.«
    »Aber alle wissen, dass ich hier sitze.«
    Ich beschließe, ihn nicht weiter zu beachten. Die beiden Zs verlängere ich nach oben und unten, so dass zwei Zickzackreihen entstehen. Mitchell verzieht sich. Gut.
    Unter das A und das Ä ziehe ich jeweils einen Strich, so dass es aussieht wie ein kleines Dreieck in einem großen. Aus dem T mache ich ein Kästchen mit einem Strich in der Mitte. Dann nehme ich einen Filzer und male die neuen Ritzen nach.
    »Was machen Sie denn da, Sabiri?« Das ist Mr Carson, heute mit Eiersalat am Bart. Fünf Tische weiter duckt sich Mitchell, der Verräter.
    Ich werde ins Büro des Konrektors gebracht. Ich erkläre, was ich getan habe. Mr McGregor geht zum Tatort. Er sagt, das sieht nicht aus wie SABIRI ÄZZT, sondern wie »vorsätzlicher Vandalismus«.
    »Ich weiß, dass es nicht mehr wie SABIRI ÄZZT

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