Im Fadenkreuz der Angst
pinkeln. Marty und ich albern ein bisschen rum. Es ist schon komisch. Das Ding auf derEinsiedlerinsel war so krass, dass es uns wieder zusammengekittet hat. Wir sind beste Freunde wie früher.
Plötzlich ist Andy zurück. »Sammy!«, schnauft er. »Ich habe gerade aus dem Badezimmerfenster geguckt. Auf dem Golfplatz, auf der anderen Seite von eurer Hecke, sind Leute.«
»Was?«
»Mindestes fünf oder sechs. Es ist dunkel und die sind ganz schwarz angezogen, ich kann nicht genau sagen, wie viele es sind.«
»Sehr komisch.«
»Im Ernst, Alter. Sie gucken auf euer Haus. Ich glaube, sie haben Hunde dabei.«
»Hör auf, Andy. Willst du mir Angst einjagen oder was?«
»Will ich nicht! Das habe ich wirklich gesehen!«
Mir wird total mulmig. »Du hast gesagt, Eddy würde niemals zu uns nach Hause kommen.«
»Wer sagt denn, dass es Eddy ist?«
»Wer denn sonst?«
»Soll ich die Bullen rufen?«, fragt Marty.
»Nein«, sage ich. »Die kann ich echt nicht brauchen.«
»Was dann?«
»Ich gehe mal gucken.«
»Ich pass auf dich auf«, sagt Andy. »Ich gehe aufs Klo und nehme mein Handy mit. Wenn’s Probleme gibt, rufe ich die Bullen, ob du willst oder nicht.«
»Und ich? Was mache ich?«, kommt von Marty.
»Du rührst dich nicht vom Fleck«, sagt Andy.
Ich knipse mein Licht aus und taste mich zur Treppe.Den Weg zur Küche finde ich blind. Oben ist es stockdunkel, abgesehen von dem Licht der Straßenlaterne, das durch die Eckzimmerfenster in den Flur fällt. Auf Zehenspitzen gehe ich zum Wohnzimmer, den Rücken an die Wand gepresst.
Ich stelle mir vor, wie Andy und Marty kichernd vor ihren Webcams sitzen. Wenn das ein Scherz ist …
Die Vorhänge vor der Terrassentür sind zugezogen.
Ich höre ein Geräusch. Kann nicht ausmachen, was es ist. Schon ist es wieder weg. Ich schiebe mich vorwärts, wage kaum zu atmen. Eddy und seine Kumpels. Das trauen die sich nicht. Das machen die nicht. Dann stelle ich mir vor, sie würden was auf unsere Hauswand sprühen.
Ich renne zur Glastür. Reiße die Vorhänge auf.
Nichts. Niemand. Der Garten ist leer.
Ich taste mich rückwärts zur Küche, gehe zum Fenster auf der rechten Seite. Ich gucke zwischen den Vorhängen hindurch. Aus den Augenwinkeln sehe ich auf dem Stoff einen roten Punkt. Er verschwindet. Wohin? Plötzlich trifft der Strahl meine Augen. Was soll denn das? Ach, du Scheiße, jemand zielt auf mich!
Ich lasse mich auf den Boden fallen. »Mom! Dad! Hilfe!«
Ich rolle hinüber zur Terrassentür, um die Vorhänge zuzumachen. Da springen zwei maskierte Männer vor. Sie treten den Türrahmen ein. Die Tür schlägt krachend auf. Die Männer stürzen ins Haus.
Die Alarmanlage geht an.
Ich krabbele den Flur entlang. »MOM! DAD!«
Am Fuß der Treppe werde ich überwältigt. Mein Arm wird auf den Rücken gedreht.
Ich sehe Mom oben an der Treppe. Gefangen im Lichtstrahl einer Taschenlampe.
Mom schreit. Männer und Hunde rennen die Treppe hoch. Mom will zum Schlafzimmer. Zwei Männer packen sie, zerren sie ins Arbeitszimmer.
»MOM!!!«
Ein Knie drückt in meinen Nacken.
»FBI! KEINE BEWEGUNG!«
TEIL DREI
18
Um mich herum Geräusche. Schatten. Stiefel. Hunde.
»FB…?«
»KEINE BEWEGUNG, habe ich gesagt!«
Das Knie presst mein Gesicht auf den Boden. Quetscht meine linke Wange gegen den Teppich. Drückt in mein Auge.
Mir bleibt die Luft weg. Ich sehe nichts. Nur …
Dad im Schwitzkasten. Männer umringen ihn. Hunde knurren.
Dad benommen von seinen Tabletten. »Wer …? Was …?«
Sie stoßen ihn die Treppe runter und aus dem Haus. Die Hunde hinterher, zerren an ihren Leinen.
»Warum???«, schreit Dad. Er verschwindet in der Nacht.
In der Ferne Sirenen. Polizei. Andy. Er muss angerufen haben.
Auf einmal Lichter. Überall. Ich blinzele in den hellen Schein. Sehe eine Armee von FB I-Leuten die Treppe rauf- und runterrennen. Dads Computer wird rausgetragen. Sein Scanner. Schubladen. Aktenordner.
Und plötzlich hänge ich in der Luft, nur meine Zehenspitzen berühren den Boden, die Arme werden mir beinahe aus den Gelenken gerissen. Von hintenpackt eine Hand meinen Kopf. Drückt ihn zur Brust runter. Ich werde herumgedreht, zur Küche geschoben, die Treppe runter in mein Zimmer.
Auf dem Monitor ist Martys Gesicht zu sehen. Als er mich sieht, fallen ihm fast die Augen aus dem Kopf. Jemand zieht den Stecker von meinem Computer raus. Der Bildschirm wird schwarz. O Gott, sie nehmen meinen Computer mit.
»Warten Sie! Nicht! Da sind meine
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