Im Falle einer Falle
sagte das Mädchen in der Zentrale und fügte gleich darauf hinzu: »Eine Miss Creston wohnt nicht bei uns.«
»Ist auch kein Zimmer für sie reserviert?«
»Anscheinend nicht.«
»Dann geben Sie mir doch bitte den Portier. Ich möchte mich erkundigen, ob sie beabsichtigt, später einzuziehen, und Gepäck hinterlassen hat.«
»Einen Augenblick.« Das Mädchen stellte die Verbindung her, und eine sonore Männerstimme sagte: »Hallo?«
»Haben Sie die Aufsicht über das Gepäck?« fragte ich.
»Ja.«
»Hat Miss Creston ihr Gepäck abgeholt? Sie hinterlegte einen Koffer und eine...«
»Nein, Sir, das Gepäck ist noch hier.«
»Ach so! Na, dann wird sie es vermutlich später abholen. Danke. Auf Wiedersehen.«
Für die Frühausgaben der Zeitungen hatte es im Mordfall Finchley nicht mehr gereicht, aber übers Radio kamen einige interessante Einzelheiten.
Finchley, ein sehr erfolgreicher Anwalt mit einer Luxusvilla in Beverly Hills, hatte sich offenbar kurz vor seinem Tod mit jemandem gestritten. Sein Mörder hatte ihn mit einem .38er Revolver genau durch das Herz geschossen und war geflüchtet.
Ein Nachbar hatte streitende Stimmen und den Schuß gehört und die Polizei benachrichtigt. Die Polizei wiederum alarmierte über Sprechfunk zwei Streifenwagen, die nur wenige Minuten später vor der Villa eintrafen. Die Beamten fanden Finchley tot in seinem Studio in der zweiten Etage. Der Mörder aber war spurlos verschwunden.
Finchley wurde als reicher Witwer beschrieben, der ziemlich zurückgezogen lebte, obwohl sich die Gastgeberinnen der guten Gesellschaft um ihn rissen.
Zur Tatzeit befanden sich keine Dienstboten im Haus. Die Hintertür stand halb offen. Sie hatte ein Schnappschloß, so daß jeder, der das Haus auf diesem Weg verließ, sie nur zuzudrücken brauchte.
Die Lage der Villa in einem ruhigen Wohnbezirk mit großen Grundstücken und ausgedehnten Rasenflächen ließ Klatsch und Tratsch kaum aufkommen. Außer Berichten über einen Streit und den Schuß förderte die Polizei aus der Nachbarschaft keine nennenswerten Hinweise zutage.
Einer der Nachbarn erinnerte sich jedoch an einen Wagen, der zwei Minuten lang mit laufendem Motor vor der Villa gehalten hatte. Besagter Nachbar hatte seinen Hund ausgeführt und hätte den Wagen vermutlich nicht beachtet, wenn nicht das Geräusch des laufenden Motors seine Aufmerksamkeit erregt hätte. Er streifte ihn jedoch nur mit einem flüchtigen Blick und konnte daher über Modell oder Fabrikat keine sicheren Angaben machen. Er erinnerte sich aber dunkel an einen gutgekleideten Mann mittleren Alters, der auf dem linken Vordersitz saß.
Die Polizei ging davon aus, daß Finchley zur Zeit seines Todes an seinem Schreibtisch ein Geschäftsgespräch geführt hatte. Der Schuß war aus geringer Entfernung abgegeben worden, und nichts im Raum deutete auf einen Kampf hin. All dies ließ den Schluß zu, daß der Anwalt den Täter kannte und ihn — vermutlich auf Grund einer Verabredung — selbst eingelassen hatte.
Der Nachbar, der den Streit gehört hatte, sagte vor der Polizei aus, Finchley hätte unmittelbar vor seinem Tod ausgerufen: »Mich können Sie nicht einschüchtern. Ich rufe die Pol...«
Und dann wäre der Schuß gefallen.
Nach dem Schuß hätte eine Frau einmal kurz aufgeschrien. Der Nachbar war sich nicht sicher gewesen, ob es sich um einen Schuß oder nur um das Zuschlagen einer Tür handelte, aber der Knall in Verbindung mit dem Aufschrei hatte ihn veranlaßt, die Polizei zu benachrichtigen.
Sobald ich die Rundfunkmeldung verdaut hatte, begab ich mich ins Büro und schaute bei Bertha Cool herein.
»Irgendwas Neues?« fragte ich.
»Nein, nichts. Hast du Barney Adams angerufen?«
Ich schüttelte den Kopf.
Bertha sah mich erbost an. »Das hättest du schon längst tun müssen.« Sie zog eine Schreibtischschublade auf, kramte die Karte mit der Telefonnummer heraus, die Adams ihr gegeben hatte, und reichte die Nummer an unsere Klingelfee weiter. »Verbinden Sie mich mit Mr. Adams«, sagte sie.
Nach einer Weile läutete Berthas Telefon.
Sie strich sich hastig über die Frisur, verzog das Gesicht zu einem gewinnenden Lächeln, griff nach dem Hörer und gurrte in ihren sanftesten Tönen: »Ja, hallo?«
Der Sonnenschein auf ihren Zügen hielt aber nicht lange vor. »Wieso nicht, zum Kuckuck noch mal? Haben Sie auch bestimmt die richtige Nummer gewählt?« Sie lauschte mit düsterer Miene. »Ja, ganz recht. Na, vielleicht ist er frühstücken gegangen.
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