Im Falle einer Falle
Burschen?«
»Und ob! Er ist Privatschnüffler, ein fixer Junge, mit einer wahren Manie für hirnrissige Fälle. Was machen Sie hier, halbe Portion?«
»Ich arbeite.«
»Ach, was Sie nicht sagen. Und woran, wenn man fragen darf?«
»Ich sollte mich hier mit einem Mann treffen.«
»Wie heißt er? Wo wohnt er?«
»Keine Ahnung. Es war ein Telefonanruf. Ich sollte auf der Hemmet Avenue zwischen dem siebzehnhunderter und tausender Block hin- und hergondeln, und da wollte er mich dann auflesen.«
»Erzählen Sie doch keine Märchen. Ein Unbekannter bestellt Sie so spät am Abend auf die Hemmet Avenue, und Sie klemmen sich prompt hinters Steuer und sausen hierher? Das nehme ich Ihnen einfach nicht ab.«
»Das hat ja auch niemand von Ihnen verlangt.«
»Nur zu Ihrer Information: In der Hemmet Avenue siebzehneinundsiebzig wurde ein Mord verübt«, erklärte Sellers. »Ein sehr prominenter Anwalt wurde erschossen. Wir werden über Sprechfunk benachrichtigt, brausen ab, und wen finden wir in unmittelbarer Nähe des Tatorts? Sie! Wenn das nicht ein komischer Zufall ist.« Sellers Stimme triefte förmlich vor Ironie.
»Verstehe. Sie halten mich für den Mörder.«
»Nein, so blöd sind Sie nicht. Es würde mich aber gar nicht überraschen, wenn die Person, die den Mord beging, Ihr Klient wäre, oder wenn Sie irgendwie in den Fall verwickelt wären.«
»Ich habe mit dem Mord nicht das mindeste zu schaffen.«
»Irrtum, von jetzt an schon. Steigen Sie in Ihren Wagen, und folgen Sie uns zur Nummer siebzehn-einundsiebzig; da wollen wir nämlich hin. Ich werde mich ein bißchen umschauen und Ihnen dann ein paar Fragen stellen. Vielleicht haben Sie sich bis dahin eine überzeugendere Geschichte ausgedacht.«
Sellers kletterte in seinen Wagen, ich in meinen. Ich wendete und fuhr hinter ihnen her bis zu der Villa, in deren Einfahrt inzwischen schon zwei Polizeiautos parkten. Mit Sellers Wagen ergab das drei, und meine Wenigkeit machte das Quartett voll.
Die Fenster der umliegenden Häuser wurden hell, und Neugierige kamen zum Vorschein; zunächst steckten sie nur schüchtern die Nase heraus, dann bauten sie sich in voller Lebensgröße auf den Veranden auf, und schließlich strömten sie auf die Straße und standen dichtgedrängt um die Polizeiautos herum.
Seiler sagte: »Warten Sie hier, Lam. Reden Sie mit niemandem, rühren Sie sich nicht vom Fleck.«
»Bin ich festgenommen oder so was?«
»Wir wollen’s mal so ausdrücken: Eine einzige falsche Bewegung, und Sie sind festgenommen.«
»Na, danke«, sagte ich erbittert, »und bloß, weil ich hier in der Gegend herumkutschiert bin.«
»Richtig, und weil Sie mehr Hokuspokus fabriziert haben als jeder andere Privatdetektiv, dem ich je begegnet bin. Sie haben Schneid, sind einfallsreich und unkonventionell; das Verzwickte daran ist nur, daß Sie in der ganzen Stadt auch als schneidig, einfallsreich und unkonventionell bekannt sind und infolgedessen von Leuten mit Aufträgen überhäuft werden, die sie keinem anderen anvertrauen würden; und Sie übernehmen diese Aufträge. Das wird schließlich noch mal dazu führen, daß Sie Ihre Lizenz einbüßen. Ich habe Sie immer wieder gewarnt, aber wer nicht hören will, muß fühlen. Sie strapazieren Ihr Glück zu sehr; das kann auf die Dauer nicht gutgehen.«
»In dem Haus da wurde also jemand ermordet?« fragte ich.
»Stimmt, Dale Dirking Finchley. Jemals von ihm gehört?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ein prominenter Anwalt, obgleich man ihn vor Gericht nicht oft zu sehen kriegte. Einer von den Burschen, die hinter der Szene die Drähte ziehen. Man könnte ihn vermutlich einen politischen Anwalt nennen. Sagt Ihnen der Name was — jetzt, da ich Ihr Gedächtnis ein bißchen aufgefrischt habe?«
»Noch nie gehört.«
»Und Sie würden es mir natürlich sagen, falls Sie ihn schon mal gehört hätten?«
»Natürlich«, echote ich.
Sellers grunzte, wandte sich ab und stapfte ins Haus.
Ich saß da und wartete.
Beamte kamen und gingen. Funksprechgeräte übermittelten Meldungen. Nach einer Weile tauchte Sellers wieder auf und linste mich durch das heruntergekurbelte Wagenfenster an. »Na, haben Sie sich diesmal eine bessere Geschichte ausgedacht?« erkundigte er sich.
Ich schwieg.
»Okay, Lam, ich werde Ihnen ein paar Fragen stellen. Das >st offiziell. Ich untersuche einen Mord. Falls Sie einen Beamten, der einen Mord untersucht, belügen, machen Sie sich einer Falschaussage schuldig. Sie wissen ja, was das bedeutet.«
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