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Im fernen Tal der Hoffnung

Im fernen Tal der Hoffnung

Titel: Im fernen Tal der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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bemerkenswert leichtgefallen, ihre unglückselige Vertreibung aus Wangallon in leuchtenden Farben zu schildern. In Sydney zu wohnen, während ihr einziger Sohn in Parramatta zur Schule ging, war eine gute Ausrede, die keinen Hinweis auf ihre ehelichen Probleme gab. Wenn sie nicht ständig Kopfschmerzen gehabt hätte, hätte Claire sich einreden können, dass sie mit der Situation ganz gut fertig würde. Aber das stimmte natürlich nicht. Nach ihrem Gespräch mit Wetherly konnte sie kaum ein Glas Wasser halten, so sehr zitterten ihre Hände. Sie betrachtete den Siegelring, der neben dem Tintenfass lag, und grübelte über ihre wenigen Gespräche nach. Claire war sich sicher, dass sie ihn in keiner Weise ermutigt hatte. Sie ergriff den Ring und steckte ihn sich an den Finger. Jacob Wetherly bot ihr den Ausweg, von dem sie nur geträumt hatte; ein jüngerer Mann mit einem Besitz in England.
    Ã„rgerlich fegte Claire Brief, Tintenfass und Ring auf den Boden. Ihr Vater hatte immer gesagt, dass alle Probleme zu lösen seien, wenn man sich Rat holen könne. Nun, er hatte ihr nicht erklärt, dass man manche Probleme einfach nur ertragen musste, weil sie eben nicht gelöst werden konnten. Claire umklammerte die Schreibtischkante. Innerlich weinte sie und verschmachtete wie eine Pflanze, der man das Wasser vorenthält.
    Claire schloss den Deckel der Truhe mit dem Lederriemen und ließ sich erschöpft darauf sinken. Der Garten war in Mondlicht gebadet, und in der klaren Sommernacht waren alle Bäume und Sträucher gut zu erkennen. Claire kniete sich ans Fenster und stützte sich mit den Armen auf dem Fensterbrett aus poliertem Zedernholz ab. Eine Motte flatterte immer wieder gegen das Fliegengitter in dem vergeblichen Versuch, die Petroleumlampe zu erreichen, die auf ihrem Schreibtisch stand. Sie bewunderte das Insekt für seine Hartnäckigkeit, die jedoch fruchtlos bleiben musste. Das Thema war ihr vertraut.
    Claire dachte an ihre Jahre auf dem Besitz, an die großen Wolllieferungen, die Wangallons Wollschuppen verlassen hatten, zuerst auf Kamelen, dann mit Ochsengespannen. Wie viele Lämmer waren geboren worden, um zu Kleidung für die Menschheit verarbeitet zu werden? Wie viele Rinder waren nach Süden zum Markt getrieben worden? Trotz Dürreperioden, der Einsamkeit und der Entfernung war Wangallon viele Jahre lang ihr Zuhause gewesen. Der Besitz hatte ihr Schutz gewährt, für Nahrung, Kleidung und Trost gesorgt. Es fiel ihr schwer, wegzugehen.
    Der Kiesweg lag still im Mondschein. Es war ein großartiges Bild, als ob ein Lichterband darauf wartete, sie zu neuem Leben zu führen, zu einem Leben ohne Verletzung oder Einsamkeit. Doch trotz allem, was sie erwarten konnte, trotz des verlockenden Abenteuers, konnte Claire es nicht tun. Sie konnte nicht weggehen, und sie würde es nicht zulassen, dass er sie einfach so wegwarf. Sie war eine Gordon, und sie liebte dieses Land, als ob es ihr eigenes sei. Und sie liebte es nur aus einem einzigen Grund: Ihr Mann hatte Wangallon gegründet, und trotz ihrer kindischen Fantasien, trotz des steinernen Herzens dieses Mannes, der ihr Leben kontrollierte, würde Claire ihn nicht verlassen. Sie konnte es gar nicht. Sie vergötterte ihren Mann. Die Liebe, die sie für ihn empfand, hatte nichts mit richtig oder falsch zu tun. Sie lag außerhalb ihrer Kontrolle.

Winter 1989
    Castlereagh Street, Sydney
    Sarah saß in einem der schokoladenbraunen Armsessel in Frank Michaels Warteraum. Sie war zwanzig Minuten zu früh zu dem mit Jim Macken vereinbarten Termin gekommen und unterdrückte nur mit Mühe das Verlangen, auf ihrem bereits malträtierten Daumennagel herumzukauen. In der Stadt wurde es langsam hell, und das Licht drang durch das breite Fenster. Der Morgenhimmel war trüb, was Sarahs Stimmung nach einer schlaflosen Nacht in einem fremden Bett entsprach. Jedes Mal, wenn der Schlaf sich doch einstellen wollte, sah sie Anthonys Gesicht vor sich, und an Ruhe war nicht mehr zu denken. Immer wieder spielte sie die Abschiedsszene mit Anthony durch. Ihr war übel, und sie hatte Kopfschmerzen. Müde rieb sie sich die Augen und blickte erneut auf ihre Armbanduhr. Es war eine Sache, um Wangallons Erhalt zu kämpfen, und eine andere, den Besitz zu ihrer Rettung loszulassen.
    Sie setzten sich an den großen Konferenztisch, als Jim Macken und sein Anwalt endlich eintrafen. Frank bot Kaffee an, und

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