Im fernen Tal der Hoffnung
ist Willy. Wir haben uns geprügelt. Er hat meine Steinschleuder gestohlen.« Angus hielt die Schleuder stolz hoch.
» Ah.« Luke wuschelte dem Kind durch die Haare, und Angus versuchte vergeblich, seiner Hand auszuweichen. » Kriegsbeute. Nun, nächstes Mal würde ich an deiner Stelle ein bisschen näher an zu Hause kämpfen, für den Fall, dass du Hilfe brauchst.« Wenn man GröÃe und Schnelligkeit von Willy bedachte, war Angusâ Sieg beeindruckend.
» Ich wäre auf jeden Fall klargekommen«, erwiderte Angus störrisch.
» Mit einem Stein? Glaubst du etwa, den Jungen zu töten, wäre eine Lösung gewesen?« Sie ritten jetzt nebeneinander her, während Lukes drei zusätzliche Pferde gehorsam an einem Seil hinterher trabten.
» Es sind doch nur Schwarze. Sie sind nur hier, weil GroÃvater es ihnen erlaubt hat. Er gibt ihnen zu essen, gibt ihnen Kleidung und Arbeit. Jasperson sagt, wenn Vater nicht wäre, wären sie immer noch Wilde.«
Luke dachte an den Bullen, der aus Hunger mit dem Speer getötet worden war. » Hat Jasperson dir auch erzählt, dass sie vor uns, vor Wangallon hier waren?«
Der Junge schwieg mürrisch.
» Das habe ich mir gedacht.« Schweigend ritten sie weiter, bis sie schlieÃlich zu dem befestigten Weg gelangten, der die Zufahrt zur Farm bildete. Rechts bog der Weg über den Bach ab, wo die Schwarzen campierten. Mehr in der Nähe befanden sich Holzhüten für die schwarzen Schafhirten. Ein paar Kilometer entfernt lagen der Wollschuppen, die Gehege und die Hütten für die weiÃen Hirten auf dem Besitz. Vor ihnen schimmerte das Dach von Wangallon in der Hitze. Der Nebel am frühen Morgen war trügerisch gewesen; heute Nachmittag würde es heià werden. Am Weihnachtstag würde eine Affenhitze herrschen.
» Luke!«, rief Mungo aus und kam vom Bach angetrabt. » Wo warst du?« Sein blaues Hemd hing halb aus der Hose, und er hatte sich seine Bullenpeitsche über die Schulter geschlungen.
» Ich hoffe, du brauchst keinen ausführlichen Bericht.« Luke zügelte Joseph, um auf seinen Freund zu warten. Angus galoppierte mit finsterem Gesicht davon.
» Ah.« Mungo zog die Augenbrauen hoch und grinste. » Immer noch das gleiche Mädchen?«
» Zum letzten Mal das gleiche Mädchen«, erwiderte Luke und blickte Angus nach. » Letztlich werden sie alle zum Problem. Was macht deine Sippe?« Er wies mit dem Kinn zum Lager am Bach.
» Boxer wird ein bisschen alt.«
Das stimmte. Diejenigen, die schon bei der Gründung von Wangallon vor fast fünfzig Jahren dabei gewesen waren, hatten ihre Jugend schon lange hinter sich. » Wie Hamish.«
» Der Boss? Ihn bezeichne ich nicht als alt. Für mich ist er der Fuchs.«
Luke lachte. » Und deine Frau?«
» Sie wird die Frau vom Vetter meines Vaters.«
Luke hatte eigentlich erwartet, dass Mungo als Boxers Sohn eher infrage gekommen wäre. » Das tut mir leid.«
Mungo blickte zum Farmgebäude. » Es ist das zweite Mal in ihrem Leben. Sie geht erst beim nächsten Vollmond zu ihm. Bis dahin arbeitet sie im groÃen Haus.«
Luke lächelte. » Ach, das groÃe Haus?«
Mungo zeigte auf Lukes Schulter. » Sie ist geheilt, oder?«
Luke bewegte seinen Arm langsam auf und ab. » Ja, das verdanke ich dir.«
Mungo grinste. » Ich weiÃ.« Er nahm die Zügel auf und wendete sein Pferd. » Ich muss sie eben zwischen den alten Männern nehmen.« Mit diesen Worten galoppierte er zu einem Buchsbaumwäldchen, wo eine zierliche Gestalt in einem hellen Kleid auf ihn wartete. Die langen schwarzen Haare des Mädchens wehten, als er sie hinter sich aufs Pferd hob.
Luke zog grüÃend den Hut.
Winter 1989
Wangallon Station
Sarah gab sich mit dem Abendessen besonders viel Mühe. Der alte Familienesstisch, Schauplatz der gemeinsamen Mahlzeiten seit den 1860er-Jahren, war für zwei Personen gedeckt. Silberbesteck schimmerte neben dem englischen Porzellan von der Jahrhundertwende und den geschliffenen Kristallgläsern. Sie schob den schweren Silberkandelaber ans andere Ende des Tischs und polierte rasch noch einmal über die Platte der glänzenden Mahagoni-Anrichte, auf der die Glaskaraffen, das Silbertablett und die alte Punschschale standen. Dann kochte sie Kartoffeln, quetschte sie mit Butter und Vollmilch zu Kartoffelpüree und gab noch einen
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