Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im fernen Tal der Hoffnung

Im fernen Tal der Hoffnung

Titel: Im fernen Tal der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
Vom Netzwerk:
hustete und holte tief Luft. » Besondere Gelegenheit, wenn der junge Mann zurückkommt.«
    Luke nahm ein kleines Glas Rum mit Wasser entgegen und kippte die Flüssigkeit herunter. » Und Mungo. Er ist ein guter Viehtreiber, Boxer.«
    Der alte Schwarze hustete erneut. » Das sollte er auch sein.«
    Nach und nach gewöhnten sich Lukes Augen an die Dunkelheit, und er blickte sich in der Hütte um. Am anderen Ende standen ein selbst gebauter Holzstuhl, eine Bank, auf der gusseiserne Kochtöpfe, kleine Säcke mit Hülsenfrüchten und eine Handvoll Wachteleier lagen. An einer Wand befand sich ein schmales Bett und dahinter war Lees Altar. Von dort kam der Duft nach Weihrauch. Aus einem Keramikgefäß stieg Rauch auf. Darum herum standen kleine Schalen mit Opfergaben, und auf der Wand dahinter war mit zwei Nägeln ein zerrissenes Banner mit chinesischen Schriftzeichen befestigt.
    Â» Meine Großmutter ist gestorben«, sagte Luke langsam und wandte den Blick von den Überresten von Lees verlorener Kultur ab. » Du erinnerst dich doch noch an sie, Lee, oder? Die Mutter meiner Mutter. Sie hat das Kaufhaus geleitet. Wie war sie denn so?«
    Lees dunkle Augen waren tief eingesunken, als ob er sich langsam von der Welt zurückziehen wollte. » In Ridge Gully, ja, ja.« Beinahe war er versucht, Luke zu erzählen, dass die Frau die Freuden des Fleisches geliebt hatte. Dass sie ihre Tochter wie ein Schmuckkästchen feilgeboten hatte, bis Master Hamish angebissen hatte. » Man sollte nicht über Vorfahren sprechen«, warnte er, fuhr mit dem Finger ins Glas und leckte ihn ab.
    Â» Hast du viel Traurigkeit?«, fragte Boxer und sog an seiner Pfeife.
    Â» Nein, nicht sehr«, erwiderte Luke aufrichtig. » Ich habe sie ja gar nicht gekannt.«
    Â» Ihre Tochter war wie ein erschrecktes Kaninchen«, fuhr Boxer fort. » Ich kann mich an sie erinnern: zu blass, nicht stark genug für dieses Land.« Wieder zog er an seiner Pfeife.
    Â» Für viele Dinge nicht stark genug«, stimmte Luke ihm zu und schnipste mit dem Finger eine Ameise weg. » Meine ganze Familie ist jetzt tot, außer Hamish und Angus.«
    Â» Und du.« Lee zeigte mit seinem knochigen Finger direkt auf ihn.
    Â» Natürlich, ich bin auch noch da.« Luke stand auf. Insgeheim wunderte er sich darüber, wie lange so alte Männer im Schneidersitz auf dem Boden sitzen konnten, während er es kaum ein paar Minuten lang aushielt. » Ich bewundere an euch beiden, wie loyal ihr meinem Vater gegenüber seid.«
    Lee senkte den Kopf.
    Boxer starrte ihn an. » Vielleicht ist es ja leicht, denen zu folgen, die nicht verzeihen können. Der Weg vom Boss geht immer geradeaus, und viele sehen Stärke in so einem Leben. Und denk dran«, er kaute auf seiner dicken Unterlippe, » die alten Leute mögen den Boss, weil er sich um Mutter Erde kümmert, die unser aller Heim ist. Und diejenigen, die nicht auf dieser Erde sind«, fuhr Boxer fort, » wollten es vielleicht nicht. Oder Wangallon wollte sie nicht.«
    Â» Komm, komm!« Lee scheuchte Luke aus der Hütte. » Komm später noch einmal wieder.« Als er mit Boxer alleine war, zog Lee die Schultern hoch. Er kramte ein Stück Tabak aus dem Beutel an seinem Gürtel. » Der Junge denkt, er sei allein auf der Welt, und alle von seinem Blut seien tot, außer seinem Vater und dem Jungen, Angus.« Er stopfte seine Pfeife mit dem Tabak, steckte sie sich zwischen seine restlichen Zähne und blickte Boxer an. » Aber das stimmt gar nicht. Es gibt noch jemanden.« Er seufzte schwer. » Es gibt immer noch jemanden.«
    Boxers breite Stirn hob sich, als er die Augen aufriss.

Winter 1989
    Wangallon Station
    Der Landcruiser holperte über die Weide. Matt schien es nichts auszumachen, aber Sarah klammerte sich am Armaturenbrett fest, als das Fahrzeug zielsicher jedes einzelne Schlagloch traf. Der Tau löste sich gerade erst auf, und silbrige Spinnweben bedeckten das Gras. Unter den Grasbüscheln war die Erde fast nackt. Wegen des Mangels an Regen gab es weder Klee noch Kräuter, Winterfutter, das sowohl Rinder als auch Schafe schätzten. Vögel hockten auf den Ästen der wenigen Bäume. Kakadus mit silberner Haube wetteiferten mit dem leuchtenden roten und blauen Gefieder von Papageien, und kleine Buschsittiche jagten nach Insekten. Trotz der Trockenheit musste Sarah unwillkürlich lächeln.

Weitere Kostenlose Bücher