Im fernen Tal der Hoffnung
nie in ihr Land gekommen. Und keiner von ihnen hatte je geglaubt, dass er Land in Australien erben würde.
» Angus Gordon selbst hat dir das Land vermacht«, sagte Robert Macken und kaute auf dem Mundstück seiner Pfeife.
Jim blätterte erneut das Dokument durch. » Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du es mir erst jetzt erzählt hast.«
» Ich musste es doch erst überprüfen lassen, das habe ich dir doch gesagt, Junge, und es ist eine Klausel im Testament, die uns bis nächsten Monat Zeit lässt, um zu antworten. Ich wollte nicht so lange warten, aber deine Mutter bestand darauf. Sie wollte nichts überstürzen. Wir wollen doch schlieÃlich auch nur das Beste für dich«, erklärte sein Vater.
» Wirklich?« Normalerweise würde er sich jetzt mit seinem Vater streiten. Sie hatten sich immer nur gestritten, und die Vergangenheit zwischen Vater und Sohn ist schwer zu überwinden, ob sie nun gut oder schlecht ist. Aber ihre Beziehung hatte sich jetzt verändert. Seit drei Wochen wusste er, dass Robert nicht sein leiblicher Vater war, und obwohl seine Mutter mit ihm schwanger gewesen war, als seine Eltern geheiratet hatten, brachte die Enthüllung, dass Jims Vater ein anderer war, ihr beschauliches, zufriedenes Leben durcheinander.
» Was ist das denn für eine Frage?«
Für Jim lag sie jedoch auf der Hand, zumal er genau wusste, was seiner Mutter lieber wäre. Sie würde lieber zusehen, wie er in Armut lebte, statt ihn nach Australien ziehen zu lassen. Was seinen Vater anging, seinen schottischen Vater, wie er ihn jetzt im Stillen nannte, der Mann, bei dem er aufgewachsen war, so begann er zu sehen, was Stolz gemischt mit ein wenig Rache anrichten konnte.
» Du schuldest ihnen nichts, Junge. Denk an das Geld.«
Seine Mutter betrat das Zimmer mit einem weiÃen Plastiktablett. Das Geschirr klapperte, als sie die Tassen auf den Tisch stellte. Ihre Wangen waren leicht gerötet, als sie sich auf den Schaukelstuhl setzte, der ihrer eigenen Mutter gehört hatte. Anscheinend hatte sie in der Küche schon mehr als nur einen Schluck Whisky zu sich genommen.
» Es reicht doch, dass Jim anerkannt worden ist.« Vorsichtig blies sie in ihren dampfenden Tee. » AuÃerdem ist es Jims Entscheidung«, fuhr sie leise fort.
Robert schnaubte und paffte heftig an seiner Pfeife. » Das ist ein Testament, Frau. Da gibt es nichts zu entscheiden. Ich weiÃ, dass wir alle damit zurechtkommen mussten«, er nickte seinem Sohn zu, » aber jetzt haben wir lange genug gewartet. Es ist nicht fair ihnen gegenüberâ und auch uns gegenüber nicht. Das ist viel Geld. Die ganze Familie könnte davon profitieren.«
» Und wären wir dann glücklicher, Robert Macken? Wie oft hast du hier an diesem Tisch gesessen und Jim gesagt, er soll nicht mehr anstreben, sondern sich mit seinem Leben zufriedengeben.« Sie hob den Finger, als er sie unterbrechen wollte. » Und ich habe dir zugestimmt. Wir haben zu essen, ein Dach über dem Kopf, und wir sind umgeben von Dingen, die uns etwas bedeuten. Die Familie, das Haus, in dem ich leben und sterben werde, Rinder, der Duft von Torfâ¦
Robert trank seinen Tee aus. » Das ist doch Blödsinn, Frau. Dein Sohn ist ein Abkömmling des Gordon-Clans. Er hat ein Recht auf sein Erbe. Wie kannst du als Mutter ihn im Ernst auffordern, es auszuschlagen?« Er schwenkte das Schreiben in der Luft. Das dicke cremefarbene Papier knisterte.
» Das Geld gehört dir nicht, Jim.« Seine Mutter trank einen Schluck Tee.
Jim staunte darüber, wie eine so arme Frau die Chance zum Reichtum ausschlagen konnte.
» Unsinn.« Robert faltete den Brief vorsichtig und legte ihn auf den schmalen Kaminsims.
Ein Teil von Jim wünschte sich, Sarah Gordon wäre nie in sein Land gekommen, weil sie nur durch ihre zufällige Bekanntschaft erfahren hatten, dass sie miteinander verwandt waren. Es war alles zu viel für ihn; die unberechenbare Mutter, der Vater, der nicht sein Vater war, und der Inhalt von Angus Gordons Testament. Jim hörte zu, wie Robert und seine Mutter sich stritten. Es ging gar nicht mehr um das Testament, für seine Mutter ging es um eine verlorene Liebe und für seinen Vater um die Ressentiments, die er hegte.
» Denk an das Geld, Jim. Es steht dir zu«, sagte Robert und schüttete den heiÃen Tee herunter, als sei seine Mundhöhle mit Asbest
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