Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
nicht. Mit jedem Stück war eine Erinnerung verbunden, die mir das Herz zerriss. Wie warm Vlads Finger sich angefühlt hatten, als er mir das Armband aus Rubinen und Diamanten übers Handgelenk gestreift hatte. Die prächtigen Aquamarinohrringe würden zu meiner Augenfarbe passen, hatte er gesagt. Seine Lippen auf meiner Kehle, als er mir das schwarze Diamantcollier umgelegt hatte. Dann der antik aussehende Goldring mit dem Drachenemblem …
Ich erstarrte und hielt den Ring fest, statt ihn auf den Tisch zu legen. Warum hatte Vlad ihn zu den übrigen Sachen gepackt? Edgar schien meinen Schrecken nicht zu bemerken. Er war zu sehr damit beschäftigt, die anderen Schmuckstücke unter die Lupe zu nehmen.
»Steine lupenrein … exzellent in Ausführung und Design … höchster Gold- und Platinanteil.« Die Lupe noch immer vor ein Auge haltend, sah er zu mir auf. »Wer er auch war, du hättest ihn dir noch ein bisschen warmhalten sollen.«
»Es gibt Dinge, die wichtiger sind als Geld«, sagte ich, noch immer ganz aufgeregt über meinen Fund. Vlad zufolge besaßen nur Mitglieder seiner Sippe solche Schmuckstücke. Hatte einer seiner Bediensteten den Ring versehentlich zu den anderen Sachen gelegt? Oder war das Vlads Art, mir zu sagen, dass sein Angebot, mich zu verwandeln, noch stand?
Irgendwann bemerkte Edgar, dass ich noch etwas in der Hand hielt. »Was hast du denn da?«
»Nichts.« Den Ring würde er nicht bekommen. Eher würde ich in der Gosse verhungern.
Er grinste. »Willst mir wohl den Mund wässrig machen, was? Netter Versuch, aber ich kenn wirklich jeden Trick …«
Ein ohrenbetäubendes Donnern schnitt ihm das Wort ab. Dann erbebte der ganze Wohnwagen, und die Fenster barsten. Mir blieb keine Zeit aufzuschreien, bevor eine Feuerwand uns beide verschluckte.
7
»Wir haben eine Überlebende!«
Ich wünschte mir, ich hätte die Stimme nicht gehört. Dann hätte ich auch den Schmerz nicht gespürt, der einsetzte, sobald mein Bewusstsein erbarmungslos zurückkehrte. Außerdem lag etwas so Schweres auf mir, dass mir das Atmen wehtat. Kaum hatte ich Luft geholt, bereute ich es auch schon, als mir der Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase stieg.
Aber so richtig bereute ich, dass ich die Augen geöffnet hatte. Ein geschwärzter Schädel in einem gruselig bleichen Umhang war das Erste, was ich sah. Die Gestalt war auf mich gefallen und zerquetschte mir die Glieder, sodass scharfer Schmerz meinen Körper durchzuckte. Der Schrei, den ich ausstoßen wollte, geriet zu einem erstickten Keuchen.
»Nicht bewegen«, wies eine eindringliche Stimme mich an.
Ich verrenkte den Hals, so weit ich konnte. Rechts hinter dem Schädel unter dem faltigen Mantel stand ein behelmter Feuerwehrmann.
»Wir schaffen Sie hier raus«, fuhr er fort, die Stimme gedämpft von seiner Atemmaske. »Nicht bewegen.«
Das konnte ich sowieso nicht. Meine Augen brannten, doch nachdem ich ein paarmal angestrengt geblinzelt hatte, erkannte ich, dass es sich bei dem, was den Schädel umhüllte, gar nicht um einen Mantel handelte. Das Material war zu dick und hart, wie Plastik …
Meine Verwirrung verflog augenblicklich. Kein Plastik. Es war der weiße Acryl-Esstisch, der während der Explosion zwischen Edgar und mir gestanden hatte, was bedeutete, dass der verkohlte Schädel ihm gehörte. Das Feuer war offenbar so heiß gewesen, dass der Tisch zu einem grausigen Leichentuch zerschmolzen war.
»Was ist passiert?«, presste ich hervor. »Ist noch jemand verletzt?«
Der Feuerwehrmann antwortete nicht. Ich fragte ihn noch einmal, bekam aber lediglich eine Sauerstoffmaske aufs Gesicht gedrückt. Dann brach Hektik los. Weitere Feuerwehrleute trafen ein und versuchten, den Schutt über mir wegzuräumen.
»Sieht aus, als wäre sie in die Möbel ein geschmolzen«, murmelte einer mit deutlichem Unglauben in der Stimme. »Wie hat sie das überlebt?«
Ich kannte die Antwort, doch im Augenblick hatte ich wirklich andere Sorgen. Marty und Dawn waren nach ihrer letzten Nummer bestimmt zum Wohnwagen zurückgegangen. Der war nur ein paar Stellplätze entfernt. Was, wenn die Explosion auch sie erreicht hatte?
»Mein Freund ist kleinwüchsig«, sagte ich, sosehr mir das Sprechen auch wehtat. »Sein Wohnwagen ist ganz in der Nähe. Hat jemand ihn gesehen?«
Keine Antwort, doch die Feuerwehrleute tauschten mitleidige Blicke aus. Dann erinnerte ich mich an die Worte, die ich gehört hatte, als ich zu mir gekommen war. Wir haben eine Überlebende! Furcht
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