Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
Kommst du freiwillig mit, lasse ich ihn am Leben.«
»Hör nicht auf ihn«, stieß Maximus hervor.
Ich sah ihn nicht an, denn dann hätte ich den Fremden aus den Augen lassen müssen; ein Fehler, den ich nicht machen würde.
»Und warum sollte ich dir trauen?«, erkundigte ich mich voller Sarkasmus.
Die Augen des Mannes blitzten grün auf. »Weil ich mein bestes Druckmittel gegen dich nicht verlieren will.«
Dieser eine Satz sprach Bände. Wer auch immer der Fremde war, dumm war er nicht. Und er war auch keiner von Vlads Leuten. Vlad hätte nie versucht, Maximus als Druckmittel gegen mich einzusetzen. Er hätte gewusst, dass das sinnlos war, weil er mir ja bereits angekündigt hatte, dass er ihn umbringen wollte.
In der Ferne heulten Sirenen. Der Fremde seufzte. »Die Zeit ist um, Vögelchen. Wie lautet deine Entscheidung?«
Meine Hand schmerzte, so heftig pulsierte der Strom darin, aber ich ließ sie ganz langsam sinken. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Maximus fluchte zwischen abgehackten Stöhnlauten. Der Fremde lächelte.
»Ich habe schon gehört, dass du schlau bist. Hoffen wir, dein Freund ist es auch.«
Etwas Hartes traf mich an der Brust. Ich sah an mir herab und erkannte etwas, das aussah wie ein aus mir herausragender Dartpfeil. Als ich den Blick wieder auf den Fremden richtete, konnte ich schon nur noch verschwommen sehen, und meine Beine fühlten sich an wie Pudding.
»Nimm auf jeden Fall ihre Handschuhe mit«, war das Letzte, was ich hörte, bevor mir schwarz vor Augen wurde.
14
Als ich zu mir kam, öffnete ich weder die Augen, noch veränderte ich meinen Atemrhythmus. Stattdessen peilte ich die Lage, während ich vorgab, noch ohnmächtig zu sein. Kopfschmerzen, keine Überraschung, aber ansonsten ging es mir ganz gut. Meine Arme waren hinter dem Rücken gefesselt. Das dicke Material, in dem meine Hände steckten, waren Handschuhe, das enge um meine Hand- und Fußgelenke Fesseln. Störender war der Knebel im Mund, selbstredend.
Ich wandte mich der Umgebung zu. Das Geschaukel musste von Wellen herrühren, was bedeutete, dass ich mich auf einem Schiff befand. Dem Klang der Stimmen nach hielten sich ein paar der Typen, die mich gefangen genommen hatten, an Deck auf, einer war allerdings bei mir. Er sagte zwar kein Wort, doch durch Jahre des Zusammenlebens mit einem Vampir hatte ich Übung darin, die kaum hörbaren Laute wahrzunehmen, die sie von sich gaben.
Als ich die Augen öffnete, fiel mein Blick direkt auf den schwarzhaarigen Vampir mir gegenüber. Ein Blinzeln war das einzige Zeichen der Verwunderung, das er erkennen ließ.
»Hätte nicht gedacht, dass du schon so bald wieder zu dir kommst«, sagte er gedehnt.
Ich blickte auf den Knebel und zog die Brauen hoch.
Er verstand die stumme Botschaft. »Muss ich dir erst sagen, dass Schreien zwecklos ist?«
Ich verdrehte die Augen. Hatten wir heute Anfängertag? Er lächelte, bevor er sich vom Bett erhob. »Dachte ich’s mir doch.«
In der kurzen Zeit, die er brauchte, um den Raum zu durchqueren und meinen Knebel zu lösen, versuchte ich mir, so gut es ging, ein Bild von ihm zu machen. Der Vampir sah etwa so alt aus wie ich, doch seiner narbenfreien Haut, den kurzen Haaren, dem glatt rasierten Gesicht und seiner durchschnittlichen Statur nach zu urteilen, konnte er höchstens hundert Vampirjahre alt sein. Ältere Blutsauger hatten meist vernarbte Gesichter und keinen Sinn für trendige Haarschnitte. Am verräterischsten aber war sein Blick. In den Augen wirklich alter Vampire lag so eine Art … Gewicht, als hätten die vielen Jahrhunderte eine greifbare Schwere hinterlassen. Meinem namenlosen Kerkermeister fehlte diese Besonderheit, und wenn ich Glück hatte, auch allen anderen auf diesem Schiff.
Junge Vampire waren leichter umzulegen.
»Wasser«, sagte ich, als er mir den Knebel entfernt hatte. Durch ihn und das Barbiturat, das man mir verabreicht hatte, war mein Mund so trocken, dass meine Zunge sich anfühlte wie eine zusammengeknüllte Socke.
Der Vampir verschwand und kam mit einer Dose Cola zurück. Ich schluckte gierig, als er sie mir an die Lippen hielt, was zur Folge hatte, dass ich am Ende einen herzhaften Rülpser hören ließ. Wenn mein Bewacher ihn direkt ins Gesicht bekam, war das nicht meine Schuld. Ich war gefesselt.
»Reizend«, meinte der Vampir trocken.
»Der Sinn für Artigkeiten ist mir abhandengekommen, als ihr meinen Freund mit flüssigem Silber beschossen habt«, antwortete ich mit ruhiger Stimme.
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