Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
den die Explosion ausgelöst hatte, gefangen. In dieser kurzen Zeit konnte Shrapnel das Steuer nach links reißen und unseren mit Vollgas dahinrasenden Wagen auf die Leitplanke zusteuern, bevor er sich mit einem Sprung durch die Tür rettete.
Gretchens Schrei, als wir über die Felskante flogen, war das Letzte, was ich hörte, bevor alles um mich herum schwarz wurde.
Blut.
Sein Geschmack erfüllte meinen Mund, und sein kupfriger Geruch lag in der Luft. Ich schluckte in der Erwartung, dass meine Schmerzen vergehen würde, aber das taten sie nicht. Da wurde mir klar, dass ich kein heilendes Vampirblut schluckte. Es war mein eigenes.
Ich zwang mich, die Augen zu öffnen, obwohl es sich anfühlte, als hätten Rasierklingen meine Lider ersetzt. Was ich dann sah, ließ mich den Schmerz vergessen. Gretchen hing in ihrem Sicherheitsgurt über mir; ihr schwarzes Haar verdeckte ihr Gesicht, während rote Flüssigkeit auf das zerschmetterte Glas tropfte, das mich umgab. Auch Sandra hing noch in ihrem Gurt, aber sie blutete stärker. Zwischen uns befand sich zu allem Unglück ein dicker Ast mit blutbespritzten Blättern.
Warum sind wir nicht tot?, war mein erster Gedanke, sofort gefolgt von: Wo ist Shrapnel? Ich setzte mich auf und versuchte, nicht vor Schmerz aufzuschreien. Ein Blick in den vorderen Bereich der Limousine zeigte, dass der Fahrersitz leer war. Nicht so der Beifahrersitz. Oscars bleiches Gesicht war in einem Ausdruck des Entsetzens erstarrt, den nicht einmal seine rasch verdorrende Haut auslöschen konnte. Auch er hing mit dem Kopf nach unten im Sicherheitsgurt der umgekippten Limousine, und das Heft eines Silbermessers ragte ihm aus der Brust.
Ruckartig griff ich nach dem Messer, woraufhin sofort wieder sengend heißer Schmerz durch meinen Körper jagte. Anscheinend waren meine Rippen, das Schlüsselbein und der linke Arm gebrochen, und von dem ganzen zerbrochenen Glas hatte ich unzählige Schnittwunden davongetragen. Aber ich hatte trotzdem Glück gehabt. Ohne die Seiten- und Vorderairbags wäre ich tot gewesen. Meinen Sicherheitsgurt hatte ich gelöst, um nach Sandra greifen zu können, falls sie irgendwelche krummen Dinger versuchte. Ich hatte ja nicht gewusst, dass die Gefahr gar nicht vom Fond der Limousine, sondern von den Vordersitzen ausging.
Keuchend vor Schmerz hievte ich mich über das zerbröckelte Fensterglas hinweg in den vorderen Bereich des Wagens. Durch die zerschmetterte Windschutzscheibe sah ich, dass ein Baum unseren Sturz in den Abgrund verhindert hatte. Soweit die guten Nachrichten. Besorgniserregend war das orangefarbene Flackern unter der Motorhaube.
Ich riss gerade das Messer aus Oscars Körper, weil ich Gretchen und Sandra damit aus ihren Gurten befreien wollte, als ein Geräusch mich erstarren ließ. Da kam jemand, und ich war nicht so naiv zu glauben, dass es Retter waren.
Ich leckte so schnell das blutige Messer ab, dass ich mir die Zunge ritzte, doch bevor der Schmerz richtig zu mir durchdringen konnte, war er auch schon wieder verschwunden. In den wenigen Augenblicken, die ich brauchte, um auch die andere Seite der Klinge abzulecken, ging es mir bereits viel besser. Während Shrapnel die Beifahrertür aufriss, kauerte ich vor Gretchen und Sandra, das Messer in einer Hand, die andere elektrisch knisternd. Sofort machte er einen Satz rückwärts, auf einen Angriff von mir gefasst.
»Warum?«, fauchte ich.
Sein Hemd und seine Jacke waren halb zerfetzt, und eine blutige Wunde zeigte an, wo meine Elektropeitsche ihn getroffen hatte. Die üble Verletzung hatte ihn aber nicht umgebracht. Sie hatte ihn nur ausgebremst, bis er wieder fit genug war, um zurückzukommen und seinen Job zu Ende zu bringen.
»Weil du es jetzt weißt«, sagte er mit strenger Stimme.
»Ich meine nicht das hier«, sagte ich und deutete mit einem Kopfrucken auf das Autowrack. »Warum hast du Vlad hintergangen?«
»Das wollte ich nicht.«
Jetzt war seine Stimme beinahe ein Flüstern. Verzweiflung huschte über seine mokkafarbenen Züge, gefolgt von müder Entschlossenheit.
»Das hätte alles nicht passieren sollen. Glaubst du, ich hätte meine Freunde in diesem Wagen umbringen wollen? Nicht einmal dich will ich umbringen, aber ich habe keine Wahl.«
Ich hob die rechte Hand höher. »Wenn du dich auch nur rührst, haue ich dich in Stücke, diesmal aber im Ernst.«
Im Augenblick war er noch zu weit weg, aber wenn er näher kam, konnte ich es noch mal versuchen. Weil der Abhang so steil war, wagte ich
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