Im Feuer der Nacht
und sie war seine einzige Freundin. Doch nun war er Teil eines Rudels, und sie war eine Außenseiterin. „Das freut mich für dich“, flüsterte sie, obwohl hässliche Eifersucht in ihr die Zähne fletschte. „Muss ein schönes Gefühl sein.“
„Iss“, knurrte er anstelle einer Antwort.
Das tat sie, leerte ihren Teller schneller, als sie gedacht hatte. Der Muffin schmeckte köstlich. „Tamsyn ist eine gute Köchin.“
„Und du?“
Überrascht gab sie ihm eine ehrliche Antwort. „Eigenwillig, aber ich koche gerne. Hab ich mit Pa Larkspur gemacht.“
„ Pa Larkspur?“
Sie lächelte. „Sei nicht albern. Er ist der beste Koch im Bezirk. Bei den Picknick-Versteigerungen bringen seine Körbe immer am meisten ein.“
„Himmel. Picknick-Körbe? Wie ländlich ist dieses Nest eigentlich?“
„Sehr.“ Der entsetzte Ausdruck auf seinem Gesicht brachte sie erneut zum Lachen. „Du lebst in einem Baumhaus, Clay. Du solltest nicht mit Steinen werfen.“
„Ich nehme an, die Kornfelder bieten etwas Schutz“, brummte er. „Aber man kann weder klettern noch ein Versteck bauen. Es sei denn, man errichtet ein Haus.“ Ihn schauderte beinahe bei der Vorstellung.
Sie hatte die Farm nie mit den Augen eines Raubtiers gesehen. „Stimmt schon. Aber eine Sache hätte dir doch gefallen.“
Er hob eine Augenbraue.
„Es gibt Höhlen.“ Als Teenager hatte sie viel Zeit in ihnen verbracht, hatte auf diese Weise der Liebe der Larkspurs entkommen können. Sie hatte keine Widerworte gegeben, keinen Ärger zu Hause gemacht. Sie war einfach dorthin verschwunden, wo man sie nicht finden und ihr auch nicht wehtun konnte. „Sie sind so tief in der Erde, dass es die Bewirtschaftung der Felder nicht beeinträchtigt, aber die ganze Gegend ist untertunnelt.“
Ein Funken Interesse zeigte sich in den dunkelgrünen Augen. „Gibt es Karten davon?“
„Als ich für ein Schulprojekt nachgeforscht habe, habe ich nichts gefunden“, sagte sie. „Aber es muss welche geben.“
Clay legte einen Arm auf den Tisch. „Wie kommst du darauf?“
Sie beugte sich vor. „Weil ich sicher bin, dass diese Höhlen künstlichen Ursprungs sind. An manchen Stellen gibt es beinahe richtige Tunnel.“
Aus Interesse wurde Neugier, die grünen Augen leuchteten auf. „Gibt es viele Gestaltwandler in diesem Städtchen?“
Sie wusste, worauf er hinauswollte, und schüttelte den Kopf. „Einen kleinen Pferdeclan und Eulen– nur wenige, aber nicht sehr dominant. Sie haben mich immer zur Anführerin gewählt, wenn wir im Sport Mannschaften gebildet haben.“ Und sie war keine herausragende Sportlerin gewesen.
„Du bist eine starke Persönlichkeit“, sagte er. „Die meisten Gestaltwandler würden dich für dominant halten, und für Raubtiere ist immer der Charakter entscheidend. Deine Eulenkameraden müssen gewusst haben, dass du härter bist als sie.“
„Hm.“ Einen Sinn ergab das schon. Die Eulen waren Stipendiaten aus einer netten Familie gewesen. Sie dagegen war ein schwerer Fall. „Na egal, jedenfalls können weder die Eulen noch die Pferde die Höhlen gebaut haben. Sie mögen es nicht, eingeschlossen zu sein.“
„Eben.“
„Ja.“
„Keine Schlangen?“
Sie hätte fast den Kaffee ausgespuckt. „Es gibt Gestaltwandlerschlangen?“
„Warum denn nicht?“ Er goss ihr nach. „Es sind nicht viele, aber sie sind dennoch vorhanden.“
„Glaubst du, ein Haufen Schlangen hätte die Höhlen gegraben?“ Sie schauderte, als sie daran dachte, wie oft sie allein in diesen Höhlen gewesen war.
„Gestaltwandlerschlangen, Talin.“ Es klang wie eine Rüge. „Sie sind nicht mehr und nicht weniger Tier als ich.“
Sie biss sich auf die Unterlippe und kam sich vor wie eine Fünfjährige. Aber Clay musste sie die Wahrheit sagen. „Ich kann mir nicht helfen. Leoparden sind schön und gefährlich, aber Schlangen sind gruselig.“
„Dem würden die Gestaltwandlerschlangen wahrscheinlich widersprechen.“ Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, ein zufriedenes Raubtier in seinem Revier.
Sie spürte seinen Fuß besitzergreifend an ihrem Stuhl. Aber sie wollte ihn nicht zurechtweisen, es gefiel ihr zu gut. „Wie sind sie in menschlicher Gestalt?“ Sie rümpfte die Nase, als er sie finster ansah. „Du weißt doch, was ich meine. Dein Gang ist anmutig wie der einer Katze. Wie macht sich bei ihnen das Tier bemerkbar?“
Seine Mundwinkel zuckten wieder, volle Lippen, verführerisch. „Du findest mich anmutig, Tally?“
„Gleich werde ich
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