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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh , Nailini
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antwortete ihm.
    „Was sind Sie nur für Bestien!“ Er hatte cool bleiben wollen, aber verdammt noch mal, bei manchen Dingen ging das einfach nicht, jedenfalls nicht, wenn man ein Mensch war.
    Blue drehte sich nach ihm um, und ihm wurde klar, dass sie nicht im Entferntesten ein Mensch war. „Wir sind die Bestien, die dir Albträume bescheren.“ Sie öffnete eine Tür. „Tritt ein.“
     
    19
    Clay nickte dem Ladenbesitzer zu und ging dann wieder zurück zu Nate, der an einer Straßenlaterne auf ihn wartete. „Gute Arbeit von Tally. Der Typ hat bestätigt, dass er Jon gesehen hat. Er erinnert sich an ihn.“
    „Wer würde das nicht tun?“ Nate sah auf das holografische Bild, das Talin aus ihrer Wohnung gerettet hatte. „Er ist sogar noch hübscher als Dorian.“
    Das stimmte. Er sah fraglos männlich aus, war aber auch hübsch genug für den Laufsteg. „So ein Junge auf der Straße–“ Clays Magen zog sich zusammen, und er fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Könnte sein, dass wir in der falschen Richtung suchen.“
    „Klar, ist mir auch durch den Kopf gegangen, deshalb habe ich mich auf der Straße umgehört.“ Nate zeigte auf das durch die langen weißblonden Haare halb verdeckte Spinnennetztattoo auf Jons Nacken. „Die Schleicher sind keine Spielzeug-Gang. Wenn der Junge in der Gang überlebt hat, muss er Mut und Grips haben. Der könnte Bankräuber werden, aber kein Callboy.“
    Clay spürte dieselbe angeekelte Wut in sich, die sich auch auf Nates Gesicht zeigte. Den DarkRiver-Leoparden gingen Kinder über alles. Sie würden für die Jungen ihr Leben geben, aber keiner der Männer war ein Romantiker. Clay wusste aus eigener bitterer Erfahrung, dass selbst Gestaltwandler manchmal fehlten, genauso wie Menschen. Wie Max gesagt hatte, war es eine Ironie des Schicksals, dass anscheinend die kalten, gnadenlosen Medialen am besten für ihre Kinder sorgten– wenn man von der gewaltsamen Anwendung von Silentium einmal absah. Es gab keine Straßenkinder, keine Waisen und keine Prostituierten bei den Medialen.
    Clay sah die Straße hinunter. An allen Ecken hingen Jugendliche herum, grinsten und stellten angeberisches Gehabe zur Schau, obwohl sie doch eigentlich in der Schule hätten sein sollen. „Hätte nie gedacht, dass ich mal so was sage, aber zumindest eine Sache machen die Medialen gut.“
    „Klar“, stimmte Nate zu, als die Jugendlichen ihnen argwöhnische Blicke zuwarfen und sich zerstreuten. „Ihre Kinder sehen wir nie solchen Scheiß machen. Aber wir sehen auch nur, was der Rat uns sehen lässt. Vielleicht löschen sie die Fehler einfach nur aus.“
    „Da hast du wahrscheinlich recht. Zum Teufel, sie haben ja auch Sascha für einen Fehler gehalten.“ Obwohl er sich von Sascha und ihrer viel zu viel sehenden Gabe fernhielt, wusste Clay doch, dass sie gut war und dieser Welt etwas Wertvolles gab.
    „Ja.“ Nate seufzte laut. „Was hältst du davon, wenn ich allen Bescheid sage, dass wir Jon suchen? Unser Netzwerk in den hiesigen Geschäften ist gut.“
    Clay nickte. Die Menschen und Gestaltwandler in den Läden halfen den Leoparden im Gegenzug für deren Schutz. Im Laufe der Zeit hatten die DarkRiver-Leoparden so weit für Ordnung gesorgt, dass sich in ihrem Territorium keine größeren Bandentätigkeiten entwickelten, und aus der früheren Notwendigkeit waren gemeinsame Interessen entstanden. „Ich werde inzwischen in die Unterwelt hinabsteigen.“
    Nate verzog das Gesicht. „Da kriege ich Gänsehaut. Viel Spaß!“
    Die „Unterwelt“ war tatsächlich unterirdisch. Nach einer kurzen Verzögerung, weil er sich noch um einen hartnäckigen Plagegeist kümmern musste, fand Clay schließlich eine unbelebte Seitenstraße, hob die alte Schachtabdeckung ab und ließ sich in den engen Gang fallen, der in die verfallenen Überreste der ungenutzten U-Bahn-Tunnel führte. Vor hundertzwanzig Jahren waren diese Tunnel und die darin fahrenden Züge auf dem neusten Stand der Technologie gewesen. Dann hatte es Ende des zwanzigsten Jahrhunderts seismografische Erschütterungen gegeben, und man musste sich nach anderen, sichereren Methoden der Fortbewegung umsehen. Die gut in Schuss gehaltenen und übersichtlich angelegten Hochstraßen der Stadt hatten die U-Bahnen überflüssig gemacht.
    Wegen des Staubs musste Clay husten, er zog die Abdeckung wieder über das Loch über sich. Zum Glück hatte er Katzenaugen und konnte in der pechschwarzen Dunkelheit sehen. Tally würde diesen Ort hassen, dachte er.

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