Im Feuer der Smaragde
sie nicht bezahlen, also habe ich…« »Du hast was?«, fragte er und beugte sich drohend vor.
»Du hast was getan?« »…was ich tun musste. Um Geld zu sparen, habe ich sie entlassen.« Jessie atmete erleichtert aus, als hätte sie endlich eine Last abgeworfen. »Es tut mir so Leid, Kit, ich glaube, das hat sie wohl so durcheinander gebracht, deshalb…« Ihre Stimme ging in Weinen über.
Er war fassungslos. Er starrte sie an, kämpfte mit der Vorstellung, was Polly angesichts ihrer Entlassung empfunden haben musste.
»Ich habe gesagt, ich würde ihr ein hervorragendes
Zeugnis ausstellen«, fügte Jessie kläglich hinzu.
Kit verzog das Gesicht. »Du hast sie wegen der paar Shilling, die sie im Jahr bekam, entlassen? Sie bekam weniger, als du für zwei Taschentücher ausgibst! Weniger als euresgleichen sonntags in den Klingelbeutel wirft!«
Er schüttelte den Kopf. »Und du hast sie allein gelassen mit dem Gedanken, wieder ins Gefängnis zu müssen? Wusstest du denn nicht, dass den Leuten, die, egal aus welchen Gründen, zurückgeschickt werden, eine schwere Strafe droht? Ausgerechnet Polly, die keiner Fliege etwas zuleide tat. Was hattest du denn gegen sie?«
Jessie begann wieder zu weinen. »Schrei mich bitte nicht an, Kit. Es tut mir so Leid, du hast ja keine Ahnung, wie furchtbar das alles für mich gewesen ist. Deine Farm! Ich werde es mir nie verzeihen…« »Vergiss die Farm«, tobte er. »Die Frau ist tot. Und du wolltest ihr ein Zeugnis ausstellen? Allmächtiger Gott! Wir sind hier nicht in der feinen Gesellschaft von Sydney, du dummes Ding. Ein Zeugnis wäre nichts als ein grausamer Scherz gewesen. Und nun sitzt du hier und heulst. Um wen? Tut es dir Leid um Polly oder um dich selbst? Wohl eher Letzteres!«
Er stand auf und ging zur Tür. Als er den Knauf drehte, schien seine ganze Welt in sich zusammenzustürzen. Er schaute sie verbittert an, wollte schon sagen: »Und das ganze Unglück wegen dem bisschen Geld!«, brachte es letztlich aber nicht über sich. Es war schlimm genug für Jessie, dass sie es wusste.
Als sie schließlich ihr Schluchzen unter Kontrolle hatte,
wusch Jessie sich das Gesicht und kämmte sich mit dem billigen Frisierset, das Adrian ihr gekauft hatte. Sie flocht ihr Haar zu einem einzigen, losen Zopf. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Kit so wütend reagieren würde. Sie hatte die Szene so oft im Kopf durchgespielt, dass sie von dem erhofften Ende überzeugt war… einer bittersüßen Versöhnung, nachdem sie ihrem Verlobten aus freien Stücken die Wahrheit gesagt und ihn um Verzeihung angefleht hatte, worauf er ihr vergab.
Stattdessen hatte er sie angebrüllt, wo sie doch ohnehin schon erschüttert war. Es würde keine Verzeihung geben und keine Hochzeit. Wie hatte sie sich so täuschen können? Andererseits war er bereit gewesen, ihr zu verzeihen, bevor sie ihm von Polly erzählt hatte. Adrian hatte sie gewarnt, doch sie hatte nicht anders gekonnt.
Jessie seufzte. Sie war ein aufrichtiger Mensch. Versuchte jedenfalls, es zu sein. Sie wusste, dass die Schuld so lange auf ihr lasten würde, bis sie sie eingestanden hatte. Nun blieb sie im Lehnstuhl sitzen, bis Adrian an die Tür klopfte.
»Wo ist Kit?«, fragte er besorgt. »Keine Ahnung. Er war wütend auf mich, richtig wütend…« »O nein, du hast ihm von Pollys Entlassung erzählt!« »Er nannte mich dumm«, sagte sie dumpf. »Das bist du auch! Himmel, Jessie, nun wird er noch wütender auf mich sein! Wohin ist er gegangen?« »Keine Ahnung.« »Was hast du jetzt vor? Ich meine, was euch beide betrifft.« »Nichts. Ich glaube nicht, dass er noch mal mit mir redet.« »Er wird sich beruhigen, es ist nur ein Streit unter
Liebenden. Und er hat im Augenblick noch einige andere Probleme.« »Das glaube ich nicht.« »In diesem Fall wirst du das nächste Schiff nach Sydney nehmen.«
Jessie zuckte zusammen. »Das werde ich nicht. Ich will nicht Mutters schadenfrohe Blicke ertragen müssen und ausgelacht werden, weil ich hergereist und dann von meinem Verlobten sitzen gelassen worden bin.« »Sei nicht so theatralisch. Er hat dich nicht sitzen lassen. Da er jedoch kein Haus hat, in dem du wohnen könntest, musst du wohl oder übel nach Hause fahren.« »Niemals!«
Kit war schon ein Stück weit die Queen Street entlangmarschiert, als ihm einfiel, dass er weder Geld noch Unterkunft besaß. Wann immer er an Emerald Downs dachte, spürte er den Schmerz. Er hatte keinen Mut für einen Neuanfang, warum also nicht
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