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Im fünften Himmel

Im fünften Himmel

Titel: Im fünften Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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bin ich nicht letzte Woche mit ihm zusammengerasselt? Letzte Woche hatte ich alles voll im Griff) , akzeptiert Jessica die hässliche Wirklichkeit und sieht sogar den Vorteil ihres kränklichen Äußeren: Es wird jeden Anflug erotischer Spannung zwischen ihnen zunichtemachen. Auch wenn sie sich bisher keinerlei Anziehung eingestanden hat. Aber Marcus ist schließlich Marcus. Der kann aus allem was Sexuelles machen, sogar aus dem Entfernen eines Zuckerstreusels von der Wange. Und er macht es noch schwieriger, Worte und Taten klug und vorsichtig zu wählen, indem er die Dreistigkeit besitzt, besser auszusehen als je zuvor.
    Außerdem ist es – wie lange? – fast zwei Jahre her, dass Jessica zum letzten Mal Sex hatte. Hat sie etwa keine Bedürfnisse? Man bedenke die eigenartigen Umstände der letzten Nummer: Sex mit dem Ex, auf alte Zeiten. Sex-Recycling ist unter volljährigen Menschen gewissen Alters nicht unüblich, darum wäre Jessicas One-Night-Stand mit Len Levy kaum des schlechten Gewissens oder der Reue wert – hätte er nicht eine Trennungshymne voller schlechten Gewissens und Reue inspiriert. Jessica hat also schon einmal gedankenlos vertrauten Versuchungen nachgegeben und sich mit erstaunlich unangenehmen Folgen herumschlagen müssen. Sie betrachtet das als Lehrgeld und wird es nicht wieder passieren lassen.
    Mit dem Lippenbalsam ist sie absichtlich nachlässig und schmiert ihn großflächig über bröckelnde Nasenflügel und ausgedörrte Lippen, in der Hoffnung, dass sie so noch weniger sexy aussieht als vorm Betreten der Toilette.
    Â»Happy Birthday to You« , singt Jessica, als sie sich das klebrige Zeug von den Fingern wäscht, und ihre Stimme hallt im plötzlich leeren, seltsam stillen Waschraum wider. Dann schaut sie das fettige Gesicht im Spiegel ernst an. » Du bist keine sechzehn mehr.«
    Kaum sind ihr die Worte über die Lippen geschlüpft, da sieht sie aus dem Augenwinkel den Münzautomaten für weibliche Hygieneprodukte, der sie auf einen weiteren Trick bringt.
    Aha! , denkt sie. Ich werde auch noch meine Tage vortäuschen.
    Das macht sie nicht zum ersten Mal. Beim ersten Mal war sie (ähem) sechzehn Jahre alt und hatte ganz andere Gründe. Im zweiten Jahr an der Highschool hatte ihre Regel ausgesetzt. Da sie noch Jungfrau und nicht sexuell aktiv war, gab es keinen Grund für Empfängnisalarm; doch ihre Mutter befürchtete, diese Regression könnte ein Symptom schlimmerer medizinischer Probleme sein. Um die Ängste ihrer Mutter zu zerstreuen, krümmte sich Jessica also alle achtundzwanzig Tage in dramatischen Krämpfen und warf demonstrativ überall im Haus (unbenutzte) Tampons in die Mülleimer. Jessica Darling war die Meryl Streep der falschen Tage.
    Jetzt haut sie lautstark mit der Faust gegen den Automaten, lässt eine Minute verstreichen, kommt dann endlich wieder aus der Toilette und sieht, dass Marcus sich nicht vom Fleck gerührt hat.
    Â»Ich hatte noch Streit mit einem Tamponautomaten«, erklärt Jessica.
    Marcus schaut verständnislos.
    Â»Ich habe gewonnen. Und gekriegt, was ich brauche. Für, du weißt schon. Meine Regel .«
    Diese unbegründete Menstruationsinfo ist für Marcus eher verwirrend als unbehaglich. Er merkt, dass Jessica irgendeine Reaktion erwartet, und er tut ihr mit einem schlichten »Okay« den Gefallen.
    Jessica antwortet mit einem theatralisch tuberkulösen Husten. »Ach ja, und ich bin erkältet«, sagt sie durch die Nase. »Ziemlich heftig. Du solltest besser Abstand halten.«
    Â»Okay«, sagt Marcus wieder und macht demonstrativ einen großen Schritt zurück.
NEUNZEHN
    Sie gehen weiter, Ziel unbestimmt.
    Â»Ich habe meinen Flug verpasst«, erklärt Jessica und achtet darauf, weiter durch die Nase zu sprechen. »In so ungefähr zwei Stunden erfahre ich, ob ich noch einen Platz in einem anderen Flugzeug kriegen kann.« Sie hält inne. »Moment mal – was machst du eigentlich hier? Müsstest du nicht in der Uni sein?«
    Marcus zögert keine Sekunde. »Ich habe keine Seminare mehr; jetzt ist Lesephase vorm Abschlussexamen.« Er erklärt weiter, dass Princeton immer noch nach dem alten System verfährt, die Prüfungen nach den Winterferien abzuhalten. »Ich habe bloß eine schriftliche Prüfung, und die ist erst nächste Woche. Ich muss also im Moment nicht auf dem Campus

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