Im Funkloch
gespannt.«
Lucas nickt zweimal abgehackt. Dann hebt er den Kopf, steckt Daumen und Zeigefinger in den Mund und pfeift.
Einer der Fußballer löst sich von der Gruppe und kommt zu uns rübergerannt. Als er schnaufend vor uns stehen bleibt, erkenne ich ihn wieder. Es ist Konstantin – der Junge, dem Lucas immer wieder Geld abnimmt . . .
»Ich hab Konstantin gefragt, ob er unser Laufbursche werden will«, sagt Lucas.
Überrascht schaue ich ihn an – und begreife, dass er den armen Kerl fertigmachen will.
Lucas zaubert eine flache, breite Flasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit aus seiner Jeans. Ich erkenne die Angabe »0,2 l« in der einen Ecke des Etiketts – und »42 %« in der anderen. »Konstantin wird das trinken und dann gehört er zu uns!«, verkündet Lucas feierlich.
Marcel, Dennis und Jan klatschen und johlen. Konstantin hebt den Blick nicht vom Boden und streckt zitternd die Hand aus. Wenn er nicht mitmacht, gibt's Prügel, das weiß er auch.
Das ist Lucas' Vorstellung von Spaß, keine Frage. Konstantin ist zwölf – vielleicht dreizehn. Ein Bier würde ihn wahrscheinlich schon umhauen. Aber so eine Pulle Schnaps . . . das ist nicht lustig.
»Natürlich ist Kotzen gleich Durchfallen«, erklärt Lucas. »Und es muss hier und jetzt vor uns getrunken werden, damit wir es bezeugen können, klar?«
Konstantin atmet durch.
Lucas hält ihm feierlich die Flasche hin.
Ich reiße sie ihm aus der Hand.
Überrumpelt schaut Lucas mich an.
»Können wir kurz reden?«, frage ich.
Lucas nimmt einen Schluck Bier und funkelt mich an. »Wenn du etwas zu sagen hast, will es vielleicht die ganze Klasse wissen.«
Die anderen drei kichern. Das ist der Spruch, den Frau Herzig in ihren Vertretungsstunden immer bringt.
»Ist vielleicht keine so tolle Idee«, meine ich vorsichtig und rechne damit, dass Lucas sich auf mich stürzt und sich die Flasche zurückholt.
Aber er lehnt immer noch ganz entspannt am Geländer. »Meinst du . . .«, sagt er nachdenklich. Dann streckt er mir die Handfläche hin. »Seh ich anders.«
»Für ihn ist das vielleicht etwas viel«, sage ich.
»Ich schaff das schon«, murmelt Konstantin.
Das ist kein Spaß mehr. Wenn Konstantin das Zeug nicht verträgt, kann Schlimmeres passieren, als dass er es rauskotzt. Vielleicht kommen die Bullen – und es gibt auf dem Bolzplatz genug Jungs, die uns genau gesehen haben.
Der Verschluss knackt, als ich die Flasche öffne. Ich drehe sie um und der Schnaps fließt gluckernd raus. Als sie leer ist, lasse ich Flasche und Verschluss fallen – und stelle mich auf Lucas' Wutausbruch ein.
Auch die anderen erwarten ihn atemlos.
»Hau ab«, sagte Lucas leise in Konstantins Richtung.
Verunsichert guckt Konstantin erst Lucas an und dann mich.
»VERPISS DICH!«
Erschrocken dreht sich Konstantin um und rennt weg.
»Der wäre ins Krankenhaus gekommen«, sage ich. »Und die Bullen wären hier aufgekreuzt.«
Lucas stößt sich ab und stellt sich direkt vor mich. Ich schlucke. »Der hätte nur ein bisschen gekotzt«, meint er.
»Glaub ich nicht. Das harte Zeug hätte ihn aus den Latschen gehauen. Die hätten ihm den Magen ausgepumpt und festgestellt, was er intus hatte. Und dann wären wir dran gewesen. Keiner von uns ist achtzehn und darf so'n Zeug kaufen.« Marcel, Dennis und Jan werfen sich verunsicherte Blicke zu.
Lucas atmet tief ein und lange aus. »Ich glaube fast, du hast recht«, verkündet er schließlich und schlägt mir hart auf die Schulter. »Du denkst mit, Kumpel. Gefällt mir.«
Noch immer rechne ich mit einem Schlag. Das kann nur ein Trick sein.
Ist es aber nicht – er trinkt ganz entspannt seine Dose aus, wirft sie hoch, holt Schwung und kickt sie quer über den Platz, in Richtung der Fußballspieler.
Dann schaut er mich wieder an. »Gib mir wenigstens die Kohle für den Schnaps wieder«, fordert er.
»Wozu?«, frage ich. »Die hast du doch eh geklaut.«
Lucas grinst. »Stimmt.« Er fängt an zu lachen und die anderen lachen mit.
Nur ich nicht.
Ich beschließe in diesem Moment, mich von Lucas und diesen Hornochsen abzuseilen. Endgültig.
Keine Luft
Die Busfahrt nach Sontra dauerte nur zwanzig Minuten. In dem Ort gab es ein kleines Freibad, das aus drei Becken bestand und sogar eine ziemlich lange Rutsche hatte. Als wir ankamen, war noch nicht viel los und wir konnten uns eine große Fläche in der Nähe des Hauptbeckens sichern. Es war der perfekte Tag für einen Ausflug ins Freibad.
Als ich Tina im Bikini sah,
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