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Im Funkloch

Im Funkloch

Titel: Im Funkloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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seit fast 24 Stunden vermisst. Wir haben auf die Meldung eurer Lehrerin hin sofort die Fahndung veranlasst, aber die ist bislang ohne jeden Erfolg geblieben. Nun hat Lucas schon einige Erfahrung darin, plötzlich zu verschwinden . . . ich hab mit den Kollegen in Frankfurt telefoniert. Bislang waren es wohl nur kleinereAusreißergeschichten. Die Kollegen sagten uns außerdem, was für Dinger er sonst noch gedreht hat – zuletzt vor zwei Wochen.« Der Polizist ließ den Blick über die versammelte Menge schweifen, und ich wusste nicht, ob ich es mir einbildete oder seine Augen wirklich ein bisschen länger an mir hängen blieben. Ich wusste nicht einmal, ob Lucas' Anschuldigung damals in den Polizeibericht der Sache gelangt war.
    »Eure Lehrer haben uns erklärt, dass Lucas ein aggressiver Typ ist und auch schon von Gewalttaten und sogar Selbstmord geredet hat«, sprach er weiter. »Aber ob nun eine Gefahr für Lucas oder für andere besteht, können wir noch nicht sicher sagen. Wenn Lucas verschwunden bleibt, müssen wir in Betracht ziehen, eine ôffentlichkeitsfahndung zu beginnen. Dann würde die Fahndung bekannt gemacht und die Leute da draußen um Mithilfe gebeten. Aber wir hoffen natürlich, dass wir Lucas auch ohne diese Maßnahme finden. Und deswegen sind wir hier. Wir wollen von euch wissen, ob ihr uns irgendeinen Tipp geben könnt, wohin Lucas verschwunden sein könnte. Hat er hier in der Nähe vielleicht Freunde oder Verwandte, bei denen er unterschlüpfen könnte? Hat er vielleicht euch gegenüber etwas gesagt, wohin er mal gehen würde, wenn er durchbrennt . . . vielleicht nur scherzhaft?«
    Der Polizist ließ wieder den Blick über uns gleiten. Niemand rührte sich. Er wartete einige Sekunden lang, die sich schier endlos hinzogen. »Er kennt hier in der Gegend also niemanden?«
    Hier und da wurde ein Kopfschütteln angedeutet.
    Jemand hob seine Hand. Es war Iris. Der Polizist nickte ihr zu. »Wann bekomme ich denn mein Handy wieder?«, fragte sie.
    Zuerst sah der Polizist sie verdutzt an, aber dann verstand er. »Morgen. Wir werten noch die Fingerabdrücke darauf aus. Der Gentest des Blutes wird heute nicht mehr fertig . . . aber zumindest die Blutgruppe stimmt mit der von Lucas überein.«
    Sie wussten es also noch nicht sicher, es konnte auch das Blut von jemand anders sein. Vielleicht das von Noel . . . sollte ich den Bullen von meinem Verdacht erzählen? Nein – es würde aussehen, als wollte ich nur von mir selbst ablenken.
    »Was genau unternehmen Sie jetzt eigentlich?«, fragte Frau Herzig leise. »Wo suchen Sie, und wie . . . und . . .« Ihre Stimme verklang.
    Die Polizistin klappte ihren Block zu und steckte ihn ein. »In den meisten Fällen dieser Art ist der Jugendliche einfach nur durchgebrannt und wird an einem Bahnhof oder Flughafen gefunden. Wir haben jetzt natürlich die Überwachung von Kassel-Wilhelmshöheverstärkt. Und eine ôffentlichkeitsfahndung möchten wir erst starten, wenn es nicht anders geht, denn das sorgt für große Unruhe und viele Falschmeldungen, die erst einmal aussortiert werden müssen.«
    »Wir haben Lucas' Mutter informiert. Sie wollte sich gleich auf den Weg machen und müsste bald eintreffen.« Der Polizist schaute zu den beiden Lehrern. »Wichtig ist, dass immer jemand hier anzutreffen ist, falls Lucas wieder zurückkommt.«
    »Ja, natürlich«, murmelte Frau Herzig.
    Der Polizist wandte sich wieder zu uns. »Wenn euch irgendwas einfällt – auch Kleinigkeiten – dann geht zu euren Lehrern, sie werden uns dann anrufen. Also – auch etwas, das euch völlig unwichtig erscheint, kann für uns interessant sein. Und eins noch – von denjenigen von euch, die das Handy in der Hand hatten, möchten wir Fingerabdrücke abnehmen, um sie abzugleichen. Das machen wir nachher draußen am Wagen.«
    Die beiden Beamten schauten sich kurz an. »Das wäre es so weit«, sagte die Polizistin.
    Gemurmel und Geraschel entstand.
    »Samuel, mit dir würden wir gern noch reden«, fügte sie hinzu.
    Ich glaubte, auf meinem Platz festzufrieren.
     
    Wir gingen zu dritt in das Nebenzimmer bei der Veranda.
    Ich setzte mich auf einen der Stühle, aber die Polizisten blieben stehen. Am liebsten wäre ich sofort wieder aufgestanden, damit sie nicht so auf mich runterschauen konnten, schlug dann aber möglichst lässig die Beine übereinander.
    »Dein Lehrer hat uns gesagt, dass du Lucas als Letzter gesehen hast. Erzähl bitte mal.« Die Polizistin holte wieder ihren Block raus.
    Ich

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