Im Garten meiner Liebe - Fforde, K: Im Garten meiner Liebe - Wild Designs
als sie erkannte, dass Althea wirklich wütend und gleichzeitig bestürzt war. »Ich muss gehen und ihn begrüßen«, sagte sie eilig und entschwand.
Althea schloss sich auf der Gästetoilette ein. Dort ließ sie Wasser ins Waschbecken laufen und spritzte es in ihr feuerrotes Gesicht. Der Schweiß hatte ihr Makeup schon längst abgespült. Ihr Haar wirkte stumpf und schlaff, sie hatte Mehl auf der Wange. Ihre Schürze war schmutzig. In diesem Moment hasste sie ihre Schwester leidenschaftlicher als sie je zuvor jemanden gehasst hatte. Denn Juno hatte beinah den ganzen Tag im Bett gelegen, wenn auch mit Schmerzen, hatte dann aber ausreichend Zeit gehabt, sich schön zu machen, ehe sie zum Vorschein kam und Patrick begrüßte.
Althea hingegen hatte den Nachmittag damit zugebracht, in Junos Küche Junos Weihnachtsessen zu kochen, und hatte sich die größte Mühe gegeben, Rücksicht auf Junos zahllose Macken und Schrullen zu nehmen. Und dann, weil Juno nicht einmal den Anstand besessen hatte ihr zu gestehen, dass sie Patrick gegen Altheas ausdrücklichen Wunsch eingeladen hatte, hatte sie ihr auch noch eingebrockt, ihm in diesem Aschenbrödelaufzug gegenübertreten zu müssen. Althea wollte schreien und toben und ins Esszimmer stürzen, den liebevoll gedeckten Tisch umstoßen und Junos kostbare, zusammenpassende Teller in tausend Stücke zerspringen sehen.
Aber das konnte sie natürlich nicht tun. Sie war eine erwachsene Frau. Ihre Kinder waren hier, ihre Eltern waren hier, sie musste die Perfekte Mutter und die Perfekte Tochter sein, ganz zu schweigen von der Perfekten Schwester.
Da ihr also versagt war, all diese befriedigenden Aggressionsventile zu nutzen, durchwühlte sie den kleinen Spiegelschrank, bis sie schließlich ein Fläschchen Rescue Tropfen fand, ein homöopathisches Allheilmittel, das besonders gegen Schock und Stress half. Sie erwog für einen Moment, die ganze Flasche in einem Zug zu leeren. Es war ein rein pflanzliches Mittel, die verschiedenen Pflanzenextrakte minimal dosiert, es konnte keinen Schaden anrichten. Aber dann dachte sie, dass sie es später vielleicht ebenso nötig haben würde, und begnügte sich mit einigen wenigen Tropfen, die sie unter die Zunge träufelte. William war der Ansicht, der Effekt von Rescue Tropfen sei rein psychologisch oder es sei höchstens der Alkoholgehalt, der eine gewisse Wirkung verursache. Aber Althea wusste es besser.
Sie bürstete sich die Haare mit langen, bedächtigen Strichen, die ja angeblich beruhigend sein sollten, als jemand an die Tür hämmerte. Es war Juno.
»Althea? Bist du da drin? Du bist seit Ewigkeiten verschwunden und alles kocht über. Du kannst nicht einfach weglaufen, wenn du kochst, weißt du!«
Althea öffnete die Tür und trat ihrer Schwester entgegen. »Du Miststück!«, sagte sie, ließ sie dann stehen und ging zu ihrem Truthahn zurück, den sie im Stich gelassen hatte.
Sie war jetzt ruhiger. Entweder die Rescue Tropfen oder das Dampfablassen bei Juno hatten gewirkt. Sie entsann sich, welche die vegetarischen Kartoffeln waren, und begann mit der Bratensoße. Dann kam ihre Mutter herein.
»Althea, was ist nur in dich gefahren! Du hast Juno aufgeregt! Wie konntest du nur, in ihrem Zustand?«
Althea erlitt einen Rückfall. »Mutter! Wäre ich in Junos Zustand, bräuchte ich niemanden aufzuregen. Denn dann würde ich auf dem Sofa liegen, während andere die Arbeit für mich machen. Juno ist eine verzogene Göre, die wir alle viel zu lange mit Samthandschuhen angefasst haben.«
»Althea, wie kannst du nur? Sie hat uns alle eingeladen ...«
»Ich hab sie gebeten, das nicht zu tun. Ich wusste, es würde ihr zu viel werden, aber, oh nein, es musste mal wieder nach ihrem Kopf gehen. Und es war zu viel für sie und an wem bleibt jetzt alles hängen? An mir. An der guten, reizenden, gutmütigen, dämlichen Althea.«
»Aber wenn alle zu uns gekommen wären, hättest du doch auch kochen müssen.« William war eingetreten und stieg sofort in die Diskussion ein.
»Ja, aber es wäre meine Küche gewesen und ich hätte alles auf meine Art machen können«, erwiderte Althea.
»Ich finde, es besteht überhaupt kein Anlass, so unfreundlich zu sein«, bemerkte ihre Mutter spitz. Doch als sie einsehen musste, dass sie mit dieser Meinung allein stand, entschloss sie sich zum Rückzug. »Ich will gehen und zusehen, ob ich Juno etwas beruhigen kann.«
»Das wäre eine Premiere, wenn ausgerechnet dir das mal gelänge«, brummte Althea ihr
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