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Im Gewand der Nacht

Im Gewand der Nacht

Titel: Im Gewand der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Nadel
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daran beteiligt waren.«
    »Manche Männer zahlen viel Geld für harten, brutalen Sex. Irgendetwas ist schief gelaufen. Das können wir aus der Schändung der Leiche und aus der Tatsache ersehen, dass sie versteckt wurde. Natürlich bin ich der Ansicht, dass die Täter gefasst und bestraft werden müssen, aber wenn das Mädchen sowieso schon Sex hatte …«
    »Ich glaube nicht, dass sie damit einverstanden war. Der Ort, an dem sie gefunden wurde, die Kleidung, die sie trug …«
    »Sie werden Inspektor İskender bei der Suche nach Kaycee Sivas helfen. Das ist ein Befehl!«, brüllte Ardiç, nun vollends aufgebracht.
    İkmen sprang auf. »Oh, ich verstehe. Und was soll ich Frau İpek sagen? Was soll ich Hatices trauernden Freunden und Verwandten sagen? Euer nettes kleines Mädchen war eine Hure und hat es deshalb nicht anders verdient?«
    »Wenn Inspektor Süleyman wieder im Dienst ist, wird er sich um den Fall İpek kümmern.«
    İkmen schüttelte ungläubig den Kopf. »Inspektor Süleyman wird frühestens nächste Woche wieder hier sein, Chef.«
    »Ich bin mir dessen durchaus bewusst, İkmen.«
    »Aber dann ist die Spur …«
    »Jetzt reicht es aber! Ich will nichts mehr davon hören! Der Fall Sivas hat oberste Priorität, denn hier geht es um jemanden, der vielleicht noch am Leben ist, wenn wir Glück haben!«
    Ardiç war ebenfalls aufgesprungen und zeigte mit seiner schwelenden Zigarre auf İkmen. »Sie tun gefälligst das, was ich Ihnen sage, und Sie werden mich unterstützen, wenn wir jetzt hinunter in den Bereitschaftsraum gehen und mit den Kollegen reden.« Dann wandte er sich von dem wütenden İkmen ab und sagte zu İskender, der mit ausdruckslosem Gesicht dasaß: »Wenn Sie so freundlich wären und den Männern schon mal mitteilen würden, dass wir auf dem Weg sind, Inspektor.«
    İskender nahm mühevoll Haltung an. »In Ordnung, Chef.«
    Nachdem er den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging Ardiç zu İkmen hinüber, packte ihn mit seinen fleischigen Händen an den hageren Schultern und meinte: »Die Wahrheit ist natürlich, dass ich İskender nicht zutraue, ohne Ihre Hilfe mit dem Fall fertig zu werden, İkmen.«
    Doch Çetin İkmen war unempfänglich für Schmeicheleien und schnaubte nur verächtlich.
    »Er ist noch recht jung, kann manchmal sehr impulsiv sein, und seine Manieren lassen zu wünschen übrig«, fuhr Ardiç fort. Da er jedoch merkte, dass er damit bei İkmen nicht weiterkam, setzte er sich wieder, blickte zu Boden und sagte in beiläufigem Ton: »Was İskender allerdings herausbekommen hat, ist, dass Hikmet Sivas irgendetwas verschweigt. Er hat zwar keine Ahnung was, aber …«
    »Woher weiß er denn dann, dass Sivas überhaupt etwas verschweigt?«, fragte İkmen. »Hat er vielleicht so ein Gefühl, eine Eingebung?«
    »Ich weiß es nicht, İkmen«, sagte Ardiç, während er die Unterlagen für die Besprechung zusammensuchte. »Tatsache ist, dass sein Bruder Herrn Sivas daran hindern wollte, mit einem zufällig vorbeikommenden Polizisten zu reden. Etwas seltsam, finde ich. Wenn Sie vielleicht mal persönlich mit den Brüdern Sivas reden würden …«
    İkmen wusste genau, was sein Vorgesetzter im Schilde führte – er versuchte, sein Interesse zu wecken, was ihm auch gelungen war. İkmen überlegte, dass İskender zwar nicht zu der Sorte Mensch zählte, der allzu schnell auf sein Gefühl vertraute, aber von Zeit zu Zeit spürte offenbar auch er diese Art von Intuition, wie alle Polizeibeamten. Das spielte allerdings jetzt keine große Rolle, denn İkmen wusste, dass er sich um diesen Fall kümmern musste, ob er nun wollte oder nicht. Wahrscheinlich war es das Beste, so zu tun, als wäre er auf Ardiçs plumpen Trick hereingefallen. Denn dann konnte er außerhalb der Dienstzeit tun, was er für richtig hielt, hoffentlich ohne weitere Fragen vonseiten Ardiçs. Auf diese Weise wäre es vielleicht möglich, mit den Ermittlungen zu Hatices Tod fortzufahren und gleichzeitig Kaycee Sivas zu finden. Wann er dann noch Zeit zum Schlafen finden sollte, wusste er zwar nicht, aber das würde er ein anderes Mal klären. Das Wichtigste war, dass er herausfand, wer Hatice vergewaltigt hatte und warum. Dieses Versprechen hatte er sowohl Hürrem İpek als auch seiner eigenen Tochter gegeben, und reiche Amerikaner hin oder her, er würde sie nicht enttäuschen.
    Also lächelte İkmen Ardiç an und sagte, er werde direkt nach der Besprechung mit der Familie Sivas reden. Sie hatten eine

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