Im Gewand der Nacht
Blickes mehr, und als Mehmet sich ein wenig mit dem Kleinen beschäftigen wollte, wirkte sie regelrecht eifersüchtig. Das Ganze war wirklich sehr merkwürdig. Aber Hülya verlor kein Wort darüber, auch nicht nachdem Berekiah und sie gegangen waren.
Auf dem Weg zu Hülyas Wohnung – Berekiah hatte darauf bestanden, sie nach Hause zu begleiten – schnitt er das Thema jedoch von sich aus an.
»Ich glaube, meine Mutter hat Recht, wenn sie sagt, dass das Kinderkriegen die Frauen ziemlich viel Kraft kostet«, sagte er und nahm ihre Hand, als sie die Straße überquerten.
»Zelfa scheint noch ziemlich krank zu sein.«
Obwohl Hülya Dr. Halmans Verhalten nicht gerade als Krankheit bezeichnet hätte, nickte sie.
»Allerdings fühlen sich nicht alle Frauen nach einer Geburt so krank«, fügte sie hinzu.
»Nein?« Da sie die andere Straßenseite erreicht hatten, ließ er ihre Hand behutsam wieder los.
Hülya, die Berekiahs Hand gerne noch länger festgehalten hätte, zwang sich zu einem Lächeln. »Meiner Mutter ist es danach immer gut gegangen«, sagte sie. »Und ich glaube, bei mir wird es auch so sein – falls ich jemals Kinder bekommen sollte. Hatice und ich haben immer davon geträumt, berühmte Filmschauspielerinnen zu werden …«
»Ich finde, du bist, äh …« Er sah sie an und lächelte. »Du bist sehr schön und du könntest bestimmt …«
Hülya spürte, wie sie feuerrot wurde, und blickte rasch zur Seite.
»Danke«, sagte sie.
Berekiah drehte sie zu sich und strich behutsam über ihre Wange.
Eine rührende Geste, die auch Ayşe Farsakoğlu nicht entging. Sie stand auf der anderen Seite der Divanyolu, um sich an einem Kiosk eine Erfrischung zu kaufen, als sie sah, wie der Sohn des Juden Cohen einer von Inspektor İkmens Töchtern den Hof machte. Einen kurzen Moment lang war sie fast neidisch. Nie wieder würde ein junger Mann sie zum Erröten bringen, ihre Hand sanft in seiner halten. Natürlich wünschte sie sich diese jugendlichen Schwärmereien nicht ernsthaft zurück. Sie wollte einen Ehemann und ein eigenes Zuhause, damit ihre Familie sie nicht länger bedauern musste. Wenn sie Süleyman schon nicht bekommen konnte, dann würde sie eben Orhan nehmen. Sobald er von seiner Frau geschieden war, gehörte er ihr, und dann brauchte nie wieder jemand sie zu bemitleiden.
Sie verbannte Orhan aus ihren Gedanken, schaute noch einmal zu den beiden jungen Leuten hinüber und runzelte die Stirn.
11
İ kmen blickte auf den gekrümmten Rücken von Metin İskender hinab, der mit dem Kopf über einem Eimer hing und würgte, jedoch ohne Ergebnis.
»Wie oft hat er sich schon übergeben?«, fragte İkmen İsak Çöktin, der zusammen mit allen anderen Überwachungsbeamten auf dem Gang vor Hikmet Sivas’ Schlafzimmer stand.
Çöktin zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht, Inspektor. Um ehrlich zu sein, hab ich mich nicht so sehr um ihn gekümmert.«
İkmen nickte verständnisvoll. Abgesehen von der Tatsache, dass İskender nicht besonders beliebt war, hatten die Ereignisse der vergangenen zwei Stunden alles andere in diesem Haus überschattet.
Gegen Viertel vor zwölf hatte Hikmet Sivas angekündigt, er wolle nach oben in sein Schlafzimmer gehen, um sich hinzulegen. Er habe in der vergangenen Nacht kaum geschlafen und sei müde. Dagegen gab es nichts einzuwenden. Allerdings erkundigte sich Çöktin fünf Minuten später beim gerade eintreffenden Inspektor İskender noch einmal, ob einer der Beamten Sivas auf sein Zimmer begleiten solle. İskender hielt das jedoch nicht für nötig und erklärte, er selbst werde später nach dem Filmstar sehen. Als er aber etwa eine halbe Stunde darauf nach oben ging, fand er nur Sivas’ leeres Schlafzimmer und eine unbekannte Kiste vor, die er dummerweise öffnete. Seit dem Zeitpunkt hatte er nicht mehr aufgehört, sich zu übergeben.
Çöktin hatte weiße Latexhandschuhe übergestreift und hielt İkmen ein kleines Stück Papier vor die Nase.
»Das hier habe ich neben der Kiste gefunden«, erklärte er.
İkmen bedeutete ihm, das Papier auseinander zu falten, damit er die Nachricht lesen könne.
» Japanische Elfenbeinschnitzereien – Seiner Majestät, dem Sultan persönlich zu übergeben. « İkmen musste lächeln. »Wie passend.«
»Inspektor?«
»Das hängt mit der Geschichte unserer Stadt zusammen, Çöktin«, sagte İkmen. »Ein historisches Ereignis, in dem es um Betrug und erstaunliche Grausamkeit geht.«
»Aber was bedeutet es denn nun, Chef?« Tepe warf
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