Im Glanz der roten Sonne Roman
erfüllt.
Cornelias Güte hatte Eve so tief gerührt, dass sie in Tränen ausgebrochen war. Allerdings glaubte sie nicht, dass Jules wirklich daran dachte, die Gazette oder Anteile an der Zeitung zu verkaufen.
»Die Sachen meiner Mutter im Haus aufzustellen, war für mich etwas ganz Besonderes, Eve«, meinte Jordan. Er hatte auf den Fluss geblickt, der still vorüberströmte; nun aber wandte er sich Eve zu und blickte ihr tief in die dunklen Augen. »Weißt du eigentlich, dass du eine wunderbare Frau bist?«
»O ja, natürlich«, erwiderte sie scherzend, wurde dann aberunvermittelt ernst und senkte den Blick. »Ich habe nur versucht, dir etwas von dem zurückzugeben, was du für mich getan hast. In den vergangenen Wochen war ich so glücklich wie noch nie im Leben, und ich kann dir gar nicht genug für deine Freundlichkeit danken.«
»Freundlichkeit hat nichts damit zu tun, Eve.« Jordan ließ den Blick über ihr Gesicht schweifen. Sie saßen eng nebeneinander, und sein Arm berührte leicht den ihren. Eve erschauerte bei dieser Berührung und stellte fest, dass sie sich seiner Gegenwart in letzter Zeit stärker bewusst war.
Jordan blickte auf ihren Mund. In den vergangenen Wochen hatte er oft das Verlangen verspürt, sie zu küssen, hatte sich jedoch zurückgehalten, weil er nicht wusste, ob Eve das Gleiche für ihn empfand wie er für sie.
Eve war aufgefallen, dass Jordan sich in Augenblicken wie diesem von ihr zurückzog. Bestimmt fand er sie nicht attraktiv genug. Eve wusste, dass sie es nicht mit den schönen Frauen aufnehmen konnte, die Jordan in den großen Städten gekannt hatte. Doch je mehr Zeit sie mit ihm verbrachte, desto schwerer fiel es ihr, ihre Beziehung zu ihm so zu nehmen, wie sie war.
»Verlieb dich nicht in ihn, sonst bricht er dir das Herz!«, hatte sie sich selbst wieder und wieder gewarnt.
Jordan wandte den Blick zurück auf den Fluss, und das Schweigen zwischen ihm und Eve dehnte sich schier endlos. Schließlich wandte er sich um und schaute sie an. Dieses Mal wanderte sein Blick über ihr Gesicht und ruhte einen Moment auf ihren Lippen, und bevor sie begriff, was geschah, zog er sie sanft zu sich herüber, bis seine Lippen die ihren berührten.
Sie saß regungslos da, bis Jordan sich von ihr löste und ihr in die Augen schaute. Eve verstand ihn nicht. Er hatte sie geküsst, aber warum?
Jordan war erfahren genug, um die Mischung aus Verlangen und Verwirrung in ihrem Blick zu erkennen. Plötzlichwar es ihm wichtig, dass sie ganz genau begriff, was dieser Kuss bedeutet hatte. Wieder berührten seine Lippen ihren Mund, doch wieder spürte Eve auch, dass er sich zurückhielt. Küsste er sie als Frau oder als Freundin, aus Verlangen oder spielerisch?
Als er sich erneut von ihr löste, lächelte er. »Das wollte ich schon lange. Ich hoffe, es stört dich nicht.«
Eve schüttelte den Kopf und blickte wieder auf den Fluss. Jetzt hatte sie die Antwort auf ihre Frage: Jordan spielte nur mit ihr. Sie trank einen Schluck Wein. »Es war nett«, sagte sie lachend, entschlossen, auf sein Spiel einzugehen. Noch einen Monat zuvor wäre sie sehr verlegen geworden, doch inzwischen hatte ihre Freundschaft sich so weit entwickelt, dass sie das Gefühl hatte, ihm alles sagen zu können.
»Dann sollten wir es vielleicht öfter tun«, meinte Jordan, kitzelte sie am flachen Bauch und knabberte an einem Ohrläppchen.
Eve lachte wieder. »Du nutzt doch nicht aus, dass ich leicht angetrunken bin?« Sie scherzte nur; Jordan meinte es ja auch aus Spaß – schließlich hatte er schon sehr lange keine »richtige« Verabredung mehr gehabt.
Zu ihrem Erstauen wurde er plötzlich ernst. »Das würde ich niemals tun, Eve. Ich würde niemals etwas tun, das du nicht willst.«
»Ich weiß«, gab sie lächelnd zurück. »Ich wollte dich nur ein wenig aufziehen.« Auch ihre Miene wurde ernst. »Ich vertraue dir, Jordan. Ich würde dir mein Leben anvertrauen.« Lächelnd fügte sie hinzu: »Ich bin sicher, meine Tugend ist bei dir in guten Händen.«
Jordan seufzte. » Ich bin da nicht so sicher. Vielleicht sollten wir jetzt schlafen gehen. Du hattest einen anstrengenden Tag und bist sicher müde.«
Eve schaute ihn verwundert an. »Jordan, ich weiß, dass du mich nicht wirklich ...«
»Was?«, wollte Jordan wissen. »Dass ich dich nicht begehrenswert finde?«
Eve senkte verlegen den Blick. »Ich weiß, dass ich nicht begehrenswert bin , Jordan. Und ich habe keine Erfahrung mit Männern. Sie haben sich mir nicht
Weitere Kostenlose Bücher