Im Glanz der roten Sonne Roman
setze, wenn er dafür die Miete niedrig hält. Warum sind Sie hierher gezogen, Eve?«
»Ich möchte gern bei der Lokalzeitung arbeiten. Ich wollte schon immer Journalistin werden, aber Jules Keane, der Herausgeber der Geraldton Gazette , sträubt sich wegen meiner politischen Überzeugung, was die Behandlung der kanakas betrifft.« Ihre Artikel zu diesem Thema, die in Geraldton beinahe zu Unruhen geführt hätten, erwähnte Eve nicht. »Keane meinte, ich könnte etwas für die Klatschspalten schreiben, aber ich habe abgelehnt. Ich habe immer noch die stille Hoffnung, dass er seine Meinung ändert und mich Leitartikel und Reportagen schreiben lässt.«
»Jetzt verstehe ich wenigstens Ihr mangelndes Interesse am Kochen und Ihr Wissen über die Einheimischen!«
Eve lächelte. »Wo wir gerade vom Kochen sprechen: Ich sollte wohl besser mit den Plätzchen anfangen – wahrscheinlich benötige ich mehrere Versuche. Falls Sie jemandenbrauchen, der Ihnen Werkzeug anreicht, sagen Sie Bescheid. Zwischen meinen zahlreichen kulinarischen Fehlschlägen habe ich bestimmt genug Zeit dafür.«
»Danke, ich werde daran denken.«
Als Jordan, Ryan O’Connor und die Chinesen zum Morgentee erschienen, wirkten sie verschwitzt und müde, vor allem Ting yan. Eve hörte, wie Jordan zu Ryan sagte, dass sie dringend weitere Leute brauchten und dass er nach Babinda fahren würde, um neue Arbeiter einzustellen. Sie verstand nicht, warum die Einheimischen nicht kamen und nach Arbeit fragten. Rasch schenkte sie Jordan und den anderen Tee ein und reichte die Teller mit den Plätzchen herum.
Geistesabwesend nahm Jordan eins, biss ein Stück ab, kaute, hielt inne und starrte auf den Rest des Plätzchens zwischen seinen Fingern. Eve wandte sich halb ab.
»Was soll das denn sein?«, fragte Jordan stirnrunzelnd.
Eve spürte, wie sie errötete. »Hartgebackene Plätzchen«, erklärte sie. »Haben Sie noch nie welche gegessen?«
Jordan schüttelte den Kopf. »So welche noch nicht. Aber ›hartgebacken‹ passt sehr gut«, murmelte er, während Eve ihm den Rücken zudrehte, damit er ihre Verlegenheit nicht bemerkte. »Frankie mag sie«, sagte sie leise.
Eve hatte mehrere Bleche gebacken, doch alle waren ihr völlig verunglückt. Sie hatte sie Frankie gezeigt, der sich beinahe die Zähne daran ausbiss und schließlich so getan hatte, als wollte er die Plätzchen vor dem Verzehr mit dem Hammer klein schlagen. Eve waren vor Lachen die Tränen übers Gesicht gelaufen; jetzt aber war ihr gar nicht mehr nach Lachen zumute.
»Nebo, könntest du Saul und Noah finden?«, meinte Jordan jetzt. »Es ist niemand gekommen, der Arbeit gesucht hat, deshalb brauchen wir dringend ihre Hilfe.«
»Ich habe gestern den kleinen Elijah Cato, den Sohn vomalten Winston, auf die Suche nach ihnen geschickt, Boss. Er sagte, sie sind ein Stück den Fluss hinunter gezogen. Er hat bei ein paar Schwarzen an der Flussbiegung bei Willows Bend eine Nachricht für sie hinterlassen – wir brauchen also nichts zu tun, als auf sie zu warten.«
Jordan wirkte enttäuscht. Zwar überraschte es ihn nicht, dass Max Courtland ihm das Leben schwer zu machen versuchte, doch er war überzeugt gewesen, problemlos Arbeiter zu finden, da er gute Löhne zahlte.
»Ich fahre noch heute nach Babinda«, sagte er entschlossen. »Wir brauchen mehr Männer, und zwar sofort.«
5
I ch muss etwas mit Ihnen besprechen«, sagte Frankie zu Jordan, als er ihm die Treppe hinauf folgte.
»In Ordnung«, erwiderte Jordan, fuhr mit der Hand über das neue Treppengeländer und atmete den Duft des frisch bearbeiteten Zedernholzes ein. Oben ging er in ein Zimmer, das Frankie gerade renoviert hatte. Der Zimmermann war ein großes Stück weitergekommen, während Jordan fort gewesen war.
»Sie leisten hier im Haus sehr gute Arbeit«, lobte Jordan. Besonders gefiel ihm an Frankie dessen Liebe zum Detail. Zufrieden betrachtete er den gemauerten Türbogen, die Einfassungen, die neue Decke mit den verzierten Rändern, die Fensterrahmen und die Schräge. Er bewunderte die sauberen Übergänge in den Ecken und den gleichmäßigen Putz. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit den frisch gestrichenen Wänden zu. »Wie haben Sie das alles in nur zwei Tagen geschafft?«, fragte er verwundert.
Frankie zögerte kurz. »Der Anstrich ist nicht mein Werk«, sagte er dann mit gesenktem Kopf. »Das war Eve.« Er sah, wie Jordan erstaunt die Brauen hob. »Ich habe ihr gesagt, sie soll es lassen, aber sie wollte nicht hören. Ich
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