Im Glanz der roten Sonne Roman
aufgesucht, weil ich hoffte, diese Sache regeln zu können, ohne Sie damit zu belästigen. Aber er sagte, er könne nichts tun, weil ich die Maskierten nicht kenne, die zu unserem Haus gekommen sind.«
»Selbst wenn Hawkins etwas hätte tun können – ich bezweifle, dass er es getan hätte «, meinte Jordan seufzend. »Maximillian Courtland kann in Geraldton praktisch jeden auf irgendeine Weise unter Druck setzen; das habe ich in den letzten beiden Wochen erkannt. Mit meinen neuen Arbeitern müssten die Felder in gut einer Woche fertig sein, sodass wir pflanzen könnten – aber ich kann die Setzlinge weder in Geraldton noch in Babinda bekommen, geschweige denn in Cairns. Max hat seine Verbindungen überall, und wenn jemand ihm einen Gefallen schuldet, wird Max ihn einfordern, falls er mich dadurch behindern kann. Es sieht so aus, alsmüsste ich meine Setzlinge in Ingham kaufen, und dann kann es Wochen dauern, bis sie hier sind. Ich habe trotzdem nicht die Absicht, klein beizugeben, Frankie. Aber Ihre Frau hat Recht: Das hier ist mein Kampf. Wenn Sie nicht weiter für mich arbeiten wollen, habe ich Verständnis dafür.«
»Ich möchte auf keinen Fall kündigen, aber unser Haus steht sehr abgelegen. Um ehrlich zu sein, habe ich mir den ganzen Tag Sorgen gemacht, weil Gaby mit den Jungen dort allein ist. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken ...«
»Dann gehen Sie ruhig nach Hause, Frankie. Ich komme später vorbei, um zu sehen, wie Sie sich entschieden haben. Ich bringe den Wagen mit für den Fall, dass Gaby einwilligt, herzukommen – aber treffen Sie die Wahl, die für Sie alle am besten ist.«
Als Jordan bei Sonnenuntergang an Max Courtlands Willoughby-Plantage vorüberkam, hielt er kurz an und starrte durch das Tor. Das Haus war beeindruckend; der Park und die Rasenflächen sehr gepflegt. Es schien, als wäre Courtlands Leben rundum perfekt. Aber das würde sich ändern, wenn es nach Jordan ging. Eigentlich hatte er warten wollen, bis die Setzlinge im Boden waren, bevor er mit seinem Rachefeldzug gegen Courtland begann. Dazu gehörte auch sein Plan, sich mit den Frauen der Familie bekannt zu machen. Doch in diesem Moment beschloss er, schon früher damit zu beginnen.
Während er noch auf das Haus starrte, erschien eine Frau auf der Veranda. Jordan hatte nur eine verschwommene Erinnerung an Letitia Courtland, eine zierliche Frau mit dunklem, sorgfältig frisiertem Haar. Sie trat ans Geländer, und der weite Rock ihres weißen Kleides bewegte sich leicht im Wind. In der Hand hielt sie ein Cocktailglas. Sie schien einem kanaka , der in den Blumenbeeten vor dem Haus arbeitete, Anweisungen zu erteilen. Jordan beschloss, so zu tun, als würde erLetitia zufällig begegnen, wenn sie unterwegs zu ihrem wöchentlichen Bridgenachmittag war.
Er wollte gerade weiterfahren, als Letitia plötzlich in seine Richtung schaute. Eine ganze Weile blickten sie einander über die ausgedehnte Rasenfläche hinweg an. Letitia war neugierig geworden, als sie den Mann sah, der sie von der Straße aus anblickte. Jetzt nahm er den Hut ab und wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn. Sogar auf diese Entfernung sah Letitia, wie attraktiv dieser Mann mit den schwarzen Haaren und den breiten Schultern war. Sie wusste instinktiv, wer er war, und gespannte Erwartung breitete sich in ihr aus. Sie fühlte sich auf unerklärliche Weise zu ihm hingezogen. Ob es daran lag, dass Max ihr verboten hatte, mit ihm zu reden, oder ob irgendetwas in seinem festen Blick sie ansprach, wusste sie nicht. Sie war versucht, ihm zuzuwinken, doch wenngleich sie Nachbarn waren, erschien es ihr unangemessen und zu vertraulich. Schließlich hatten sie sich zehn Jahre lang nicht gesehen, und damals war Jordan ein Halbwüchsiger gewesen. Verlegen wandte sie sich ab.
Jordan fuhr weiter, vorbei an Feldern, die zur Willoughby-Plantage gehörten. Einige waren bereits abgeerntet; andere wurden von kanakas gerodet, die im letzten Licht des Tages wie Sklaven schufteten.
Jordan erkannte Milo Jefferson, Max’ Aufseher, der mit einer Gerte in der Hand zwischen den Arbeitern umherging. Ab und zu schrie er einen der Männer an und schwang die Gerte. Hinter ihm ging ein kanaka mit einem Joch über der Schulter, an dessen beiden Enden Wasserkübel hingen. Milo war schon seit vielen Jahren Max’ rechte Hand. Jordan erinnerte sich, dass sein Vater diesen Mann nie gemocht hatte. Er hatte ihn als einen großmäuligen, brutalen Menschenschinder bezeichnet, der die Arbeiter
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