Im Glanz der roten Sonne Roman
nicht, ob ich mein Versprechen gegenüber Gaby halten kann«, meinte er.
»Vielleicht haben die Arbeiter die Plantage nicht sofort gefunden«, meinte Ryan. »Ich hatte selbst Schwierigkeiten, und anderen geht es sicher genauso. Ich glaube nicht, dass man sich auf die Wegbeschreibungen der Einheimischen verlassen kann.«
»Wahrscheinlich würden sie jemanden, der nach uns sucht, absichtlich in die Irre führen.« Jordan blickte zur aufgehenden Sonne. Es war jetzt schon unerträglich heiß, und die Luftfeuchtigkeit wurde mit jedem Tag schlimmer. Die Zeit vor dem Regen wurde »Selbstmordsaison« genannt, und das aus gutem Grund.
Jordan dachte daran, dass sie für die Feldarbeit schon eine Stunde verloren hatten. »Viel länger zu warten, können wir uns nicht leisten«, sagte er. »Ich werde Frankie bitten, die Arbeiter aufs Feld zu schicken, falls sie noch kommen.«
»Gut. Ich hole die Brüder Zangh. Aber was ist mit Ting yan? Möchten Sie, dass sie mit uns kommt? Ich weiß, dass Sie ihr gesagt haben, sie soll hier bleiben und kochen. Sie hat schon alle ihre Töpfe und Pfannen ausgepackt.«
Jordan wusste, dass Ting yan froh gewesen war, als er siegebeten hatte zu kochen, doch ohne die neuen Arbeiter brauchte er sie auf den Feldern. »Heute Morgen muss sie leider mit uns kommen. Aber sobald die Arbeiter da sind, kann sie zum Haus zurück.« Eve hatte ihm versichert, dass sie Frankie so viel wie möglich helfen würde, bis seine Wunden verheilt waren, und er hatte ihr die Begeisterung deutlich angemerkt.
»Was ist mit Nebo?«, wollte Ryan wissen. »Er sah heute Morgen gar nicht gut aus.«
Auch Jordan war aufgefallen, dass Nebo sehr unter den Ereignissen der vergangenen Tage gelitten hatte, und er fühlte sich schuldig. Hätte er die gewünschte Anzahl Männer gehabt, hätte Nebo sicher nicht darauf bestanden, mit ihnen auf den Feldern zu arbeiten. Jordan seufzte. Es war schlimm, dass alles so ganz anders lief als geplant. »Ich werde Nebo sagen, er soll hier bleiben und auf die Arbeiter warten. Auf diese Weise kann er sich ein wenig ausruhen.«
Trotz seiner Besorgnis wegen der Arbeiter bemerkte Jordan beim Frühstück, dass Eve nachdenklicher wirkte als sonst. Vielleicht, sagte er sich, fühlt sie sich seit dem Angriff auf Frankie und dessen Familie ebenfalls unsicher.
»Stimmt etwas nicht, Eve?«, fragte er, als er ihr seine Kaffeetasse zum Spülen reichte.
»Nein, alles in Ordnung. Warum fragen Sie?«
Jordan hatte den Eindruck, dass die Frage sie noch mehr verunsichert hatte. »Sie kamen mir beim Frühstück so still vor. Befürchten Sie, dass man auch Sie bedroht, wenn bekannt wird, dass Sie in Eden arbeiten?«
Eve schüttelte den Kopf. »Mir tun Frankie und seine Familie Leid. Ich glaube nicht, dass auch ich mit Belästigungen rechnen muss. Wissen Sie, seit Jules Keane meine Artikel veröffentlicht hat, werde ich in Geraldton sowieso wie eine Aussätzige behandelt.« Sie senkte den Kopf. »Auch ein Grund,warum ich hier bin. Niemand wollte mir ein Zimmer vermieten.« Besonders hatte sie erzürnt, dass ihr Vater und ihre Schwestern ebenfalls zu den Leuten gehörten, die sie verurteilten. Sie hatte einige Male mit ihrer Mutter gesprochen, doch die Gespräche waren stets enttäuschend verlaufen. Trotzdem hatte Eve den Eindruck gewonnen, dass Letitia Kontakt mit ihr wünschte, und sei es nur, um ihr Gewissen zu besänftigen. Doch in Wirklichkeit waren sie einander fremd geworden. Eve würde nie vergessen können, dass Letitia sie zu Verwandten abgeschoben hatte.
In Eves Augen war ihre Mutter eine schwache Persönlichkeit, beherrscht von einem Mann, der als grausam gegenüber seinen Arbeitern galt. Und Max war imstande, Jordan noch mehr Schwierigkeiten zu bereiten, wenn er herausfand, dass sie, Eve, für ihn arbeitete – und es bedrückte sie zutiefst, dass Jordan dann vielleicht gezwungen war, Eden doch zu verkaufen. Wenn es so weit kam, hatte Nebo kein Zuhause mehr, und sie selbst musste ihren Traum begraben, Journalistin zu werden, und nach Sydney zurückkehren.
Jordan tat es Leid, dass man Eve so behandelte, nur weil sie mutig ein menschenverachtendes System zu ändern versuchte. »In Eden sind Sie sicher«, sagte er. »Aber wenn Sie in die Stadt fahren, kann ich Ihnen das nicht garantieren. Dass Sie hier arbeiten, kann für die Leute dort schon Grund genug sein, Ihnen das Leben schwer zu machen.«
Eves schlechtes Gewissen meldete sich, und sie musste den Blick abwenden. Jordan war ein so anständiger
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