Im Glanz Der Sonne Zaurak
Manipulatoren.
„Die müssen mal mit dem Expander üben“, spöttelt Leander.
Algert starrt mit weit aufgerissenen Augen hinaus. Die Teufelszungen winden sich wie die Arme eines Kraken. „Laß uns aufhören!“ bittet er. „Das ist nicht in Ordnung, was wir tun! Dazu haben wir kein Recht!“
„Hast du Angst?“ fragt Leander trocken.
Wieder schweigt der andere. Die Teufelszungen haben den Skarabäus schon gute hundert Meter durch den Wald g e schleift.
„Ich will sie sehen!“ sagt Leander hart. „Ich muß wissen, was das für Scheusale sind!“
Als sie eine kleine Lichtung erreichen, peitschen zwei weit e re Teufelszungen von den Bäumen herab. Diesmal widmen sie sich nicht den Manipulatoren, sondern tasten suchend über die Kanzel des Fahrzeugs und versuchen, sich in jede kleine Vertiefung zu krallen.
„Leander! Da!“ schreit Algert plötzlich auf und zeigt entsetzt nach vorn.
Spöttisch lächelnd folgt Leanders Blick dem ausgestreckten Zeigefinger. Das Lächeln erstarrt zu einer Grimasse des Grauens. Vor ihnen erhebt sich eine mit feinen Haaren überwucherte Wand, deren Grenzen nicht zu erkennen sind. Pulsierende Wellen laufen über diesen Berg hinweg, und unter der Oberfläche wandern faustgroße Knoten. Es scheint, als atme der Berg. An seinem Fuß läuft er in Hunderte von sich windenden dicken Armen aus, die sich schlängelnd zusamme n ziehen und wie unter Stromstößen zucken! In zwei dunkelrot glühenden, mühlsteingroßen Augen glitzern Funken der Wut und der Mordgier…
Leander besinnt sich und läßt mit einer Reflexbewegung den Rückwärtsgang einrasten. Gleichzeitig öffnet Algert die Klauen der Manipulatoren und keucht: „Weg hier! Nur weg!“
Die befreite Teufelszunge schnellt wie eine Stahlfeder z u rück. Im selben Moment lösen auch die anderen Teufelszungen ihren Griff. Offenbar ist das Monstrum einige Augenblicke u n schlüssig. Diese kurze Zeitspanne nutzt Leander, und der Skarabäus rast zurück. Er kracht gegen Bäume, überschlägt sich fast, aber Leander denkt nicht daran, die Geschwindigkeit zu drosseln. Der Schreck ist ihm zu sehr in die Glieder gefahren. Die Teufelszungen verfolgen sie nicht. Nach einer Weile stoppt Leander und wendet.
„Was war das?“ flüstert Algert mit zitternder Stimme.
„Ich weiß nicht“, stößt Leander hervor. „Aber Gott sei Dank scheint es genausoviel Angst zu haben wie wir…“
„Meinst du, daß wir mit diesem Koloß fertig geworden wären?“
Leander überlegt. Solch ein gigantisches Lebewesen hat er noch nie gesehen. Unmöglich zu sagen, wie groß es eigentlich war. Sie haben eine Fläche von ungefähr fünfzehn Metern mal zwölf Metern einsehen können. Sicher war das nur ein Bruchteil. Wie eine Wand aus Fleisch und Muskeln stand es vor ihnen! Noch immer läuft es ihm kalt über den Rücken, wenn er sich den Anblick der Hunderte von Teufelszungen vergege n wärtigt, die alle zu diesem einen Monster gehören. Ob dieses Wesen den gesamten Wald mit seinen Fangarmen beherrscht? Gibt es nur dieses eine, oder sind es viele hundert oder gar tausend? Er spürt das erstemal, daß es Grenzen gibt, die man besser nicht überschreitet. Algert hat recht gehabt. Sie hätten es lassen sollen. Das gigantische Tier hat sich immer vor ihnen zurückgezogen, keinerlei aggressive Absichten gezeigt. „Keine Ahnung. Ich möchte es auch nicht noch mal probi e ren!“ beantwortet er Algerts Frage.
„Sei ehrlich, du hast auch Angst gehabt!“ sagt Algert. Lea n der sieht ihn an und lächelt. „Das war kaum zu übersehen, stimmt’s?“ antwortete er.
„Stimmt.“ Algert lacht befreit auf. Und Leander ist nicht beleidigt. Das erstemal empfindet er so etwas wie Sympathie für den hageren Absolventen mit dem Raubvogelgesicht. Mein Gott, was hat Viktor bloß aus mir gemacht, denkt er amüsiert, ich werde noch ein richtiger Menschenfreund…
Nach zwei Stunden Fahrt stoßen sie auf den ersten Eingang zu den unterirdischen Gängen der Asseln. Leander leuchtet in den schräg abfallenden Gang hinein, aber man kann nur wenige Meter weit sehen.
„Der könnte schon geeignet sein“, sagt Algert unschlüssig. „Wie sehen denn die anderen aus?“
„Genauso“, antwortet Leander. „Um herauszufinden, ob der Automat dort hineinkommt, müßte man schon mal selbst hineinschauen…“
„Genau das hat Ahab verboten.“ Algerts Warnung klingt halbherzig.
Leander sieht ihn prüfend an. Unmerklich nickt ihm Algert zu. „Du meinst also auch…?“ fragt
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