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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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bis zur Mary Street 18 zu Fuß. Ruby, die noch nie in dieser Gegend gewesen war, kam aus dem Staunen nicht heraus, als sie die stattlichen Anwesen in den baumgesäumten Straßen nahe am Wasser bewunderte. Nur einen Katzensprung entfernt mündete der Lane Cove River ins Meer.
    »Du meine Güte, hier ist aber ein Haufen Geld versammelt«, murmelte sie. Angesichts des offenkundigen Wohlstands der Leute, die in dieser Gegend wohnten, stiegen ihre Hoffnungen auf eine kleine Erbschaft. Sie wurde unwillkürlich ganz aufgeregt, als sie an den Laden dachte, den sie sicherlich bald würde eröffnen können. Ruby malte sich sogar schon aus, wie sie ihn einrichten und dekorieren würde.
    Emily hingegen nahm ihre Umgebung kaum wahr. Sie sorgte sich, was aus ihr und ihrer Tochter werden sollte, wenn sie die Miete nicht mehr bezahlen könnten. »Jedes dieser Häuser hat eine Geschichte, und seine Bewohner sind nicht immer zu beneiden«, riss sie ihre Tochter aus den Träumen. Sie dachte an Joe.
    »Findest du? Also ich beneide diese Leute. Stell dir doch mal vor, du hättest nie wieder finanzielle Sorgen, und du könntest dir so ein Haus hier leisten und ein tolles Auto und Ferien in irgendeinem exotischen Paradies. Wer würde sich all das nicht wünschen?«
    »Joe hat all das gehabt. Aber hat es ihn glücklich gemacht?« Emily schwieg nachdenklich. Dann fügte sie hinzu: »Ich bin früher oft an seinem Haus vorbeigegangen, es ist wirklich außergewöhnlich schön.«
    Sie hatte sich immer wieder vorgestellt, wie es gewesen wäre, gemeinsam mit Joe in so einem Haus zu wohnen und Ruby darin großzuziehen, mit ihm und ihrer Tochter am Swimmingpool in der Sonne zu sitzen und zu frühstücken. Sie war ihm natürlich dankbar für die gemütliche Wohnung, die er ihr zur Verfügung gestellt hatte, aber sie hatte sich so sehr einen Garten gewünscht, in dem sie Gemüse anbauen und Blumen pflanzen könnte. Das wäre ihr ganzes Glück gewesen. Carmel hatte das zu verhindern gewusst.
    »Noch schöner als diese hier?«, fragte Ruby ungläubig.
    Emily nickte. Dem Baustil nach zu urteilen, musste Joes Haus, das mit kunstvollen Türmchen und Ecksteinen verziert war, an die hundert Jahre alt sein. Es hatte sicherlich eine bewegende Geschichte.
    »Ich hoffe, dass wenigstens seine Kinder ihn glücklich gemacht haben«, sagte Emily bedrückt. »Aber das glaube ich erst, wenn ich sehe, dass sie zu warmherzigen, liebevollen Menschen herangewachsen und nicht wie ihre Mutter geworden sind.«
    »Das werden wir wohl bald erfahren«, bemerkte Ruby. Im nächsten Augenblick riss sie Mund und Augen auf und hauchte: »O mein Gott, sieh dir bloß diese Villa an!«
    Emily blieb stehen. »Das ist es. Das ist Joes Haus.« Abgesehen von der Rampe für den Rollstuhl, die an einer Seite angelegt worden war – neben der breiten Steintreppe, die vom Garten zur vorderen Veranda hinaufführte –, hatte sich nichts verändert.
    »Ich glaub’s einfach nicht!«, stieß Ruby atemlos hervor. Fasziniert betrachtete sie das stattliche Anwesen. Emily verspürte ein nervöses Kribbeln in der Magengrube. Wie würde Joes Familie auf ihr Erscheinen reagieren? Wie würde Ruby aufgenommen werden? Auf einmal hatte sie Zweifel, ob es richtig gewesen war, herzukommen, aber andererseits hatten sie in ihrer Situation kaum eine andere Wahl.
    Als hätte sie die Gedanken ihrer Mutter gelesen, fragte Ruby unvermittelt: »Weiß die Familie meines Vaters von mir?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Ich habe Joe nie gefragt, ob er seiner Frau von dir erzählt hat, aber der Anwalt wird ihr sicherlich mitgeteilt haben, dass wir kommen. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie sie die Nachricht aufgenommen hat.«
    Im Grunde fand sie es verwunderlich, dass Carmel ihnen nicht verbot, das Haus zu betreten. Ob sie mit den Jahren versöhnlicher geworden war? Emily hielt das für eher unwahrscheinlich.
    Ruby nickte. »Ja, ich auch.« Ein unbehagliches Gefühl beschlich sie, aber sie ließ sich nichts anmerken. Sie musste ihrer Mutter zuliebe stark sein.
    »Egal, was sie tun oder sagen, Ruby, nimm es nicht persönlich. Sie trauern, deshalb kann es gut sein, dass sie ihren Schmerz an uns auslassen werden.«
    »Du trauerst auch, Mom, und du hast Joe genauso sehr geliebt wie seine Frau, wenn nicht noch mehr.«
    Emily traten Tränen in die Augen. »Carmels Gefühle hatten nicht das Geringste mit Liebe zu tun. Sie wollte die absolute Kontrolle über Joe, sodass ein ständiger seelischer Druck auf ihm lastete, an dem

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