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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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und gehen meistens auch wieder früh. Ich werde Mr. Tremaine sagen, dass Sie ihn sprechen möchten. Darf ich Ihnen inzwischen vielleicht einen Kaffee und ein Stück Schokoladensahnetorte bringen?«
    Emily sah ihn verblüfft an. Sie liebte Schokoladensahnetorte. »Ich habe so gut gegessen. Nur einen Kaffee, bitte.«
    »Gern, Madam, wie Sie wünschen.«
    Emily war völlig durcheinander. Von einer inneren Unruhe getrieben, stand sie auf und trat auf die Terrasse hinaus. Der Nachtwind trug den Duft von Jasmin heran. Grillen zirpten, und am schwarzen Himmel funkelten unzählige Sterne. Emily fühlte eine schmerzliche Sehnsucht in sich, die sie kaum aushalten konnte. Sie fragte sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war, auf die Insel zu kommen. So viele Erinnerungen wurden geweckt, aber auf die Intensität des Schmerzes, der dadurch ausgelöst wurde, war sie nicht vorbereitet gewesen. Sie bekam weiche Knie und setzte sich draußen an einen Tisch. Im Hintergrund erklang leise, romantische Musik, eine vertraute Melodie aus der Vergangenheit. Das war zu viel für Emily. Sie wollte aufspringen, weglaufen, aber sie konnte sich nicht bewegen. Sie war vor Trauer und Schmerz wie gelähmt.
    Der Kellner kam mit dem Kaffee.
    »Danke«, flüsterte sie mit gesenktem Blick, damit er ihre Tränen nicht sah.
    »Ihr Kaffee, schöne Frau, genau wie Sie ihn mögen, mit eineinhalb Löffel Zucker und einem Schuss Milch.«
    »Woher …?«
    Emily drehte sich um und schaute auf. Die Worte erstarben auf ihren Lippen. Sie öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton hervor. Ihr von Traurigkeit umnebelter Verstand gaukelte ihr ein Trugbild vor. Das war zu viel. Emily wurde schwindlig. Sie fühlte, wie sie langsam zusammensank und ihre Sinne schwanden.
    »Ist das da unten Lord Howe Island?«, fragte Ruby und deutete aus dem Fenster auf die atemberaubend schöne Insel im Meer.
    Die Stewardess beugte sich über sie und nickte. »Ja. Schön, nicht wahr?«
    »Das ist eine glatte Untertreibung«, erwiderte Ruby staunend. Sie hatte die vergangene Nacht in einem Hotel in Melbourne verbracht, weil es täglich nur einen Flug nach Lord Howe Island gab und sie den vom Vortag verpasst hatte.
    Sie fand es herrlich aufregend, als das Flugzeug einige Minuten später wasserte. Dann stand sie auf dem Landungssteg und hatte keine Ahnung, wo sie nach ihrer Mutter suchen sollte. Sie hatte ganz vergessen, ihre Tante nach der Adresse zu fragen.
    Ein junger Mann wartete am Ende des Landungsstegs auf Passagiere, die ein Transportmittel suchten. Ruby sah so verloren aus, dass er sie ansprach.
    »Willkommen auf Lord Howe Island. Kann ich Sie irgendwo hinbringen? Es gibt einige Gästehäuser hier, sofern Sie nicht Freunde oder Verwandte besuchen.«
    Ruby warf einen Blick auf sein Fahrrad mit dem Anhänger und lachte laut heraus. »Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen!« Erst die verständnislose Miene des jungen Mannes verriet ihr, dass er es ernst gemeint hatte. Sie verstummte, räusperte sich verlegen und sagte dann: »Ich möchte tatsächlich jemanden besuchen. Meine Mutter muss gestern angekommen sein, aber ich weiß ihre Adresse nicht.«
    »Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Gut möglich, dass ich sie zu ihrer Unterkunft gebracht habe. Wie heißt sie denn?«
    »Emily Rosewell.« Ruby konnte sich fast nicht vorstellen, dass ihre Mutter sich in dieses Gefährt gesetzt hatte.
    »Ah! Ja, gestern habe ich eine Emily gefahren, aber sie kann unmöglich alt genug sein, um Ihre Mutter zu sein.«
    Ruby lächelte. »Das ist sie«, sagte sie und dachte bei sich, dass ihre Mutter sich über dieses Kompliment sehr freuen würde.
    Tom lud Rubys Koffer in den Anhänger und forderte sie mit einer Handbewegung auf einzusteigen. Zögernd kam Ruby seiner Aufforderung nach.
    »Auf geht’s!« Tom trat in die Pedale, und Ruby hielt sich fest, so gut es ging.
    Sie genoss die Fahrt. Viel zu schnell waren sie am Ziel. »Hier habe ich Ihre Mutter gestern abgesetzt«, sagte Tom, als er Rubys Koffer auf dem Fußweg abstellte.
    »Haben Sie den Hauseigentümer gekannt?«, fragte Ruby.
    Tom sah sie verwirrt an. »Ja.«
    »Und wie war er so?«
    Tom zog die Stirn kraus. »Ein sehr netter Mann.« Er stieg wieder auf, winkte ihr noch einmal zu und radelte davon.
    Ruby blieb noch einen Augenblick stehen, um das schmucke, einstöckige weiße Haus und den herrlichen Garten zu betrachten. »Wow!«, flüsterte sie ehrfürchtig. »Das reinste Traumhaus!«
    Sie nahm ihren Koffer und ging langsam den Gartenweg

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