Im Hauch des Abendwindes
ihm an, ihn nach Hause zu fahren.
»Wir müssen versuchen, den Tierarzt anzurufen, und fragen, was ein Hausbesuch kosten würde«, sagte Ruby zu Mick.
»Morgen ist Sonntag, ich weiß nicht, ob da überhaupt einer herkommen wird«, erwiderte er.
»Wir müssen es auf alle Fälle versuchen«, beharrte Ruby.
Obwohl es schon spät war, rief Mick bei einem Tierarzt namens Barker in Broken Hill an, bei dem Jed früher schon gewesen war. Die Praxis befand sich im Haus des Arztes; war sie geschlossen, wurden die Anrufe in seine Privaträume weitergeleitet. Es klingelte ein paarmal, bevor abgenommen wurde. Mick erklärte, worum es ging, stellte Fragen, hörte zu und wandte sich dann an Ruby.
»Fünfzig Piepen, wenn er am Sonntag herkommt und sich das Pferd ansieht. Das Nähen der Wunde oder Medikamente kosten natürlich extra. Also, soll ich ihm sagen, er soll herkommen?«
Ruby wusste zwar noch nicht, woher sie das Geld nehmen sollte, aber sie musste es auf alle Fälle versuchen. »Ja, er soll morgen Nachmittag kommen. Bis dahin habe ich das Geld irgendwie aufgetrieben.«
Jed, der durch die offene Tür alles mit anhören konnte, rief: »Ach ja, und wie, wenn ich fragen darf?«
»Ich hab zwanzig Dollar beim Haareschneiden eingenommen«, erwiderte sie. »Ich werde den Preis morgen heraufsetzen, dann kriege ich auch den Rest zusammen.«
»Und wenn nicht?«, fauchte Jed wütend. »Morgen ist Sonntag. Vielleicht haben die Leute keine Lust, sich am Sonntag die Haare schneiden zu lassen.«
Daran wollte Ruby lieber nicht denken. Sie musste publik machen, dass sie das Geld für Flake brauchte, dann würden die Leute sicherlich kommen und wären auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen.
»Flake braucht einen Arzt, Jed«, sagte Mick geduldig. Jed passte es nicht, dass über seinen Kopf hinweg entschieden wurde, aber irgendetwas musste geschehen. »Die Wunde muss genäht werden, und zwar bald, sonst entzündet sie sich.«
Bis dahin würden sie sie sauber halten und verbinden, damit die Fliegen nicht angelockt würden, die mit der aufgehenden Sonne in Scharen ausschwärmten.
»Das weiß ich selbst«, gab Jed bissig zurück.
»Reg dich nicht auf, wir meinen es doch nur gut«, sagte Mick beschwichtigend.
Nachdem er noch einmal mit dem Tierarzt gesprochen und einen Termin für den folgenden Nachmittag vereinbart hatte, ging er mit Ruby ins Hinterzimmer. Jed war kreidebleich, Bäche von Schweiß rannen ihm über den Körper.
»Was können wir tun, damit Flake heute Nacht in Sicherheit ist?«, fragte Ruby. Sie hatten die Stute aus dem Hänger geführt und getränkt.
»Wir dürfen sie nicht in die Ställe an der Rennbahn bringen, das ist zu gefährlich, zumal ich nicht auf sie aufpassen kann.«
Jed war halb wahnsinnig vor Sorge um das Tier. Was, wenn diese Gangster noch einmal zurückkamen? Er war nie auf den Gedanken gekommen, dass seine Weigerung, sich von Eddie Muntz bestechen zu lassen, Flake in Gefahr bringen könnte.
»Ich weiß, was wir machen«, sagte Mick. »Ich werde dein Wohnmobil und den Hänger zu mir fahren und in meinem Carport unterstellen. Dann sind sie von der Straße weg. Und Flake werden wir in den Schuppen hinter dem Hotel bringen. Ich muss bloß ein paar Sachen umräumen, dann hat sie dort genug Platz. Und keiner kann sie sehen. Ich werde hier bei dir bleiben, falls du Hilfe brauchen solltest.«
»Das ist eine ausgezeichnete Idee«, meinte Ruby und sah Jed erwartungsvoll an.
»Ich brauche keinen Babysitter«, knurrte der gereizt. »Geh nach Hause und schlaf dich aus, damit du morgen ausgeruht bist.« Sonntags war der Pub von vier bis sechs Uhr nachmittags geöffnet.
»Als ob ich mich jetzt aufs Ohr hauen und in Ruhe schlafen könnte!« Mick verdrehte vielsagend die Augen.
Jed schnaubte. Er wusste ja, dass Mick ihm nur helfen wollte. Aber dieses Gefühl des Ausgeliefertseins machte ihn wahnsinnig.
»Ich werde mich jetzt besser auf den Heimweg machen«, sagte Ruby. »Ich möchte morgen in aller Frühe im Laden sein. Mick, sei so gut und erzähl möglichst vielen Leuten, dass der Erlös meiner Arbeit Flake zugute kommt.«
Mick schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich geh nicht in die Kirche; ich werde vor morgen Nachmittag niemanden zu Gesicht bekommen. Wenn ich ein bisschen Geld übrig hätte, würde ich es euch ja geben, aber der Pub trägt sich ja kaum selbst.«
»Ist in Ordnung. Ich kriege das Geld schon zusammen«, sagte Ruby zuversichtlich. Sie sah Jed an. »Dann bis morgen.«
Er würdigte
Weitere Kostenlose Bücher