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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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auch ihr Pferd. Sie redet mit ihm und leistet ihm Gesellschaft. Anscheinend konnte sie auch nicht schlafen.«
    »Lass dich nicht von der Kleinen einwickeln, Mick. Das Pferd ist für sie nichts weiter als eine Geldanlage. Wenn Silver Flake keine Rennen laufen kann, kriegt sie kein Geld. Nur darum kümmert sie sich so hingebungsvoll um das Pferd.«
    Mick antwortete nicht, aber er dachte sich seinen Teil. Jed lag völlig falsch mit seiner Einschätzung. So wie er das sah, machte sich Ruby aufrichtig Sorgen um Silver Flake.
    Um acht Uhr schloss Ruby den Laden auf und setzte kurzerhand den Preis für einen Haarschnitt auf fünf Dollar herauf. Das war das Äußerste. Mehr konnte sie nicht verlangen; die Leute im Ort besaßen nicht viel.
    Eine Stunde später kam Myra vorbei. Sie war auf dem Weg zu Charlie Gillard, wo sie frische Eier abliefern wollte.
    »Und, ist schon wer da gewesen?«
    Ruby schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Nein. Kein Mensch.«
    »Die kommen schon noch«, beruhigte Myra sie. »Spätestens nach dem Gottesdienst um zehn.« Sie eilte weiter.
    Als sie Charlies Laden betrat, sagte sie: »Hör mal, Charlie, tu mir einen Gefallen. Sag den Leuten, dass Ruby Geld für den Tierarzt auftreiben muss, der heute Nachmittag wegen Flake herkommt. Sie sollen doch so nett sein und sich von ihr die Haare schneiden lassen.«
    »Wieso, was ist mit Flake?«, fragte er verwundert.
    »Das weißt du nicht?« Myra war ehrlich erstaunt. »Tja, tut mir leid, aber ich fürchte, ich kann nicht darüber sprechen.«
    Charlie begriff: Sie wollte es ihm heimzahlen. »Ich kann nicht helfen, wenn ich nicht weiß, worum es geht«, sagte er frustriert.
    Myra nickte. »Ja, das Gefühl kenne ich.«
    »Also gut, Myra, du hast gewonnen.« Er breitete die Hände aus. »Es tut mir leid, okay?«
    »Na schön.« Sie sah ihn scharf an. Sie würde ein andermal mit ihm über Girra reden. »Jed ist heute Nacht auf der Mundi-Mundi-Ebene von den Camilleri-Brüdern überfallen worden. Sie haben ihn zusammengeschlagen, er hat angeknackste und gequetschte Rippen, und Flake hat eine tiefe Wunde am Vorarm, die genäht werden muss.«
    Charlie machte ein bestürztes Gesicht. »Du meine Güte! Ich werde tun, was ich kann, Myra«, versprach er.
    Sie bedankte sich und eilte wieder nach Hause. Normalerweise hätte sie den Gottesdienst besucht, aber ihre Hühner waren so stark von Federmilben befallen, dass sie sie gründlich abbürsten und den Hühnerstall bis in den kleinsten Winkel sauber machen musste. Das konnte nicht warten.
    Sie war zwei Stunden beschäftigt. Danach machte sie sich noch einmal auf, um bei Ruby vorbeizuschauen. Diese war in Tränen aufgelöst: Sie hatte nur einen einzigen Kunden gehabt. Wie sollte sie es da schaffen, rechtzeitig das Geld aufzutreiben?
    »Mach dir keine Sorgen!«, sagte Myra. »Ich habe eine Idee.«
    Helen Carter leitete nach dem Gottesdienst die Sonntagsschule. Sie wollte die Kinder gerade entlassen, als Myra aufgeregt hereinkam.
    »Ich brauche Ihre Hilfe, Helen.«
    Sie erklärte der Lehrerin die Situation und weihte sie in ihren Plan ein. Helen war sofort dabei.
    »Sie haben übrigens eine wunderschöne neue Frisur, Myra«, sagte sie strahlend. »Wenn das nicht eine gute Werbung ist.«
    »Dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben«, antwortete Myra.
    Schnell verabschiedete sie sich von Helen und kehrte schnurstracks zu Ruby zurück.
    »Pass auf, jetzt dauert es nicht mehr lange, und die Kunden werden kommen«, versicherte sie. Sie sehe später noch einmal vorbei, versprach sie und ging nach Hause. Ruby guckte ihr verdutzt nach.
    Unterdessen hatte Helen Carter Zettel geschrieben, auf denen sie mit ein paar Sätzen erklärte, was Ruby vorhatte. Sie gab den Kindern die Zettel mit und bat sie, die Blätter überall in der Stadt zu verteilen. Im Nu wussten alle Bescheid.
    Myra hatte nicht zu viel versprochen: Es dauerte nicht lange, bis die Einwohner von Silverton herbeiströmten, um sich die Haare schneiden zu lassen.
    Ruby war selig. Sie konnte ihr Glück kaum fassen.
    Der Tierarzt hatte sich für die Zeit zwischen fünf und sechs Uhr angekündigt. Es war Viertel vor fünf, als immer noch Kunden darauf warteten, bedient zu werden. Ruby war sich nicht sicher, ob sie schon genug eingenommen hatte, um auch die Behandlung des Tieres und die Medikamente zahlen zu können. Sie war verschwitzt und durstig und sichtlich abgekämpft.
    »Tragen Sie mich für morgen ein«, sagte Martin O’Flaherty und reichte ihr fünf Dollar. »Es ist

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