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Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Titel: Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim al-Khalili
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Obwohl sie ein breites Spektrum unterschiedlicher Dialekte sprachen, hatte die Entwicklung einer gemeinsamen arabischen Sprache vor allem durch das Rezitieren von Gedichten bereits begonnen. Die qasida (Ode) war in Arabien ein wichtiges Merkmal des kulturellen Lebens; oftmals erzählte sie von verschmähter Liebe oder vom Sieg eines Stammes. Diese Gedichte, die bei Festen und Gastmählern, aber auch auf Märkten und den Höfen der Paläste rezitiert wurden, nannte man zusammenfassend diwan al-Arab (»Verzeichnis der Araber«); sie trugen dazu bei, das heranreifende Gefühl der arabischen Identität und der gemeinsamen Geschichte zu bewahren. [12] In den meisten Fällen schrieb man sie nicht auf, sondern man lernte sie auswendig. Einige sind aber auch in der alten aramäischen Schrift erhalten geblieben. Die arabische Schrift, die später im Koran verwendet wurde, hatte noch einen langen Weg vor sich, bevor sie ihre heutige Reife erlangte; Jahrhunderte mussten vergehen, bis ihre Regeln und grammatikalischen Abstufungen von Gelehrten, die unbedingt alle Zweideutigkeiten aus dem Koran tilgen wollten, festgeschrieben wurden.
    Aber nicht alle Araber gehörten zu Nomadenstämmen. Zwei große Städte im Westen der Halbinsel waren schon Jahrhunderte vor der Entstehung des Islam zu Handelszentren geworden. Sie hießen Macoraba und Yathrib und sollten zu den heiligsten Stätten des Islam werden: Mekka und Medina. [13]
    Die Stadt Mekka liegt in einem öden, trockenen Tal, das von beeindruckenden Bergen umgeben ist. Ihre Lebensader war der Brunnen von Zamzam, der das Wasser für die Stadt lieferte. Vor der Entstehung des Islam hatte bereits seit rund einem Jahrhundert eine umfangreiche Wanderungsbewegung von Süd- nach Westarabien (die Region Hijaz) sowie in nördlicher Richtung nach Syrien und Palästina stattgefunden. Mit seiner bevorzugten Lage an der Handelsroute zwischen dem Jemen im Süden und dem Mittelmeer im Norden war Mekka reich und mächtig geworden, und zwar nicht nur als Handels-, sondern auch als Finanzzentrum.
    Noch wichtiger war, dass die Stadt für die vielen heidnischen Religionen Arabiens schon seit der Antike ein heiliges Zentrum darstellte; damit wurde sie zu einer sicheren Zuflucht, wenn man der Gewalt entgehen wollte, die regelmäßig zwischen den Stämmen der Region ausbrach. Mekka beherbergte zahlreiche Tempel und Heiligtümer, in denen mehrere hundert verschiedene Götter angebetet wurden. Ein Jahrhundert vor der Geburt des Islam bauten die Quraysh, einer der mächtigsten Stämme Arabiens, ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss in Mekka aus. Aus einer der weniger einflussreichen Sippen dieses Stammes kam jener 40-jährige, des Lesens unkundige Kaufmann namens Mohammed, der im Jahr 610 bekanntgab, der Engel Gabriel sei ihm erschienen und habe ihm das Wort Gottes offenbart, als er allein in einer Höhle am Berg Hira, von dem aus man die Stadt überblickt, meditierte.
    Glaubt man der islamischen Geschichte, so war Mohammed anfangs betrübt darüber, dass er die Vision eines Engels gehabt hatte. Als er vom Berg zurückkam, wurde er von seiner Frau Khadija getröstet: Sie brachte ihn zu ihrem Vetter Waraqah ibn Nawfal, einem Christen, der Mohammed sofort erklärte, er sei als neuer Prophet auserwählt. Immerhin hatte Gott 2000 Jahre zuvor den Engel Gabriel auch zu Moses geschickt, und Gabriel hatte Maria verkündet, sie werde Jesus gebären. Nun nahm Mohammed die Aufgabe an, und seine erste Bekehrte war Khadija selbst. Auf sie folgten die Angehörigen seiner Familie und seine engsten Vertrauten. Nach wenigen Jahren, in denen er immer wieder Offenbarungen erlebte, predigte Mohammed öffentlich, woraufhin ihm aber sehr schnell die offene Feindseligkeit der Einwohner Mekkas entgegenschlug. Trotz dieses Widerstandes und der schwierigen Anfänge begründete er mit seinen Lehren die neue Religion des Islam, die sich sehr schnell verbreitete und zu einer der größten spirituellen, politischen und kulturellen Kräfte der Welt wurde.
    Allah , das arabische Wort für Gott, ist etymologisch eine verkürzte Form von al-Ilah , was »Der Gott« bedeutet und sich bis auf frühe semitische Schriften zurückverfolgen lässt. Der bestimmte Artikel wird hier hinzugefügt, denn er macht deutlich, dass es im Islam wie in den beiden anderen monotheistischen Religionen, dem Christen- und dem Judentum, nur einen göttlichen Schöpfer gibt. Deshalb wurde die Botschaft, die der Prophet Mohammed verbreitete, von den

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