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Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Titel: Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim al-Khalili
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Leidenschaft für große Bauprojekte interessierten sie sich auch nicht besonders für Kultur und Gelehrsamkeit; unter anderem lag das daran, dass sie damit beschäftigt waren, ihre Grenzen zu sichern und zu erweitern sowie die innerhalb dieser Grenzen aufflammenden Unruhen beizulegen. In krassem Kontrast zu den Abassiden, die später in großem Umfang auf die Erfahrungen und Kenntnisse der hochentwickelten Perser zurückgriffen und sich von ihnen beim Regieren helfen ließen – eine Teilung der Staatsangelegenheiten, die später durch einen wichtigen Dominoeffekt den Anstoß zum Goldenen Zeitalter der Wissenschaft gab –, schlossen die Umayyaden alle Nichtaraber selbst dann von macht- und einflussreichen Positionen aus, wenn es sich um bekehrte Muslime handelte. [14]
    So kam es, dass die Araber genau 100 Jahre, nachdem sie Arabien erstmals verlassen hatten, den Höhepunkt ihrer Expansion erreichten. 732, in der berühmten Schlacht von Tours, ging den muslimischen Armeen der Umayyadendynastie, die bereits die Hälfte Frankreichs erobert hatten, schließlich die Luft aus, und sie wurden von den Franken unter Karl Martell geschlagen. Zu dieser Zeit hatte das islamische Reich eine größere Fläche als das Römische Reich auf dem Höhepunkt seiner Ausdehnung, und es war auch größer als die Gebiete, die Alexander der Große beherrscht hatte. Zum ersten Mal seit Alexander waren Ägypten, der Fruchtbare Halbmond im Mittleren Osten, Persien und Indien wieder vereinigt, was ihnen allen die Möglichkeit bot, durch wechselseitigen Handel und ein relativ friedliches Nebeneinander zu wachsen und zu Wohlstand zu gelangen. Das war in den 1000 Jahren zuvor, die durch Kriege, Teilung und Konkurrenz geprägt waren, keinem von ihnen möglich gewesen.
    Trotz des riesigen Reiches und des großen Wohlstandes dauerte die Herrschaft der Umayyaden nur 90 Jahre; als die Dynastie dem Ende entgegenging, musste sie sich mit immer stärkeren Revolten und Aufständen auseinandersetzen, die insbesondere von den unzufriedenen Schiiten in der irakischen Stadt Kufa ausgingen. Der schlimmste Aufstand jedoch begann in der persischen Region Khurasan im Osten: Dort wurde eine Mischung aus arabischer und persischer Kultur zum Katalysator für das Wachstum einer starken religiösen und politischen Bewegung, deren Mitglieder ihre Abstammung auf al-Abbas, einen Onkel des Propheten, zurückführten und Anspruch auf die Macht erhoben. Ihre Armee zog nach Westen und besiegte in einer Reihe blutiger Schlachten im Jahr 750 schließlich die Streitkräfte der Umayyaden. Daraufhin wurde Abu al-Abbas in Kufa sofort zum neuen Kalifen erklärt. Als Nachfahre des Onkels des Propheten [15] wurde er zum ersten in einer langen Reihe von Abassidenherrschern, die erstaunliche 500 Jahre an der Macht bleiben sollten.
    Der rücksichtslose Abu al-Abbas hatte zwar die Umayyaden in der Schlacht besiegt, er machte sich aber Sorgen, sie könnten versuchen, die Macht wieder an sich zu reißen. Deshalb lockte er alle Angehörigen der Umayyadenfamilie zu einem angeblichen Versöhnungsessen, ließ sie aber stattdessen umbringen. Der einzige Überlebende, ein junger Prinz namens Abd al-Rahman, floh nach Spanien, wo die Umayyadendynastie noch weitere 300 Jahre überdauern sollte.
    Nachdem Abu al-Abbas über die Umayyaden gesiegt hatte, war seine Herrschaftszeit durch das Bemühen gekennzeichnet, das Kalifat zu festigen und neu aufzubauen. Seine neue Regierung bestand aus Arabern, Persern, Christen und Juden. Der Gemeinschaft der Schiiten jedoch, denen er anfangs Versprechungen gemacht hatte, kehrte er den Rücken. Er starb 754, nur vier Jahre nach der Absetzung der Umayyaden, an Pocken. Nun übernahm sein Bruder al-Mansur als Kalif die Herrschaft über das Riesenreich, dessen Einfluss sich weit über seine eigentlichen Grenzen hinaus erstreckte.
    4000 Kilometer weiter westlich war Offa, der Sohn des Thingfrith, im Jahr 757 zum christlichen König von Mercia (Mittelengland) gekrönt worden. Er herrschte nahezu 40 Jahre. Viele Historiker halten ihn für den mächtigsten angelsächsischen König vor Alfred dem Großen. In den 780er Jahren erweiterte er seinen Machtbereich auf den größten Teil des südlichen England. Einer der bemerkenswertesten noch erhaltenen Funde aus der Herrschaftszeit des Königs Offa ist eine Goldmünze, die im Britischen Museum aufbewahrt wird. Sie trägt auf einer Seite die Inschrift OFFA REX (Offa, der König). Dreht man sie aber um, so erlebt man eine

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