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Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Titel: Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim al-Khalili
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ein innerer Ring, in dem die Waffenkammer, die Schatzkammer und die Regierung untergebracht waren. Schließlich mündeten sie auf eine große, breite Promenade mit dem Hauptquartier der Palastwache, der Moschee und schließlich dem Kaiserpalast selbst, der als Qasr Bab al-Dhahab (»Palast des goldenen Tores«) bezeichnet wurde.

Bagdad in der frühen Abassidenzeit (schematisch). Man erkennt die Lage von al-Mansurs ursprünglicher »Runder Stadt« am Westufer des Tigris.
    Wegen des Befestigungsringes und ihrer vergleichbaren Größe kommt man nicht umhin, al-Mansurs Runde Stadt mit der von den USA kontrollierten Green Zone zu vergleichen, die 2003, nach dem Sturz des Saddam-Regimes, wenige Kilometer flussabwärts errichtet wurde. Die Gegenüberstellung ist sowohl naheliegend als auch zutreffend.
    Die Runde Stadt selbst war nichts anderes als ein riesiger Palastkomplex, der neben der eigentlichen Residenz des Kalifen auch die Regierungsgebäude enthielt. Sie allein hätte in ihrer Größe an die meisten anderen kaiserlichen Hauptstädte der Welt herangereicht, im Gegensatz zu allen anderen Städten wohnte die allgemeine Bevölkerung hier aber außerhalb der Mauern. Ihr Bau erforderte Tausende von Arbeitern und Soldaten, die von weither kamen und die Bevölkerung der umgebenden Bezirke anwachsen ließen.
    Schon lange vor der Entstehung des Islam gab es an beiden Ufern des Tigris blühende Märkte für die Dörfer und bäuerlichen Gemeinschaften in der Region um die Runde Stadt. Sie alle gingen schon bald in der großen Metropole Bagdad auf. Im Süden lag der riesige Marktbezirk al-Karkh (der Name bezeichnete später den gesamten Teil Bagdads am Westufer des Tigris), und am Ostufer lag der belebte Suq al-Thalatha (»Dienstagsmarkt«). Kurz nachdem al-Mansur die Runde Stadt fertiggestellt hatte, war insbesondere al-Karkh schnell überfüllt und konnte der Nachfrage durch die neu hinzukommenden Einwohner kaum noch gerecht werden; deshalb baute man den Markt aus, wozu insbesondere die Errichtung neuer Handelsflächen und die Erweiterung der wichtigsten Straßen gehörte. Andere Bezirke, darunter al-Harbiyya im Norden der Runden Stadt, wurden neu erbaut und machten al-Karkh, was Größe und Bedeutung anging, schon bald Konkurrenz. Der Name Harbiyya kommt von dem Wort Harb (»Krieg«): In dem Bezirk wohnten ursprünglich die vielen tausend Soldaten, die in den Diensten des Kalifen standen. [18] Jeder einzelne dieser Stadtbezirke war so groß, dass er seine eigenen ausgedehnten Märkte, breiten Straßen, Moscheen und Verwaltungsgebäude brauchte. Und jeder von ihnen war wiederum in verschiedene, ganz unterschiedliche Viertel unterteilt. Der Markt der Schuhmacher ging dann vielleicht in den Markt der Buchhändler über, und der Vogelmarkt lag neben dem Blumenmarkt. Dann gab es die Lebensmittelmärkte ( Suq al-Ma’kulat ) und die Bäckereien ( Suq al-Khabbazin ), die von den Edelgoldschmieden, Geldwechslern und eleganten Läden für die Reichen getrennt waren. Selbst die Wohnhäuser der Händler waren nach Berufen und gesellschaftlicher Stellung getrennt: Parfümeure vermischten sich nicht mit Fischhändlern. Es gab vornehme Straßen, wo die eleganteren und wohlhabenderen Kaufleute getrennt von den gewöhnlichen Händlern und Handwerkern lebten.

Die Runde Stadt auf einem modernen Stadtplan von Bagdad einschließlich eines Größenvergleichs mit der 2003 eingerichteten, von den USA kontrollierten »Grünen Zone«.
    Wenig später wurde die Runde Stadt von einem immer weiter wachsenden Ballungsraum mit mehr als einer Million Einwohner aufgesogen. Bagdad war jetzt nicht nur das Verwaltungszentrum der islamischen Welt, sondern auch ein Mittelpunkt von Kunst, Kultur und Handel; und während im übrigen Reich ständig blutige Konflikte (sowohl im Inneren als auch mit den Nachbarn) tobten, muss Bagdad im Vergleich wie eine friedliche Oase ausgesehen haben. Es war ursprünglich sogar unter dem Namen Madinat al-Salam (»Stadt des Friedens«) bekannt. Und wie viele Städte in unserer heutigen Welt, so war auch Bagdad eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten und des Luxus für die Reichen, während gleichzeitig die Armen ein elendes, unglückliches Leben führten.
    Al-Mansur fühlte sich innerhalb der Mauern der Runden Stadt schon bald ein wenig eingesperrt, und aus Gründen der Sicherheit gab er sie zugunsten eines nagelneuen Palastes außerhalb der Befestigungen auf. Dies mag zunächst paradox erscheinen angesichts der äußerst

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