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Im Haus des Wurms

Im Haus des Wurms

Titel: Im Haus des Wurms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Riesenchampignon finden können? Woher hätte er das brennbare Material beziehen sollen? Nein. Eine Fackel zu bauen war genauso aussichtslos wie das Absuchen der Bronzefäuste.
    Annelyn hatte Angst. Er zitterte am ganzen Körper.
    Warum war er hier unten, warum? Er hätte jetzt oben bei den Yaga-la-hai sein können, in Flammenseide und Spinnengrau gekleidet, in kurzweiliger Gesellschaft mit Caralee oder auf einem Ball, wo gewürzte Spinnen serviert werden. Aber statt festlich zu speisen, lief er Gefahr, selber verspeist zu werden. Von den Grauns, falls sie ihn fanden, oder vom Fleischbeschaffer. Mit aller Deutlichkeit erinnerte sich Annelyn daran, wie der Fleischbeschaffer Vermyllars Blut aus einem Becher geschlürft hatte.
    Dieser Gedanke ließ den Jungen wieder aufspringen.
    Der Fleischbeschaffer war ihm sicherlich auf den Fersen.
    Er mußte weitergehen, selbst wenn er nicht wußte, wohin. Wild entschlossen zog er das Stilett und tastete sich mit der freien Hand an der Wand entlang.
    Die Höhle war pechschwarz und voller Schrecken. Nur die kalten, festen Wände mit den Bronzefäusten und Luftschächten am rechten Platz gaben ihm ein wenig Sicherheit. Der Rest… aus allen Richtungen drangen scharrende, raschelnde Geräusche zu ihm vor. War es Einbildung oder nicht? Manchmal glaubte er, das schallende Gelächter des Fleischbeschaffers zu hören, ein Lachen, das Annelyn seit der Sonnenmaskerade in den Ohren lag. Ihm war, als käme es von weit her, von oben, von unten, von hinten. Einmal schien das Lachen sogar von vorn zu kommen. Annelyn blieb stehen, hielt den Atem an und wartete eine Stunde oder länger, ohne sich zu rühren. Nach einer Weile glaubte er Lichter zu sehen, verschwommene, dunkle Gestalten, vorbeitreibende Kugeln und kriechende Figuren, die aufglühten und davoneilten. Bildete er sich das alles bloß ein? Jedesmal, wenn er genauer hinsah, waren alle Eindrücke verschwunden. Mehrere Male leuchteten helle, hoffnungsvoll prasselnde Fackeln vor ihm auf. Doch sobald er sich ein paar Schritte auf sie zubewegte, waren sie verloschen. Bis auf vereinzelte leere Bronzefäuste fand er nichts.
    Er trabte, lief jetzt weiter, und die Schritte hallten mit ohrenbetäubendem Lärm von den Wänden wider. Es war, als marschiere ein Heer von Yaga-la-hai in den Kampf.
    Annelyn wußte nicht mehr, wann er zu laufen angefangen hatte. Er rannte einfach drauflos, floh vor den Geräuschen, die ihm im Nacken saßen, und hastete dem vermeintlichen Licht entgegen.
    Er mußte schon eine Ewigkeit gelaufen sein, als er plötzlich den Kontakt zur Höhlenwand verlor.
    Eben hatte er sie noch berührt. Seine Hand war am Stein und den rostigen Streben der Luftschachtgitter entlanggefahren. Aber jetzt griff er ins Leere, stolperte und fiel.
    Es war dunkel, nirgends ein Licht. Es war still, nirgends ein Geräusch. Die Echos seiner Schritte waren verhallt. Vergeblich versuchte er sich zu orientieren. Wo war er? Aus welcher Richtung war er gekommen? Er hatte das Messer verloren.
    Er kroch über den Boden und fand schließlich das Messer. Er stand auf und wankte mit ausgestreckten Armen in die Richtung, wo er die Wand vermutete. Aber sie war nicht da. Er ging weiter und hätte sie längst erreichen müssen. Wo war die Wand geblieben? Wenn er sich in einer Höhlenkreuzung befand, mußte doch irgendein Anhaltspunkt zu finden sein.
    Annelyn hatte einen Einfall. »Hilfe!« schrie er so laut, wie er konnte. Ein Echo rollte mit kurzer Verzögerung hin und her und verhallte. Annelyns Hals wurde trocken.
    In einer Höhle konnte er nicht mehr sein. Er mußte irgendeinen großen Raum erreicht haben. Er ging los und zählte die Schritte. Nach etwa dreihundert Schritten stieß er schließlich vor eine Wand.
    Sorgfältig befühlte er mit den Händen die Wand. Sie bestand nicht aus Stein, sondern aus einer Art Metall.
    Manche Stellen waren kühl, andere lauwarm. Er berührte eine oder zwei Stellen -kaum größer als ein Fingernagel –
    die eisig kalt zu sein schienen. Annelyn beschloß, ein Streichholz zu opfern. Im Schein der Flamme entdeckte er eine glatte Fläche aus stumpfem Metall, die sich nach beiden Seiten hin ausdehnte. Sonst nichts. Nichts deutete auf eine Erklärung für die kälteren und wärmeren Stellen hin.
    Die Flamme verlosch. Annelyn steckte die Schachtel zurück in die Tasche und machte sich auf, der seltsamen Wand zu folgen. Nach ein paar Schritten glitt seine Hand über einheitlich kühles Metall, dann kam er wieder an einem Abschnitt

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