Im Haus meines Feindes
beladen, als sie die Gangway hinauf an Bord trabten.
Verzögert wurde ihre Einschiffung durch das schlechte Wetter und eine Gruppe von Senioren, von denen einige Hilfe benötigten, um an Bord zu gelangen.
Ganz unterbrochen wurde sie durch einen gellenden Schrekkensschrei.
Er kam von einer Frau, die gegen ihren verblüfften Ehemann sank und mit zitterndem Finger in die schlammigen Fluten des Mississippis deutete, wohin sie während ihres langsamen Vorrückens geistesabwesend gestarrt hatte.
Andere Touristen drängten an die Reling, um hinunterzusehen und festzustellen, was die Frau so entsetzt hatte. Manche holten erschrocken tief Luft und wandten sich angewidert ab. Andere bedeckten ihren Mund mit den Händen, um sich nicht übergeben zu müssen. Leute mit besseren Magennerven knipsten oder machten Videoaufnahmen. Hier und dort wurden Gebete geflüstert.
Dort unten trieb Errol, der tot weit mehr Aufmerksamkeit erregte als je im Leben, und starrte mit glasigen Augen blicklos gen Himmel.
30. Kapitel
Burke stand an der offenen Hüttentür, trank mit kleinen Schlucken seinen Kaffee und beobachtete den Regen, als er sie hinter sich herankommen hörte. Er sah sich um und erwartete beinahe, sie dabei zu ertappen, wie sie einen Kochtopf oder irgendeinen anderen stumpfen Gegenstand hob, um ihm damit den Schädel einzuschlagen.
Gestern abend war sie fuchsteufelswild gewesen, als er angekündigt hatte, er werde sie mit Handschellen an sich fesseln, und hatte sich so kräftig gewehrt, daà Burke Mühe gehabt hatte, ihren Widerstand zu brechen, ohne ihr weh zu tun. »Es wäre nicht nötig, wenn Sie nicht zu fliehen versucht hätten«, hatte er ihr erklärt. »Ich darf nicht riskieren, daà Sie mich k. o. schlagen oder umbringen, während ich schlafe.«
»Daran habe ich nicht einmal gedacht!«
»Nun, ich habe daran gedacht.« Er hatte sich auf dem Bett ausgestreckt und sie zu sich heruntergezogen. »Ich habe einen langen, anstrengenden Tag hinter mir. Ich werde schlafen und schlage Ihnen dasselbe vor.«
Sie wollte sich nicht hinlegen. Kochend vor Wut blieb sie auf der Bettkante sitzen. Er schloà die Augen und ignorierte sie. Nach einiger Zeit war ihre Erschöpfung stärker; sie streckte sich neben ihm aus und war lange vor ihm eingeschlafen. Morgens hatte er die Handschellen aufgeschlossen und war aufgestanden, ohne sie zu wecken. Sie war offensichtlich noch immer sauer, versuchte aber nicht, sich mit einer Waffe an ihn anzuschleichen.
»Kaffee steht auf dem Herd«, erklärte er.
Burke setzte nonchalant seine Wetterbeobachtung fort. Die Sicht war durch schweren Regen beeinträchtigt, der anscheinend
nicht so bald aufhören würde. Nur gut, daà er genügend Proviant für mehrere Tage mitgenommen hatte. Heute wollte er jedenfalls nicht zu Dredd fahren. Er hätte sowieso nicht hinfahren können, weil das Boot jetzt Löcher hatte.
Das Wetter hielt sie in der Hütte fest. War es da nicht logisch, daà es auch alle anderen fernhalten würde? Wie nahe war Duvall daran, sie hier aufzuspüren? Wann würde er aufkreuzen? In den nächsten zehn Minuten? Oder vielleicht erst nächste Woche?
Burke dachte, lieber früher als später. Die Hütte schien um sie herum zusammenzuschrumpfen. Er begann die Enge zu spüren, und dieser Druck setzte ihm immer mehr zu. Als er nachts neben ihr lag, hatte er jeden ihrer Atemzüge wahrgenommen, selbst die kleinste ihrer Bewegungen registriert. Sein Schlaf war ständig durch ihre Seufzer gestört worden. Obwohl er ihr jetzt den Rücken zukehrte, wuÃte er genau, wo sie stand und was sie tat.
In New Orleans hatte sie Sachen getragen, die sie unverblümt als Sexualobjekt herausgestellt hatten. Ihre Garderobe war teuer, aber irgendwie flittchenhaft gewesen.
In dem grauen Jogginganzug aus einem Warenhaus erschien sie ihm jetzt weicher und attraktiver als in jener Nacht im Pavillon in ihrem tief ausgeschnittenen schwarzen Kleid. Ohne Make-up, mit schlafgeröteten Wangen und zerzaustem Haar sah sie warm, anschmiegsam und unschuldig wie ein Kätzchen aus. Und verdammt sexy.
Burke fiel es zunehmend schwerer, das Verlangen zu unterdrücken, das sie in ihm weckte â das sie auf den ersten Blick in ihm geweckt hatte. Die Begierde, die in jener Nacht in ihm aufwallte, war nicht einmal abgeklungen, als er entdeckt hatte, daà die ätherische Göttin aus
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