Im Haus meines Feindes
Sie sich da nur nicht täuschen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Hoffentlich behalten Sie recht.« Einen Augenblick später stand sie auf und trat an den Barschrank. »Sie sind also entschlossen, sich zu rächen?«
»Koste es, was es wolle.«
»Das könnte teurer werden, als Sie denken. Ab sofort dürfen Sie keinem Menschen mehr trauen.«
»Auch Ihnen nicht?«
Das war als Scherz gemeint, aber sie antwortete ernsthaft: »Auch mir nicht. Pinkie sorgt dafür, daà viele seiner ehemaligen Mandanten bei ihm verschuldet sind. Geraten sie mit den Zahlungen in Rückstand, läÃt er sie ihre Schulden abarbeiten. Da er mit Verbrechern aller Art Umgang hat, kann ich nicht genug betonen, wie tödlich er sein kann.«
»Dieser Gefahr bin ich mir bewuÃt.«
Burke hatte letzte Nacht beschlossen, mit vollem Einsatz zu spielen. Ob er dabei umkam, war ihm gleichgültig, wenn er nur Duvall und Bardo mitnahm. Trotzdem wäre es töricht gewesen, Rubys Warnung leichtfertig zu ignorieren.
Sie schenkte zwei Gläser Bourbon ein und brachte ihm eines, das er dankend annahm, obwohl er vorhin einen Drink abgelehnt
hatte. Sie trank nachdenklich einen kleinen Schluck. Dann schnippte sie mit einem Fingernagel gegen das Kristallglas. »Vielleicht gibtâs doch eine Möglichkeit, Mr. Basile. Pinkies Achillesferse ist seine Remy.«
Burke kippte den Inhalt seines Glases. Der Whiskey brannte in seiner Kehle, reizte seine Augen. Er muÃte husten. »Was zum Teufel ist eine Remy ?«
10. Kapitel
»Remy, ich muà dich bestimmt nicht daran erinnern, daà dies schon die dritte Episode in diesem Schuljahr ist.«
»Nein, Schwester Beatrice. Ich bin mir der VerstöÃe meiner Schwester gegen die Schulordnung nur allzugut bewuÃt.« Sie strich ihren Rock glatt â eine unwillkürliche Reuegeste aus ihrer eigenen Zeit als Internatsschülerin. »Ich gebe zu, daà Flarras Benehmen unmöglich ist.«
»Wir sind nicht nur für die Schulbildung unserer Mädchen verantwortlich«, fuhr die Nonne fort, »sondern auch für ihr Seelenleben und ihre Ausgeglichenheit. Hier in Blessed Heart nehmen wir die Aufgabe, unsere Schülerinnen in allen Lebensbereichen zu leiten, sehr ernst.«
»Genau wegen dieser hohen MaÃstäbe ist Flarra ja auch bei Ihnen.«
»Trotzdem scheint sie es geradezu darauf anzulegen, gegen unsere Schulordnung zu verstoÃen, die nicht nur Selbstdisziplin fördern soll, sondern auch ihrer eigenen Sicherheit dient. Kommt dergleichen wieder vor, müÃten wir sie von der Schule weisen.«
»Ja, ich verstehe«, murmelte Remy, die sich selbst streng gemaÃregelt fühlte.
Obwohl sie die Blessed Heart Academy schon vor zwölf Jahren verlassen hatte, waren die wenigen Strafpredigten, die sie wegen Ungehorsams oder ungenügender Leistungen über sich hatte ergehen lassen müssen, unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingegraben. Trotz aller Barmherzigkeit, zu der ihre Berufung sie verpflichtete, verstanden sich die Internatsleiterinnen darauf, BagatellverstöÃe aufzublasen, bis sie als Todsünden erschienen.
»Darf ich jetzt bitte allein mit meiner Schwester reden?«
Schwester Beatrice stand auf. »GewiÃ. Mein Büro steht dir eine Viertelstunde lang zur Verfügung. Richte Mr. Duvall bitte einen Gruà aus und danke ihm im Namen des Lehrkörpers für seine neuerliche Spende. Seine GroÃzügigkeit ist wahrhaft unerschöpflich. Der Herr wird seine Gabe segnen.«
»Ich richte es ihm aus.«
Schwester Beatrice wollte das Büro verlassen, blieb dann aber stehen und legte Remy eine Hand auf den Arm. »Wie geht es dir, Remy?«
»Sehr gut.«
»Glücklich?«
»GewiÃ.«
Die Nonne hatte Remy in englischer Literatur unterrichtet, bevor sie die Leitung der Internatsschule übernommen hatte. Sie konnte bei Bedarf strikt sein, aber sie war so gütig, wie sie streng war. Ihr Leben und ihre Laufbahn waren dem Erziehungswesen gewidmet, aber sie wäre als Psychologin ebenso erfolgreich gewesen. Oder als Kriminalbeamtin. Sie betrachtete Remy mit beunruhigend scharfsichtigem Blick.
»Ich denke noch immer oft an dich, Remy. Und wenn ich das tue, bete ich für dich.«
»Danke, Schwester.«
»Manchmal frage ich mich â¦Â« Sie führte diesen Gedanken nicht zu Ende, sondern sagte: »Ich liebe alle jungen Damen, die
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