Im Herzen der Feuersonne
doch schön!«
Wenig später war Karl an der kleinen Hügelkette
angekommen, die den südöstlichen Grenzbereich von Hopeland darstellte. Wilde Blumen blühten hier auch jetzt noch in
verschwenderischer Pracht. Gelbe Blüten und wilde rostrote Geranien sah man,
aber auch die lilafarbenen Eriken. Der Fynbos, kleinblättrige, niedrig wachsende
Büsche und Blumen, die er alle gar nicht zu benennen gewusst hätte, zog sich die
ganze Hügelkette hinauf.
»He! Hierher! Bitte, helft uns!« Auf einem
schmalen Feldweg, der noch aufgeweicht war vom letzten Regen, stand ein
Landauer, vor den zwei glänzend gestriegelte Rappen gespannt waren. Doch jetzt
hing die Kutsche schräg im Graben; der Mann, der Karl jetzt aufgeregt zuwinkte,
wollte die Pferde gerade ausspannen.
»Wartet kurz, ich helfe Euch.« Karl sprang vom
Pferd und warf dem Tier die Zügel über den Hals. Er wusste, dass der Wallach
nicht fortlaufen würde. Rasch half er dem elegant gekleideten Städter, die Tiere
auszuspannen. »Die Achse ist gebrochen«, stellte er dann sachkundig fest. »Ja,
ja, die Wege hier sind nicht gut ausgebaut. Und für den breiten Landauer nicht
geeignet.«
»Ich hätte nicht auf meinen Kutscher verzichten
sollen«, sagte der Fremde, dessen seidener, mit Rüschen verzierter Gehrock
ebenso mit Schlamm bespritzt war wie die sandfarbene Hose. Den hohen Hut hatte
er schon abgesetzt, das dunkle Haar, an den Schläfen bereits leicht ergraut, war
im Nacken mit einem Band zu einem kurzen Zopf gebunden. »Aber ich wollte meiner
Tochter ihre neue Heimat gern ganz allein zeigen.« Er machte eine kleine Pause,
dann verneigte er sich leicht. »Gestatten â Maximilian Rothausen. Ich stehe in
Diensten von König Friedrich Wilhelm III . von
PreuÃen.« Er wies zu dem Landauer. »Das ist Sophie, meine Tochter. Sie ist erst
vorgestern mit einem Schiff aus der Heimat hier angekommen.«
»Ich bin Karl Ruhland.« Auch der Jüngere
verneigte sich, dann schaute er zu der Kutsche hin. Darin saà eine junge Dame,
ein Mädchen beinahe noch, doch bildhübsch. Dunkles Haar, in das ein grünes
Samtband geschlungen war, fiel ihr über den Rücken. Ein Reisekostüm in der
gleichen grünen Farbe umschloss die schlanke Gestalt. Einen Hut, wie er
eigentlich zur Garderobe gehört hätte, sah Karl nicht.
»Papa, helft mir doch bitte hinaus!« Die junge
Frau hatte eine ungewöhnlich dunkle Stimme, und noch ehe der so Angesprochene
reagieren konnte, war Karl schon am Wagenschlag.
»Darf ich bitten â¦Â« Er streckte ihr die Hand
entgegen. »Vorsicht, die Kutsche könnte noch mehr abrutschen.« Und da die Fremde
zögerte, nahm er sie kurz entschlossen um die Taille und hob sie aus dem
Wagen.
»Was â¦Â« Sie brach ab, als sie in seine Augen sah,
in denen es aufblitzte.
Karl lächelte, dann rief er hastig aus: »Achtung,
der Wagen!« Und schon neigte sich die Kutsche noch mehr nach links, der Wagen
drohte ganz umzukippen. Mit aller Kraft stemmte Karl sich dagegen. »Da â das
Holzstück ⦠ich brauche es zum Abstützen!«
Gemeinsam gelang es ihnen, die Kutsche wieder
aufzurichten.
»Und jetzt? Was machen wir jetzt?« Hilflos sah
Maximilian Rothausen sich um.
Karl zögerte. Er hatte den Nachmittag am Meer
verbringen wollen, doch er sah ein, dass er diesen Fremden, der ganz
offensichtlich recht ungeschickt war in praktischen Dingen, nicht allein seinem
Schicksal überlassen konnte. »Ich werde zurück auf unser Gut reiten und Hilfe
holen. Mit einem Einspänner kommen wir hier besser zurecht.«
»Aber wir könnten auch reiten.« Sophie Rothausen
wies auf die grasenden Pferde. »Ich kann es auch ohne Sattel.«
»Sophie! Ich muss doch sehr bitten!«
»Ach was, warum sollen wir hier rumstehen?« Ihre
burschikose Ausdrucksweise nahm Karl gleich für sie ein. Sicher hatte sie eine
hervorragende Erziehung genossen. Wenn ihr Vater Diplomat war, stand das auÃer
Frage. Aber sie wirkte noch ganz unverfälscht.
»Ich könnte Euch mein Pferd anbieten. Es ist zwar
kein Damensattel, aber â¦Â«
»Nein, nein, das kann Papa haben. Wenn Ihr mir
helft, komme ich schon zurecht!« Und ehe die beiden verblüfften Männer sichâs
versahen, hatte Sophie die Röcke gerafft und war mit zwei Sätzen auf dem Pferd.
Karl sah kurz ihre schlanken Fesseln, die in aparten
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