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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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unsere Leute«, warf Madeleine
schnippisch ein. »Dein Sohn ist doch ein guter Arbeiter. Sagt Papa
zumindest.«
    Â»Das ist Will auch. Und er ist deinem Vater sehr
dankbar für alles, was er lernen durfte.« Sinas Gesicht, das immer noch hübsch
war, wenn auch einige Falten um ihre großen Augen zu sehen waren, bekam einen
weichen Ausdruck. Ja, sie war Ben sehr dankbar, dass er Will eine so gute
Ausbildung ermöglicht hatte. Jetzt war der junge Mann schon Zweiter
Kellermeister, und Ben hatte Sina versprochen, ihn auch weiterhin zu
fördern.
    Während Sinas Mann Thabo als Vorarbeiter die
Männer und Frauen kontrollierte, die im Weinberg arbeiteten, half Will als
stellvertretender Kellermeister dem alten Victor, einem Franzosen, der vor
sieben Jahren aus Burgund geflüchtet war. Es wurde gemunkelt, er habe dort seine
gemütskranke Frau in einem abgelegenen Moorsee ertränkt. Victor war ein stiller,
in sich gekehrter Mann von sechzig Jahren, der nur wenig redete. Und wenn, dann
meist über Wein und dessen Veredlung.
    Mit Will kam er sehr gut aus; der Jüngere lernte
begierig alles, was Victor ihm beibrachte. Oft sah Ben die beiden einträchtig
zusammensitzen und neue Methoden der Veredelung einzelner Reben erörtern. Er war
mit dieser Entwicklung sehr zufrieden und förderte diese ungewöhnliche
Freundschaft.
    Nur Ben wusste, was damals in Frankreich wirklich
geschehen war: Victor war ein Cousin von Jérôme Bertrand, dem Kapitän der Parisienne . Durch Jérôme hatte Ben die Bekanntschaft
des versierten Kellermeisters gemacht, der tatsächlich ein Menschenleben auf dem
Gewissen hatte. Allerdings hatte Victor einen Soldaten Napoleons erschossen, der
seine Frau vergewaltigt und halbtot zurückgelassen hatte. Martine, Victors Frau,
war drei Tage später ins Wasser gegangen.
    Das alles hatte Victor kurz erzählt und dann
hinzugefügt: »Wenn Ihr mehr wissen wollt, Mister Ruhland, dann werde ich nicht
für Euch arbeiten. Ich hab mir geschworen, nie wieder darüber zu reden.«
    Â»Dann – sei es so.« Ben hatte ihm die Hand
hingestreckt. »Ich bin froh, wenn Ihr zu mir nach Hopeland kommt. Allein kann ich die Arbeit nicht mehr schaffen. Und
mein Sohn ist noch zu jung, um mich wirklich zu entlasten.«
    Â»Dann bin ich ab jetzt Euer Mann.«
    Seither lebte Victor in einer der kleinen Hütten
am Südrand des Gutes. Er war ein Einzelgänger, wurde jedoch von allen geachtet.
In Will schien er einen Sohn zu sehen, denn mit dem jungen Schwarzen konnte er
stundenlang zusammensitzen und über Wein reden. Karl hatte hin und wieder
versucht, der Dritte im Bunde zu werden, aber er hatte schnell gemerkt, dass
Victor dies nicht wollte. So hielt er sich zurück, zumal Will ihm einmal gesagt
hatte: »Alles, was ich von Victor lerne, erzähle und zeige ich dir. Es ist
Wissen, das Hopeland gehört.«
    Will kam gerade aus dem Weinkeller, wo er die
Maische geprüft hatte. Seit er durch den Pavianbiss drei Finger der linken Hand
verloren hatte, trug er oft einen Lederhandschuh über der verstümmelten Hand.
Jetzt zog er den hellbraunen Handschuh aus und steckte ihn in die Hosentasche,
wobei er die Hand mehrmals öffnete und wieder zur Faust ballte, weil er hin und
wieder Schwierigkeiten mit der Durchblutung hatte. Als er Sebastian entdeckte,
der schon ausgehfertig gekleidet war, verzog er geringschätzig den Mund. Und als
Karl zu ihm trat, meinte er nur: »Will er sich wieder in der Stadt vergnügen?
Reichen ihm die Mädchen hier nicht?«
    Â»Ach, Will, sei nur ja leise. Wenn Vater das hört
…«
    Der dunkelhäutige Mann, dessen breitschultrige
Gestalt das helle Leinenjackett beinahe zu sprengen schien, zuckte mit den
Schultern. »Dann zieht er ihn hoffentlich zur Rechenschaft. Erst vorige Woche
hab ich gehört, dass eins der Mädchen heimlich abgetrieben hat – das Kind soll
von Sebastian gewesen sein.«
    Karl seufzte unterdrückt auf. »Ich weiß, er nimmt
keine Rücksicht. Aber was soll ich tun? Mutter liebt ihn abgöttisch, und um ihr
nicht weh zu tun, will ich auch nicht, dass Vater zu viel erfährt.«
    Sebastian hatte sich unterdessen in den Sattel
seines hochbeinigen Schimmels geschwungen. Als er an Karl und Will vorüberritt,
lüftete er den Hut und rief: »Ihr seid selber schuld, wenn die Geschichte euch
überrollt! Dieses Land gehört zu England. Und wenn alles gutgegangen

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