Im Herzen der Feuersonne
Menschen.«
»Was ist daran beeindruckend?« Mit einem
hochmütigen Gesichtsausdruck sah Sebastian von einem zum anderen. »Sie werden
untergehen. Diese Kreaturen haben doch gar nicht gelernt, selbständig zu handeln
oder zu denken!«
»Du bist ein elender Snob!«, begehrte Karl auf.
»Dieses Herrendenken ekelt mich an.«
»Und ich finde es unerträglich, dass du dich
immer wieder mit diesem gemeinen Volk auf eine Stufe stellst.«
»Sebastian!« Ben Ruhland sah seinen jüngeren Sohn
strafend an. »Solche Worte dulde ich nicht in meinem Haus!«
»Dann gehe ich lieber.« HeiÃblütig, wie er war,
sprang der Zwanzigjährige auf.
»Aber Lieber, sei doch nicht so aufbrausend.«
Charlotte erhob sich ebenfalls und trat auf ihn zu. »Vater hat es nicht so
gemeint â und Karl erst recht nicht.«
»Doch, ich habe es so gemeint!« Es kam nur selten
vor, dass Ben sich nicht an Charlottes Seite stellte, doch diesmal blieb er
hart. »Bitte, meine Liebe, sieh ein, dass Sebastian sich im Ton und in seiner
Ausdrucksweise vergriffen hat. Wir beide haben ihn doch zu einem toleranten
Menschen erzogen. Warum sagt er jetzt so etwas?«
»Weil wir immer noch die Sklaverei haben in
diesem Land«, begehrte der junge Mann auf. »Nur hier wird diese Tatsache auÃer
Acht gelassen. Und das auf unsere Kosten.« Schon war er zur Tür hinaus. »Ich
gehe auf die Jagd!«, rief er noch.
Madeleine, die alles, was Sebastian tat, guthieÃ,
sprang ebenfalls auf. Sie hatte Tränen in den Augen. »Bastian! Bleib hier!
Ãbermorgen ist doch das groÃe Winzerfest drüben auf Nordendaal! Du wolltest mit mir â¦Â«
Aber der Bruder hörte sie nicht mehr. Mit langen
Schritten stürmte Sebastian durch das Haus, schlug die Tür zu seinen beiden
Räumen hinter sich zu und warf sich aufs Bett. Eine Weile blieb er so liegen und
starrte verbissen an die Decke. Karl! Immer und immer wieder Karl! Wie er den
Bruder verachtete mit seiner liberalen Einstellung! Wie dumm das doch war! Statt
mit den Schwarzen, die auf dem Gut arbeiteten, groÃen Gewinn zu machen â
schlieÃlich könnten sie billige Arbeitskräfte sein â, wurde ihnen Lohn gezahlt!
Wenn Sebastian daran dachte, dass Will im Monat mehr bekam, als er selbst an
Taschengeld erhielt ⦠es war einfach empörend von Vater!
Wie anders wurde doch Gut Summerset von den Lammersburgs geführt! Dort gab es jede Menge
Sklaven. Der alte Lammersburg schwang sogar hin und wieder die Peitsche. Das
wusste Sebastian von Johannes, mit dem er sich hin und wieder in Kapstadt in
einem gewissen Etablissement traf. Heimlich natürlich, denn ihm war klar, dass
er mit einem solchen Verhalten sogar seine Mutter gegen sich aufbringen
würde.
Sebastian beschloss, hinüber nach Summerset zu reiten. Johannes, der ältere Freund,
würde ihn sicher irgendwie von seiner Enttäuschung ablenken können. Er stand
auf, packte einige wenige Sachen zusammen und verlieà das Gut, ohne ein Wort zu
sagen.
Karl war versucht gewesen, Sebastian zu folgen,
doch dann hatte er sich neben Sophie gesetzt und ihre Hände genommen. »Du hast
recht, Sophie«, sagte er. »Es geschehen im Moment so viele aufregende Dinge â¦
ich habe gelesen, dass in Südamerika ein neuer Kaiser gekrönt worden ist.
Brasilien hat sich von Portugal unabhängig gemacht. Das ist auch für uns von
Bedeutung. SchlieÃlich sind wir hier in diesem Land auch nur zu Gast. Irgendwie
zumindest«, fügte er hinzu.
Sophie lächelte ihm zu. »Es gefällt mir, dass du
es so siehst«, meinte sie. »Das Land hier gehört eigentlich der schwarzen
Bevölkerung. Aber sie haben nicht einmal mehr das Recht, ihre Sprache zu
sprechen. Englisch ist vorherrschend.«
»Es ist Amtssprache«, verbesserte Charlotte
ruhig. »Aber die Leute können ruhig weiter ihren Dialekt sprechen, das verbietet
ihnen niemand.« Sie lächelte leise. »Obwohl ich dieses xhosa niemals verstehen werde. Karl jedoch kann sich mit den Leuten
gut unterhalten.«
Sie diskutierten noch eine Weile, doch die
gelöste Stimmung, die sonst immer zwischen ihnen vorherrschte, wollte sich nach
Sebastians Ausbruch nicht mehr einstellen. SchlieÃlich zog sich auch Charlotte
zurück. Und Ben ging, um nach den neuen Fässern zu sehen.
Sophie und Karl unternahmen noch einen
Spaziergang, um sich abzulenken. Es war sommerlich warm
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