Im Herzen der Feuersonne
war er mit Johannes zusammen. Johannes war zwar beinahe zwei
Jahrzehnte älter als Sebastian, doch das störte die beiden Männer nicht. Sie
waren sich in vielem ähnlich und hatten schon so manche Nacht in Kapstadt
zusammen verbracht. Mit willigen Mädchen, Wein und Bier, dazu Musik und Tanz â
so verbrachten sie gern ihre Nächte. Dass ihre Väter seit Jahren in Streit
lebten, dass es stets neue Auseinandersetzungen um Wegerechte,
Grundstücksgrenzen und um geschäftliche Angelegenheiten gab, kümmerte die Männer
nicht. Sie genossen ihr unbeschwertes Leben abseits der beiden Güter.
Johannes, hager und dunkelhaarig wie sein Vater,
war lebenslustig, aber ebenso skrupellos wie der Herr von Summerset . Albert kränkelte seit Jahren, und eigentlich hätte
Johannes das Weingut schon selbständig leiten sollen. Da er von konsequenter
Arbeit jedoch nicht viel hielt, leitete sein Vater immer noch das Gut. Und er
regierte seinen Besitz selbstherrlich und mit brutaler Gewalt.
Seit Sebastian so unerwartet aufgetaucht war,
kümmerte sich Johannes gar nicht mehr um die Arbeit auf dem Weingut, sondern
verbrachte die Zeit damit, gemeinsam mit dem Freund ausgedehnte Streifzüge in
die Umgebung zu machen. In einem kleinen Bordell am Meer hatten sie eine Nacht
lang gezecht und sich mit schwarzen Huren vergnügt, dann waren sie mit vier der
Mädchen nackt baden gegangen â ein Abenteuer, das Sebastian bald zu wiederholen
gedachte, denn es war prickelnd gewesen, die Gischt auf der Haut zu spüren, erst
recht, wenn die Haut einem Mädchen gehörte, das sich danach willig nehmen
lieÃ.
»Wir könnten eine Jagd abhalten«, meinte er. »Die
Vögel müssen weg, und auch die verdammten Paviane. Sie werden immer dreister.
Sogar mein Vater hat inzwischen eingesehen, dass man sie abschieÃen muss.« Er
wies nach Norden. »Da, auf dem Felsen sitzen die Biester. Wenn ich doch nur mein
Gewehr dabeihätte!«
»Wir holen uns die Jagdflinten meines Vaters! Das
ist es: eine Treibjagd auf die verdammten Paviane!« Johannes war Feuer und
Flamme. Er winkte einem der Schwarzen. »Louis, hol drei Gewehre â nimm dir
selbst auch eine Flinte mit.« Als der etwa vierzigjährige Mann, ein
hochgewachsener Schwarzer mit kahlem Schädel und Pockennarben im Gesicht,
loslief, rief Johannes ihm nach: »Und kein Wort zu meinem Vater, hörst du!«
Louis nickte nur und hob die Hand zum Zeichen,
dass er verstanden hatte.
Schon zwei Stunden später stiegen Sebastian und
Johannes, begleitet von Louis und einem jungen Burschen, der ihre Gewehre trug,
in die nördlich gelegenen Weinberge von Summerset .
Es war kühler geworden, der Wind frischte auf. Das Meer, vorgestern noch eine
glatte blaugraue Fläche, auf der nur hin und wieder kleine Schaumkronen tanzten,
war jetzt aufgewühlt, Gischt spritzte gegen die Felsen nahe am Strand, und dort,
wo Kies und Sand den Uferbereich bildeten, spülte das tosende Meer alles
fort.
Die Greifvögel, die vor drei Stunden noch ruhig
ihre Kreise gezogen und sich zum Rasten in die Bäume gesetzt hatten, waren nicht
mehr zu sehen, sie hatten sich in ihre Nester verzogen. Doch die Möwen
kreischten so laut und aufgeregt, dass es weithin zu hören war. Auch die
Paviane, ein kleines Rudel mit drei Jungen, schrien aufgeregt.
»Da zieht ein Unwetter herauf. Seht nur, der
Himmel, er wird immer gelber.« Louis wies nach oben. Er machte ein sorgenvolles
Gesicht.
»Ach was, halt den Mund und gib mir endlich mein
Gewehr«, meinte Johannes wegwerfend. »Hast wohl keine Lust, weiter mit uns nach
oben zu klettern, du Faulpelz.«
Der Schwarze zuckte nur mit den breiten Schultern
und schwieg. Dann gab er Johannes das Gewehr. Doch er beobachtete weiter den
Himmel.
Johannes kniff die Augen zusammen, als er jetzt
ein Pavianweibchen sah, das sein Junges auf dem Rücken trug und sich gerade
unter eine Felsnase setzen wollte.
»Hey, old friend , das
ist die ideale Zielscheibe!« Johannes Lammersburg legte das Gewehr an. »Erst das
Junge, dann die Alte. Mal sehen, ob ich beide erwische.«
»Das schaffst du nie!«, meinte Sebastian.
»Worum wollen wir wetten?«, lachte Johannes
siegessicher. »Hier siehst du Vaters ganzen Stolz â ein
Steinschloss-Infanteriegewehr mit Bajonett.« Er hob das fast zwei Meter lange
Gewehr hoch. »Es kommt aus Württemberg. Aus einer kleinen, aber
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