Im Herzen der Feuersonne
trauriger Ausdruck in ihre Augen. »Leider ist mir dieses
Glück versagt geblieben.« Sie biss sich kurz auf die Lippen, dann sagte sie:
»Versprecht mir eins: Solltet Ihr noch einmal das Glück der Mutterschaft
erleben, lasst es mich wissen â ich würde dann gern die Patenschaft für dieses
Kind übernehmen.«
»Das ist ⦠das ist eine groÃe Ehre. Wir wissen
diese gütige Geste sehr zu schätzen.« Ben verneigte sich, dann nahm er Charlotte
am Arm. »Und jetzt wünschen wir Euch noch einen angenehmen Abend. Wir dürfen uns
zurückziehen.«
***
Â
»Master Ben!« Thabo winkte dem Winzer zu, der
gerade eine neugebaute Zisterne prüfte. Ben ritt auf seinem Pferd näher. Vor ihm
im Sattel saà der dreijährige Sebastian. Mit beiden Händen hielt der
blondlockige kleine Junge sich an der langen Mähne des Pferdes fest.
»Will runter!«, rief er, kaum dass er Thabo
gesehen hatte »Sebi will runter!«
»Warte noch, Sebastian. Nicht so stürmisch!« Ben
hob seinen Jüngsten lachend aus dem Sattel und reichte ihn Thabo. Der groÃe
Schwarze lieà Sebastian zu Boden gleiten, ohne mit ihm wie sonst kurz
Schabernack zu machen.
»Sebi will fliegen!«, rief der kleine Junge und
streckte die Ãrmchen aus.
»Jetzt nicht«, wehrte Thabo ab. »Ich muss mich um
die Reben kümmern.«
Der kleine Sebastian rannte zwischen den
Rebstöcken hin und her. Dabei riss er die Blätter ab und warf sie in hohem Bogen
durch die Luft.
»Hör auf, Sebastian«, rief Thabo, packte den
Jungen sanft und hielt ihn fest.
»Nein! Lass mich!« Der Dreijährige, dessen
Gesichtchen so liebreizend aussehen konnte, lief rot an vor Wut. Er strampelte
und schlug Thabo mit aller Kraft ins Gesicht.
»Sebastian! Hör auf!« Ben nahm dem groÃen
Schwarzen seinen strampelnden Sohn ab und gab ihm einen leichten Klaps. »Du
kleiner Teufel! Du darfst Thabo doch nicht schlagen!«
»Doch!« Sebastians blaue Augen blitzten böse auf.
»Sebi darf!«
»Nein, mein Sohn, das darfst du nicht!« Bens
Stimme gewann an Entschiedenheit. Er hatte in den letzten Monaten feststellen
müssen, dass Sebastian nicht nur seinen kindlichen Charme entfalten konnte,
sondern dass er auch oft bösartig und jähzornig war. Das waren Eigenschaften,
die Ben gleich im Keim ersticken wollte. Er hatte auch mit Charlotte darüber
gesprochen, doch diese liebte ihren blonden Engel, wie sie Sebastian gern
nannte, beinahe abgöttisch.
»Er ist so ein süÃer Fratz«, lachte sie, wenn
Sebastian durch den Gutshof tobte. »Er weià doch noch gar nicht zu
unterscheiden, was Gut und Böse ist.«
Doch Sebastian zankte sich oft mit seinem älteren
Bruder. Und auch die kleinen Kaninchen, die Karl so liebte und mit denen er
immer gern spielte, wurden von Sebastian oft schmerzhaft an den Ohren
gezogen.
»Das darfst du nicht!«, hatte Karl mit ihm
geschimpft, als er das zum ersten Mal gesehen hatte. Aber Sebastian hatte nur
gelacht und triumphierend gerufen: »Doch, ich darf!«
Nur wenn er in der Nähe seiner Mutter war, gab er
sich sanft und liebevoll. Dann schmiegte er den Lockenkopf an Charlottes Beine,
oder er kletterte auf ihren Schoà und verteilte kleine Küsse auf ihrem
Gesicht.
Karl beobachtete dies alles schweigend, doch er
zog sich oft in die Küche zu Sina zurück. Auch schloss er sich immer mehr seinem
Vater und Thabo, dem Vorarbeiter, an. Mit Ben verband ihn die Liebe zu dem Land,
zu den Tieren. Er war gerade sechs Jahre alt, und doch verstand er schon einiges
von der Aufzucht junger Reben und von der Weinherstellung.
»Er wird einmal ein ganz hervorragender Winzer«,
hatte Ben an Karls sechstem Geburtstag gesagt und seinem Sohn sechzig Rebstöcke
geschenkt. Sie standen auf sandigem Boden, waren recht leicht zu pflegen. »Die
gehören dir ganz allein«, hatte er gesagt. »Wenn du nicht weiÃt, was zu tun ist,
kannst du Thabo und mich fragen. Aber du entscheidest, wann die jungen Triebe
hochgebunden werden, wann die Trauben geerntet werden.«
»Danke, Papa! Das ist mein schönstes Geschenk!«
Karls Augen, dunkel wie die seines Vaters, hatten gestrahlt, und er hatte es
kaum erwarten können, seiner Tante Helene diesen Schatz zu zeigen. »Komm mit
raus! Wir gehen über mein Land!« Diesen Begriff hatte er von seinem Vater oft
gehört â und jetzt machte er ihn
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