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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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mekim wanem? Slipim! « Leg das hin!
    Ob er ihr geradebrechtes Pidgin verstand? Viele der Eingeborenen von Simbang sprachen nur das hiesige Jabim. Sie musste unbedingt nach Hilfe rufen! Hoffentlich war jemand in der Nähe, der ihr helfen konnte!
    »Help! Stilman!« , kam es krächzend aus ihrer Kehle. Hilfe, ein Dieb!
    Der Mann ließ seine Beute sinken und drehte sich gelassen um. Er sagte kein Wort, sah sie nur an und trat auf sie zu.
    Er war jung, ungefähr in ihrem Alter, mit ebenmäßigen, fein geschnittenen Zügen, die nur wenig von der landestypischen Physiognomie aufwiesen. Seine schwarzen Haare waren in eine Vielzahl fingerlanger, bleistiftdünner Strähnen gedreht, die störrisch in alle Richtungen abstanden, und für einen flüchtigen Moment glaubte sie seine Augen blau schimmern zu sehen. Doch so ansehnlich er auch war – es war kaum zu leugnen, dass er hier eingebrochen war und ihre Vorräte stehlen wollte.
    Isabel wich einen Schritt zurück, ihr Herz klopfte laut. O Gott, was tat sie nur hier? Wenn er sie jetzt angreifen würde …
    »Bleib … bleib stehen! Stopim! Oder … no … no … «
    »No wanem?« , fragte er, weniger drohend als vielmehr amüsiert.
    »Oder … no … mi holim … wanpela polis! «
    »Wanpela polis?« , wiederholte er. »Was wollen Sie denn damit ausdrücken? Dass Sie die Polizei holen wollen? Dann ist das nicht richtig. Pela benutzt man nur, wenn etwas gezählt werden kann. Polizei ist ein Begriff, der ohne Zählung steht.«
    Isabel starrte ihn mit offenem Mund an. Nur verzögert registrierte sie, dass er Deutsch mit ihr gesprochen hatte. Ohne den Hauch eines Akzents.
    »Sie sind … Deutscher?«, fragte sie verblüfft – und kam sich im nächsten Moment ausgesprochen dämlich vor. Auch wenn er keinen dieser hässlichen Nasenpflöcke wie die Jabim trug: Besonders deutsch sah er wirklich nicht aus.
    »Nun ja, nicht ganz«, sagte er dann auch. »Aber das ist eine lange Geschichte. Ich heiße Noah.« Er streckte ihr die Hand hin.
    Isabel zögerte. Nur weil er Deutsch sprach, hieß das nicht, dass er kein Dieb war. »Was tun Sie hier?«
    Er ließ seine ausgestreckte Hand wieder sinken. »Zumindest nichts stehlen, wie Sie glauben. Genau das Gegenteil ist der Fall: Ich bringe etwas.« Er deutete auf ein Regalbrett, wo Isabel jetzt einige Vogelkadaver und eine ihr unbekannte, kinderkopfgroße Frucht erkannte. »Ich habe ein paar Tauben für die Mission geschossen.«
    Er nahm die Frucht, die Isabel entfernt an eine Ananas erinnerte, und reichte sie ihr. »Können Sie das kurz mal halten?« Dann griff er nach einem Gewehr, das aufrecht am Regal lehnte, und hängte es sich an einem Lederriemen über die Schulter. »Nach Ihnen.«
    Die schwere Frucht in einer Hand, trat Isabel aus der Hütte und kletterte ungelenk die Leiter hinab. Verschwitzt, ungekämmt und in zerknitterter Kleidung, fühlte sie sich zutiefst unwohl. Allerdings war dieser junge Mann mit seinem roten Lendentuch auch nicht wirklich angemessen gekleidet. Was ihm allerdings nicht das Geringste auszumachen schien. Während er die Tür mit dem eisernen Schloss absperrte, wagte sie einen flüchtigen Blick. Er war hochgewachsen, sein Körper – Isabel kam nicht umhin, es zu bemerken – schlank und wohlgeformt, und seine Haut war von einem hellen Braun mit einem leichten Bronzeton. Wie schwarzer Tee mit einem Schuss Milch. Seinen linken Oberarm umschloss ein Band aus winzigen Kaurimuscheln, in dem ein kurzer knöcherner Dolch steckte, und um den Hals trug er einen kleinen Beutel.
    »Mi bai singautim polis« , sagte er, sobald er auf festem Boden stand.
    »Wie bitte?«
    »Das wäre die richtige Formulierung«, erklärte er, während er den Schlüssel in dem Beutelchen verstaute. »Sofern Sie immer noch die Polizei holen wollen.«
    Isabel spürte, wie sie bis unter die Haarwurzeln errötete. »Nein, nein – das wird wohl nicht nötig sein.« Der Anblick seiner nackten Haut war ihr unangenehm, und jetzt schwappte auch noch eine weitere Woge von Hitze durch ihren Körper. Ob sie wieder Fieber bekam? Vor lauter Scham wusste sie nicht, wohin sie schauen sollte. Sie sah kurz in sein Gesicht und senkte dann wieder den Blick zu Boden, bis sie nur noch seine bloßen, staubigen Füße vor sich hatte. Dann räusperte sie sich.
    »Herr … Noah, ich wollte –«
    »Nur Noah, mehr nicht«, unterbrach er sie.
    »Es … es tut mir leid, dass ich Sie fälschlich beschuldigt habe«, beendete sie ihren Satz.
    »Schon vergessen, Fräulein

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