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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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war durchaus angenehm, und in Isabels Magen machte sich ein bohrendes Hungergefühl breit. Aber von Noah würde sie ganz sicher nichts annehmen.
    Die kurze tropische Dämmerung sog die Farben aus dem Dschungel und tauchte alles in dunkles, stumpfes Grau. Das beständige Zwitschern und Rufen der Vögel hatte aufgehört, dafür war der Wald jetzt erfüllt vom schnarrenden Gesang der Zikaden. Sie sah den Rauchschwaden nach, die sich im Blattwerk über ihren Köpfen verloren. Ob der Rauch möglichen Verfolgern den Weg weisen könnte? Aber nein, dafür war es bereits zu dunkel, und das wusste auch Noah. Vor morgen würde kein Suchtrupp aufbrechen.
    Mit Hilfe zweier kurzer Zweige holte Noah die Wurzeln aus dem Feuer, legte jeweils drei davon auf ein Palmblatt und gab noch zwei der gebratenen Maden dazu.
    »Abendessen«, sagte er und reichte Isabel das Blatt.
    Es sah richtiggehend appetitlich aus – wenn Isabel nicht gewusst hätte, dass es Maden waren, hätte sie an gebratene Krabben gedacht. Sie merkte, wie ihr das Wasser im Munde zusammenlief.
    »Nein danke«, wehrte sie dennoch ab. »Ich habe keinen Hunger.«
    Er ließ das Blatt sinken und langte nach ein paar gelblich-roten Beeren, die auf einem weiteren Blatt neben ihm lagen. »Dann wenigstens ein paar davon? Ich werde dich schon nicht vergiften.«
    Sie nahm die Beeren, legte sie aber unangetastet neben sich. Noah musterte sie stumm, dann setzte er sich zurück ans Feuer, das jetzt nur noch schwach flackerte, griff nach seiner Portion und begann mit sichtlichem Hunger zu essen. Natürlich – er hatte sicher seit gestern Abend nichts mehr zu sich genommen. Sie sah ihm zu, wie er in die Wurzel biss und kaute.
    »Was machen die Zahnschmerzen?«, konnte sie sich nicht verkneifen zu fragen.
    »Die sind ganz plötzlich verschwunden.« Er grinste sie ein wenig schief an.
    »Ich finde das durchaus nicht lustig.«
    Sofort verschwand das Lächeln. »Das ist es auch nicht. Überhaupt nicht.«
    »Sie haben mich angelogen! Sie haben mir Ihr Wort gegeben, dass Sie große Schmerzen haben. Und dass Sie wieder in den Schuppen zurückgehen!«
    Wieso sprach sie eigentlich mit ihm? Er war ein Lügner, womöglich sogar ein Mörder, und er hatte sie entführt! Aber sie musste einfach reden, musste all die aufgestaute Wut, die zurückgehaltenen Worte der vergangenen Stunden loswerden. Und sie war schrecklich wütend. Nicht nur auf Noah, sondern auch auf ihre eigene Dummheit, sich von ihm so übertölpeln zu lassen.
    Er ließ die Wurzel sinken. »Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber –«
    »Ich wollte Ihnen helfen, und Sie haben auf schmähliche Art mein Vertrauen missbraucht!«
    »Es tut mir wirklich leid, Isabel. Aber ich wusste nicht, wie ich sonst aus dem Schuppen hätte gelangen können. Ich habe nicht gewollt, dass es so kommt. Und ich –«
    »Sie haben mich in die Wildnis verschleppt!«
    »Weil dieser von Faber mir keine andere Wahl gelassen hat! Ich hatte nicht vor, dich mitzunehmen!«
    »Mitzunehmen?« Isabel setzte sich noch aufrechter hin, als sie ohnehin schon saß. »Sie haben mich entführt! Mich mit einem Messer bedroht! Und Sie … Sie haben Berthold gegenüber gedroht, mich zu töten!«
    »Doch nur, um ihn aufzuhalten. Er hat schließlich zuerst die Waffe gezückt. Er hat mir keine andere Wahl gelassen – ich war nicht gerade wild darauf, von ihm erschossen zu werden. Du kannst dich also bei ihm bedanken. Wenn er nicht gewesen wäre, könntest du jetzt immer noch in Simbang sitzen und mit deinem einarmigen Verehrer am Strand spazieren gehen.«
    Das hatte er also mitbekommen? Und wie kam er eigentlich dazu, sie die ganze Zeit zu duzen? Aber das war jetzt nicht wichtig. Sie würde einfach so tun, als hätte sie es nicht bemerkt.
    Das Feuer war fast erloschen, eine erfrischende Brise wehte raschelnd durch das Laub. Aus dem Urwald erklang ein fernes, unheimliches Röhren.
    »Aber mit Ihrer Flucht … und meiner Entführung … damit machen Sie alles doch nur noch schlimmer.«
    »Noch schlimmer? Isabel, die Beweise sprechen gegen mich. Wenn sie mich erwischen, werden sie mich für den Mord an diesem Holländer verurteilen, und dann werden sie mich hängen. Ich wüsste nicht, was da noch schlimmer kommen könnte.«
    Ihr stockte der Atem. Zum ersten Mal hatte er den Mord angesprochen. Eine kleine Stimme in ihrem Kopf riet ihr zu schweigen, nicht mehr weiterzufragen, aber sie hörte nicht darauf. Sie musste es einfach wissen.
    In der zunehmenden Dunkelheit konnte sie sein

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